Die Rias in Galizien sind für ihre wunderschönen Strände, türkisfarbenes Wasser und einsame Inseln bekannt.
Um ehrlich zu sein, wir hatten nicht damit gerechnet, uns so wohl zu fühlen. 
Es ist eine ziemlich unberührte Welt, die uns total fasziniert hat.

Nach unserem tollen Ausflug und den erfolgreichen Tagen vor Anker fühlen wir uns endlich bereit, auch in einsamen Buchten zu ankern.

Also suchen wir uns eine Bucht auf der Karte aus und Anker auf!

Wir ankern!

Wir verbrachten ein paar Nächte alleine in einer schönen Bucht bei Palmeira zwischen Muschelfarmen und Delfinen. Traumhaft!

Es waren auch die ersten Nächte, in denen wir unser Energiekonzept prüfen konnten. Außerdem bekamen wir langsam Vertrauen in unseren Anker. Wir waren zwar mit einem Anker unterwegs, der mindestens eine Nummer zu groß für uns war. Da wir aber nicht viel Ankererfahrung hatten, waren wir anfangs noch unsicher.

Wir entspannten uns immer mehr, wir kamen immer mehr bei uns, bei dem Boot und bei unserem Leben an. Das hier war unser Ziel, so wollten wir es haben. Wir genossen die Zeit zu zweit. Wobei das nicht ganz richtig ist: wir hatten immer Delfine um uns herum, da wir ja zwischen Muschelfarben ankerten.

Irgendwann hatten wir aber doch wieder Lust auf andere Menschen. Unsere Freunde fehlten uns, die Gespräche und die Momente mit ihnen fehlten. Deshalb verabredeten wir uns mit unseren Freunden aus Muros in der Bucht bei Boiro.

Auf dem Weg dorthin ankerten wir tagsüber vor einer winzig kleinen, einsamen Insel mitten in der Ria Arousa. Die Illote de Areoso oder auch Illote Guidoiro Areoso ist ein echtes Juwel. Weiße Sandstrände, türkisfarbenes Wasser und da es außerhalb der Saison war hatten wir alles für uns alleine! Es gibt auf dieser kleinen Insel eine Ausgrabungsstätte, die auf das Jahr 2200 vChr datiert wird. Unglaublich…

Das Ankern war nicht ganz einfach, denn das Wasser steigt recht schnell an und es gibt eine spürbare Tide. 
Es ist auch unser erster richtiger Ausflug mit dem Dinghi. Bisher haben wir es noch nicht richtig gebraucht.

Leider konnten wir nicht über Nacht bleiben, da die Tide mit unserem Tiefgang auf diesem Ankerplatz leider nicht zusammenpasste.

Deswegen machten wir uns nachmittags auf den Weg Richtung Boiro. Die Crew der Emma war schon da, wir waren die zweiten und in einem wunderschönen Sonnenuntergang steuerte dann zuletzt auch die Crew der Nala diesen Ankerplatz an. Spätestens hier war es klar, das sind unsere Buddyboats.

Diese Insel ist ein absoluter Tipp von uns, allerdings braucht man heute eine Erlaubnis, um die Insel zu besuchen.
Das ist ein neues Gesetz seit Sommer 2023. Hier kann sich mit der Zeit immer etwas ändern, bitte checkt die Gegebenheiten vorher! Eine Besuchserlaubnis bekommt man online hier: Besuchserlaubnis.
Bitte beachte: man darf dort nicht mehr frei ankern! Das wird mit hohen Strafen geahndet. Es sollen wohl Bojen installiert werden. Wie weit das allerdings ist, weiß ich nicht.
Bitte vorher online checken. Am besten kann man die Inseln per Kajak, Schlauchboot oder SUP besuchen – nur mit Besuchserlaubnis! Es lohnt sich!

Buddyboats sind Boote, die eine Weile zusammen segeln. Oftmals haben ja mehrere Leute den gleichen Weg. Man lernt sich kennen, man mag sich, man segelt zusammen. Leider trennen sich solche Freundschaften zumindest auf dem Wasser wieder. Bei uns bestehen sie aber heute noch, auch wenn alle 4 Boote und Crews ganz unterschiedliche Geschichten hatten und haben.

In Boiro lagen wir nur ein paar Tage. Aufgrund von einem Windwechsel war es Zeit, weiterzuziehen. Die nächste Bucht stand an, es sollte die Ria Aldan werden.

Auf dem Weg in die nächste Bucht machen wir ein paar Tage halt in Sanxenxo. Es sind noch weitere Freunde aus Muros da und wir gehen mit einer ganz großen Gruppe zusammen essen. Ein so schöner Abend war das!

Unser Groß hat einen kleinen Riss und wir bringen es zum Segelmacher. Warum auch nicht, wir wollen ja noch ein paar Tage in den Rias bleiben. 

Dann fuhren weiter in die Ria Aldan. Im Sommer soll das ein sehr beliebter Badeplatz sein. Da es jedoch Herbst war, hatten wir den Platz für uns alleine.

Wir machten Wanderungen, Spieleabende und hatten wunderschöne Momente umringt von Delfinen. Es waren absolut schöne und magische Momente. Wir denken unfassbar gerne daran zurück.

Aber wir merkten auch, der Herbst nähert sich. Die Tage wurden kürzer, die Nächte kühler. Die Ausbeute der Solarpanele reichte nicht mehr den ganzen Tag.

Da unser Großsegel fertig war, machten wir einen kurzen Ausflug nach Sanxenxo. Dort machten wir uns auf die Suche nach einem elektrischen Luftentfeuchter. In Hamburg hatten wir unseren aus der Wohnung verkauft, in dem Glauben, so etwas braucht man auf einem Boot nicht. Ein großer Irrtum!

Die Luft im Boot war unangenehm, alles war klamm und fühlte sich feucht an. Wieder am Ankerplatz angekommen, ließen wir den Luftentfeuchter für eine Stunde laufen und ganz schnell war es besser.

Zu diesem Thema es gibt einen Artikel: 5 ultimative Tipps zum Überwintern auf dem Segelboot. Der Luftentfeuchter ist nicht das einzige Gerät, daß uns schimmelfrei durch den Herbst bringt. 

Es kam endgültig die Zeit, um weiterzuziehen. Next Stop: Baiona. Der letzte Hafen vor Portugal!

Während wir dort auf ein passendes Fenster für die Überfahrt nach Portugal warten, machen wir das, was Langfahrer so tun: Wäsche waschen, Einkaufen, Besorgungen. Mit uns warteten viele Segler, hier trifft man viele unterschiedliche Menschen. Das hat schon etwas von Langfahrt. Und alle warten auf eines: das passende Wetterfenster.

Wir sind aufgeregt, mit Portugal beginnen wir ein weiteres Kapitel auf unserer Reise.

Hier noch ein paar Tipps für die Rias in Galizien

Das Gebiet

Die Rias in Galizien teilen sich grundsätzlich in zwei Gebiete auf: die Rias Altas (von A Coriña bis Ribadeo) und die Rias Baixas (vom Cap Finisterre bis Baiona). Den oberen Teil haben wir auf unserer Reise nicht besonders besucht, wir wollten schnell weiter. 

Die Inseln

Die bekanntesten Inseln der Rias Baixas sind die Inselgruppe der Islas Cies. 
Diese Insel ist ein Naturschutzgebiet. Um davor zu ankern und diese zu besuchen, müsst ihr unbedingt online euch eine Erlaubnis einholen. Mehr Infos zu der Erlaubnis bekommt ihr auf den Seiten der Islas Cies
Wir konnten das leider nicht tun, da das Wetterfenster nicht passte, um dort zu ankern. Und als es passte, mussten wir weiter.

Städte

Es gibt in jeder der drei Rias mindestens eine große Stadt, in welcher ihr Besorgungen machen könnt. Neben Baiona ist das zum Beispiel auch Vigo oder Sanxenxo. Wenn ihr Teile für euer Boot benötigt, bietet sich Vigo als größte Stadt mit einer sehr großen Marina an. Dort bekommt ihr alles, was ihr benötigt.

Pontevedra soll eine der schönsten Städte in den Rias sein, wir haben die Stadt nicht besucht. Also wenn du dazu Infos hast, schreibe gerne einen Kommentar dazu.

Allgemeine Infos

Es ist ein unheimlich tolles Segelgebiet und man sollte sich auf jeden Fall Zeit dafür nehmen. Es gibt auch einige, die dort hängen geblieben sind.

Achtet unbedingt auf die Karten. Es gibt Unterwasserfelsen und Krater, die auf den Karten verzeichnet sind und die man aufgrund der Tiede nicht erkennen kann, manchmal nicht sieht. Das hat Freunde von uns mehrere Monate ihrer Fahrt gekostet, da sie auf einen solchen Felsen aufgelaufen sind und sich den Kiel kaputt gemacht haben. Das muss nicht sein!

Das Gebiet der Rias Baixas ist das größte zusammenhängende Gebiet der Rias in Galizien, hier kann man sicher vor Orcas eine sehr schöne Zeit verbringen. Wir hätten dort sehr gerne mehr Zeit verbracht, der Kalender war leider gegen uns, es war schon Mitte Oktober und wir wollten den Winter südlicher verbringen.

Webseiten mit Informationen über die Rias Galiziens

https://www.turismo.gal/que-visitar/destacados/as-rias?langId=de_DE

https://www.blauwasser.de/reviere/galicien-revierinfo

Revierinfo

YouTube Video

Und das erste unserer Videos aus Galizien, es sind insgesamt 3 Stück!

Amazon Links

Einführung

In diesem Artikel stelle ich Dir im Detail unser Energiemanagement unseres 46-Fuß-Segelboots „La Licorne“ vor. Dieses Konzept basiert auf unseren Erfahrungen und den Notwendigkeiten eines autarken Lebens an Bord während Langfahrt und Blauwasser-Segeln. Im Laufe der letzten sieben Jahre haben wir auf unseren insgesamt drei Segelbooten verschiedene Installationen genutzt, ausprobiert und optimiert.

Die „La Licorne“ ist unser Zuhause und unsere Energieversorgung ist ein entscheidender Aspekt für unseren Lebensstil. Da wir meist vor Anker leben und daher keinen Landstrom zur Verfügung haben ist für uns die eigene Striomerzeugung extrem wichtig.

In diesem Artikel gebe ich dir eine detaillierte Übersicht über unser aktuelles autarkes Energiemanagement auf Segelbooten für Langfahrt, die verwendeten Technologien und unsere bisherigen praktischen Erfahrungen.

Bestand der bisherigen Installation

Bei der Übernahme unseres 46-Fuß-Segelboots „La Licorne“ hatten wir bereits eine Reihe von Installationen, die wir nicht ändern wollten. Diese ursprüngliche Installation war die Standardausstattung der Amel Santorin, ein bewährtes Setup, mit dem viele Langfahrtsegler die Welt umrundet haben.

Vorhandene Komponenten:

  1. Hausbatteriebank:
    • Eine einzige Hausbatteriebank bestehend aus 3 Stück 100 Ah AGM Batterien
    • diese wurden gleichzeitig für den Anlasser, den Segelbetrieb und als Verbraucherbank genutzt wurde.
    • Diese Hausbank war für alle wesentlichen Stromanforderungen an Bord verantwortlich.
    • keine separate Verbraucher Batteriebank
  2. Solarpanel auf dem Besanmast:
    • Ein kleines Solarpanel, das vom Vorbesitzer installiert wurde und die Starterbatterie im Winterlager erhalten sollte. Vermutlich 50 Watt.
  3. Wellengenerator an der Propellerwelle:
    • Dieser Generator ist an der Antriebswelle montiert und nutzt die Bewegung des Propellers während des Segelns, um Strom zu erzeugen.
    • Der Wellengenerator liefert Gleichstrom (DC) mit einer Kapazität von 90 A, der in die AGM-Batterien eingespeist wird.
    • Der Wellengenerator soll beim Segeln einen Ertrag von ca. 15-25 A erlauben, wie andere Segler des selben Bootes berichten.
  4. Lichtmaschine am Dieselmotor:
    • Der Motor ist mit einer Lichtmaschine ausgestattet, die Strom erzeugt, wenn der Motor läuft.
    • Diese Lichtmaschine lädt ebenfalls die AGM-Batterien auf und stellt sicher, dass wir ausreichend Energie zur Verfügung haben, wenn wir den Motor verwenden.
    • Die Lichtmaschine hat eine Kapazität von 70 A bei 12 V.

Warum wir diese Installation nicht ändern wollten:

  • Bewährtes System: Die Amel Santorin ist bekannt für ihre zuverlässige und durchdachte Standardinstallation. Viele Langfahrtsegler haben mit dieser Konfiguration erfolgreich die Welt umrundet.
  • Stabilität und Zuverlässigkeit: Die bestehende Installation hat sich als stabil und zuverlässig erwiesen, was für uns als Langfahrtsegler von größter Bedeutung ist.
  • Einfache Ersetzbarkeit: AGM Batterien sind überall auf der Welt einfach erhältlich.
  • Einfaches Backupsystem, falls was mit den LiFePo4 Batterien etwas nicht in Orndung sein sollte oder diese komplett ausfallen sollten

Herausforderungen der Bestandsinstallation:

  • Keine Unterteilung in Starter- und Verbraucherbatterie:
    • Die ursprüngliche Konfiguration hatte nur eine Hausbank, die gleichzeitig für den Anlasser, den Segelbetrieb und als Verbraucherbank ausgelegt war. Es gab keine separate Starterbatterie und Verbraucherbatterie.
    • Diese Konfiguration war nicht ideal, da bei einer Entladung der Hausbank das Risiko bestand, dass der Motor nicht mehr gestartet werden konnte.
    • Keine Sicherungen an den Batterien, damit keine Leitungssicherungen bis zum Verbraucherpaneel 12 V oder den großen Verbrauchern wie Ankerwinde oder elektrischen Furlern
  • Kein Inverter für 230 V Strom vor Anker
  • Wenig Speicherkapazität für Energie
  • Geringe Autonomie ohne Erzeuger ca. 1,5 Tage
  • Wenige Energieerzeuger mit relativ geringem Ertrag für heutige Ansprüche

Unsere Lösung:

Um diese Herausforderung zu bewältigen und die Zuverlässigkeit unserer Energieversorgung zu erhöhen, haben wir eine zusätzliche Batteriebank installiert. Diese neue Batterieinstallation besteht aus 2 Stück 200 Ah Victron LiFePo4 Batterien und stellt sicher, dass wir immer eine dedizierte Starterbatterie haben. Die bisherige Hausbank wird die Starterbatterie für die Verbraucher bei Segelbetrieb. Dies verbessert nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Effizienz unseres Energiemanagements.

Das Batteriesystem

Unser Batteriesystem (alt und neu) besteht also aus mehreren Komponenten, die zusammenarbeiten, um eine stabile und zuverlässige Energieversorgung sicherzustellen:

  • Victron LiFePO4 Batterie Smart 12,8V/200Ah Bluetooth (neu):
    • Diese beiden Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien von Victron Energy sind im Cockpit installiert, da der Motorraum zu warm wäre.
    • Jede Batterie hat eine Kapazität von 200 Ah.
    • Sie bieten eine hohe Energiedichte und eine lange Lebensdauer.
    • Diese Batterien haben wir neu nachgerüstet.
  • AGM-Batterien im Motorraum (Bestand):
    • Diese drei AGM-Batterien, jeweils mit einer Kapazität von 100 Ah, werden hauptsächlich für den Startermotor und als Backup verwendet.
    • Sie sind robust und weltweit erhältlich, was sie zu einer zuverlässigen Wahl macht.
    • Sie waren schon an Bord und gehören zur Hausbank der Amel Santorin.
  • B2B Ladegerät

Natürlich reicht es nicht aus, Energie in Batterien speichern zu können. Energie muss auch erzeugt werden. Hier setzen wir auf verschiedene Möglichkeiten. Fangen wir mit den Solarpaneelen an.

Die Energiequelle: Solarzellen

Auf der „La Licorne“ nutzen wir mehrere Solarzellen, um unseren Energiebedarf zu decken. Unser Solarenergiesystem besteht aus:

  • Ein kleines Solarpanel auf dem Besanmast:
    • dient der Ladungserhaltung der AGM Batterien.
  • Zwei 110-Watt-Panels an den Seiten:
    • Diese Solarmodule von Solara können hochgeklappt werden und arretiert werden.
    • Sie liefern jeweils etwa 7 A bei maximaler Leistung und laden die LifePo4-Batterien.
    • Das funktioniert sowohl beim Segeln als auch vor Anker.
  • Zwei 420-Watt-Hausmodule am Heck:
    • Diese Module stammen von JA Solar und wurden erst kürzlich installiert.
    • Sie liefern bei optimalen Bedingungen zusammen über 50 A.
    • Wir haben bereits mehr als 4 kWh an Ertrag an einem Tag im Hafen mit Teilverschattung der Solarpaneele gemessen.
    • Auch diese Solarmodule laden die LifePo4-Batterien.

Warum Hauspaneele?

Wichtig bei der Wahl der Paneele ist aus meiner Sicht vor allem die Qualität der Zellen, die Verarbeitung und die Komponenten. Weshalb aus unserer Sicht Hauspaneele für das Meer geeignet sind:

  • Gute Paneele haben eine Konstruktion als Glas-Glas oder Glas-Folie Paneele. Glas-Folie ist weniger belastbar, weil kein Glas auf der Rückseite, aber leichter als Glas-Glas-Paneele. Unsere Paneele sind Glas-Glas-Paneele.
  • Die Folie ist mit der Glasschicht fest und wasserdicht verklebt. Es ist nur eine Kunststoffschicht zur offenen Seite hin, keinerlei Metall, mit Ausnahme des Rahmens
  • Der Hersteller ist als Qualitätshersteller bekannt.
  • Alu muss nicht extra für Seewasser zugelassen sein, Alu ist als solches schon sehr seewasserresistent. Wichtig ist die Isolierung gegen galvanische Korrosion, wie bei allen Paneelen.
  • Der Anschlusskasten auf der Rückseite ist ein ganz normaler wasserdichter Anschluss. Er unterscheidet sich in nichts von den Anschlusskästen, die wir auf den See wasserfesten Solarmodulen zum Beispiel von Solar haben.
  • Kabel und Stecker? Die Kabel und Stecker sind ebenfalls ganz normale Standardware unterscheiden und unterscheiden sich ebenfalls nicht in der Qualität oder der Verarbeitung von den Steckern, die an den Solarmodulen verbaut sind.

Keine Produkte gefunden.

Ich kann keinen Unterschied in der Qualität zwischen Solarpanelen, die für Marineeinsatz gedacht sind und normalen Hauspanelen entdecken.

Jedenfalls keine Unterschiede, die einen Preisunterschied des achtfachen(!) Preises ausmachen würden.

Hecksolarträger mit zwei 420 Watt Solarmodulen
Hecksolarträger mit zwei 420 Watt Solarmodulen

Zusammen erzeugen diese 3 Module eine Leistung von 1060 Watt, ohne das kleine Modul. Diese Energie wird in unsere LifePo4-Batterien eingespeist und steht uns für den täglichen Gebrauch zur Verfügung. Die Installation dieser Solarzellen war ein wichtiger Schritt, um unsere Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit zu verbessern.

Zusätzlich haben wir noch zwei fliegende Solarpaneele mit jeweils 100 W in Reserve, die wir auf dem Bini auslegen können. Diese sind im Energiekonzept bisher noch gar nicht im Ertrag berücksichtigt.

Energieüberwachung und Steuerung

Um den Energiefluss und die Verteilung effizient zu verwalten, haben wir zwei Hauptgeräte installiert:

  • Cerbo GX: Der zentrale Computer von Victron Energy verarbeitet alle Daten von den Batteriemanagementsystemen (BMS), Multiplus und allen Ladegeräten. Er bietet eine umfassende Übersicht über unser Energiemanagement auf Segelbooten für Langfahrt. Hier laufen alle Informationen der Geräte zusammen und werden hier verarbeitet.
  • Digital Multicontrol: Dieses Gerät steuert den Victron Multiplus, einen Wechselrichter und Ladegerät. Da der Multiplus im Motorraum installiert ist, können wir ihn nicht direkt erreichen. Das Digital Multicontrol ermöglicht uns, den Multiplus fernzusteuern und den aktuellen Betriebszustand zu überwachen.

Diese Geräte sind entscheidend für die Steuerung und Überwachung unserer Energiequellen und den effizienten Betrieb unserer Systeme. Mit dem Cerbo GX können wir detaillierte Informationen zu jedem einzelnen Punkt unseres Energiesystems abrufen, während das Digital Multicontrol uns die Flexibilität gibt, den Multiplus je nach Bedarf zu steuern.

Unser Energiesystem ist so konzipiert, dass es die Vorteile der verschiedenen Batterietypen und Ladequellen maximiert. Die LifePo4-Batterien bieten hohe Leistung und Effizienz, während die AGM-Batterien als Backup-System fungieren und bei Bedarf einspringen können.

Ladung und Entladung

Ein wichtiger Aspekt unseres autarken Energiemanagements ist die effiziente Ladung und Entladung der Batterien. Hier kommen mehrere Technologien zum Einsatz:

  • Victron Multiplus: Dies ist ein Wechselrichter und Ladegerät, das sowohl 230-Volt-Wechselstrom (AC) in Gleichstrom (DC) umwandeln als auch Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln kann. Es ist im Motorraum installiert und spielt eine zentrale Rolle bei der Energieumwandlung. Der Multiplus hat eine Leistung von 3000 W und eine Ladekapazität von 120 A bei 12 V. Er dient damit als Landstrom Ladegerät für die LifePo4-Batterien und als Inverter.
  • Victron Battery Protect: Dies ist ein elektronischer Schalter, der vom BMS gesteuert wird und die LifePo4-Batterien schützt, indem er die Ladung stoppt, wenn eine Anomalie auftritt. Er stellt sicher, dass die Batterien nicht überladen oder übermäßig entladen werden.

Diese Systeme arbeiten zusammen, um eine sichere und effiziente Energieverwaltung auf unserem Segelboot zu gewährleisten. Der Multiplus ermöglicht uns die Nutzung von Landstrom, wenn verfügbar, und sorgt gleichzeitig dafür, dass wir auch ohne externe Stromquelle autark bleiben können. Der Battery Protect schützt unsere Batterien vor Schäden und verlängert ihre Lebensdauer.

Das Gesamtkonzept: Ein Überblick

Das Energiekonzept der „La Licorne“ ist darauf ausgelegt, verschiedene Energiequellen und -verbraucher effizient zu verwalten. Hier ein Überblick über die wichtigsten Komponenten und deren Zusammenspiel:

  • Starterbatteriebank AGM für Starter und als Backup
  • LiFePo4 Batterien als Verbraucherbatterien mit großer Kapazität
  • Solarsysteme: Die verschiedenen Solarmodule sind an den Positionen installiert, die am wenigsten verschattet werden. Sie liefern Strom, der in die Batterien gespeist wird.
  • Wellengenerator und Lichtmaschine: Diese zusätzlichen Energiequellen nutzen die Bewegung des Propellers und den Motorbetrieb, um Strom zu erzeugen und die AGM-Batterien zu laden.
  • Batteriemanagementsystem (BMS): Dieses System überwacht und steuert die Lade- und Entladevorgänge der Lifepo Batterien. Es stellt sicher, dass die Batterien optimal genutzt werden und schützt sie vor Schäden.
  • Cerbo GX und Digital Multicontrol: Diese Geräte bieten eine umfassende Übersicht und Steuerungsmöglichkeiten für das gesamte Energiesystem.
  • Multiplus: Dieser Wechselrichter und Ladegerät wandelt Strom um und sorgt für die flexible Nutzung von Energiequellen.
  • Battery Protect: Dieser Schalter schützt die Batterien vor Überlastung und Tiefentladung.
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Verbindung zwischen AGM- und LifePo4-Batterien: B2B-Ladegerät

Ein wichtiger Aspekt unseres Energiekonzepts ist die Verbindung zwischen den AGM-Batterien und den LifePo4-Batterien durch ein Victron Orion-Tr Smart 12/12-30A (360W) B2B-Ladegerät. Diese Verbindung ermöglicht es uns, die Energie vom Wellengenerator und der Lichtmaschine auch dann zu nutzen, wenn die AGM-Batterien bereits voll sind. Das B2B-Ladegerät übernimmt dabei eine entscheidende Rolle:

  • Energieübertragung: Das B2B-Ladegerät erkennt, wenn die AGM-Batterien voll geladen sind. Anstatt die zusätzliche Energie nicht zu nutzen, leitet es diese Energie an die LifePo4-Batterien weiter. Dies stellt sicher, dass die erzeugte Energie optimal genutzt wird und keine Ressourcen verschwendet werden.
  • Ladecharakteristik: Das B2B-Ladegerät passt die Ladecharakteristik an die Ladekurve der LifePo4-Batterien an. Dies ist wichtig, da AGM- und LifePo4-Batterien unterschiedliche Ladeanforderungen haben. Das Ladegerät sorgt dafür, dass die LifePo4-Batterien sicher und effizient geladen werden.
  • Nahtlose Integration: Diese Technologie ermöglicht eine nahtlose Integration der beiden Batteriesysteme, ohne dass Änderungen an den bestehenden Systemen vorgenommen werden müssen. Die AGM-Batterien bleiben als Hauptenergiequelle für den Motor und die grundlegenden Systeme erhalten, während die LifePo4-Batterien als zusätzliche Energiequelle dienen.
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  • Wenn Bluetooth Smart aktiviert ist, kann das Gerät über Bluetooth überwacht und programmiert werden und lässt sich über einen Ein-/Ausschalter aus der Ferne steuern

Diese Verbindung zwischen den AGM-Batterien und den LifePo4-Batterien erweitert unsere Energiekapazität und verbessert die Effizienz unseres gesamten Systems. Selbst wenn wir längere Zeit unterwegs sind und keine Möglichkeit haben, Landstrom zu nutzen, können wir sicherstellen, dass unsere Batterien immer ausreichend geladen sind.

Praktische Erfahrungen und Optimierungen

Unsere Erfahrungen mit dem aktuellen Energiekonzept sind äußerst positiv. Hier einige Highlights unserer praktischen Anwendung:

  • Effiziente Energieerzeugung: Die Kombination aus Solarmodulen und effizienten Ladegeräten ermöglicht es uns, auch bei wenig Sonnenschein ausreichend Energie zu erzeugen. An einem normalen sonnigen Tag im Mai konnten wir unseren Batterieladestand von 65% auf 85% erhöhen, obwohl alle Verbraucher in Betrieb waren. Ebenso konnten wir nur mit den großen Solarmodulen über 4 kWh Energie an einem Tag erzeugen.
  • Flexibilität und Sicherheit: Das BMS und der Battery Protect sorgen für eine sichere und flexible Energieverwaltung. Wir können die Systeme je nach Bedarf anpassen und optimieren.

Energiesystem-Schaubild

Anbei findest du das Schaubild unserer Installation mit allen Details. Wir haben es nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, können jedoch keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit übernehmen. Das Schaubild zeigt die gesamte elektrische Installation der „La Licorne“ und verdeutlicht die Verbindungen zwischen den verschiedenen Komponenten. Es ist ein hilfreiches Werkzeug, um das Verständnis für unser Energiemanagement zu vertiefen.

Wichtig ist mir: Ich bin weder Elektriker noch Fachmann in Bootselektrik. Wenn Du Dich daran orientieren möchtest, oder das als Anregung nehmen möchtest, dann bitte auf eigene Gefahr. Es können Fehler enthalten sein.

Energiekonzept Schaubild Segelyacht La Licorne

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Der jetztige Stand

Wer uns bereits kennt, weiß, dass wir mit dem bisherigen Boot mit einem ganz ähnlichen Setup unterwegs waren. Allerdings hatten wir nur die beiden Solarflügel und zwei mal 100 Watt fliegende Solarmodule. Daher musste der Benzin Generator einmal die Woche für einige Stunden laufen. Mit dieser Erfahrung haben wir versucht es diesmal besser zu machen.

Das neue Boot bot den Platz für einen Solarträger. Wir sind glücklich darüber, dass wir hier deutlich mehr Solar unterbringen konnten. Außerdem freuen wir uns sehr, dass die Amel Santorin 46 standardmäßig schon mit einem Wellengenerator ausgestattet ist.

Wir befinden uns seit mehreren Wochen in der Testphase unseres Systems. Bisher funktioniert alles reibungslos und wie zu erwarten. Die Energieausbeute der beiden großen Solarpaneele ist überwältigend gut.

Schwachstellen

Trotzdem muss man anmerken, dass wir vermutlich vor Anker Warmwasser nicht benutzen werden können, aufgrund des hohen Energiebedarfs. Alle anderen Geräte, inklusive Waschmaschine, Starlink, Kühlbox und gelegentlichen elektrisch kochen sollte aber über das System abzudecken sein.

In diesem Bestand System steckt ebenfalls noch viel Optimierung Potenzial. Starlink läuft derzeit noch über 230 V, ebenso werden die Laptops noch über 230 V geladen. Hier werden wir noch Optimierungen vornehmen, im Moment geht es uns darum, möglichst schnell den Hafen zu verlassen, hier stehen im Moment andere und wichtigere Aufgaben im Vordergrund.

Auch den große Solarladeregler 100/50 haben wir zwischenzeitlich durch einen 150/70 ersetzt.

Derzeit nutzen wir den Wellengenerator und die Lichtmaschine genauso wenig wie die beiden Solarflügel, da wir uns noch im Hafen befinden. Diesen Energiebetrag habe ich daher nicht mit gerechnet. Ich bin gespannt, wie es sich dann tatsächlich draußen in der Ankerbucht verhalten wird.

Aber wie so häufig, es ist ein lebendes System und wird über die Monate und Jahre sicherlich angepasst verändert und optimiert werden. Wenn du das nicht versäumen willst, dann abonniere unseren Blog und du wirst auf dem Laufenden gehalten.

Schlussfolgerung

Unser Energiekonzept auf der „La Licorne“ zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Planung und die Nutzung moderner Technologien für ein autarkes Leben auf einem Segelboot während Langfahrt und Blauwasser-Segeln sind. Die Kombination aus verschiedenen Solarzellen, effizienten Batterien, Wellengenerator, Lichtmaschine und intelligenten Steuerungssystemen ermöglicht es uns, unseren Energiebedarf zuverlässig und nachhaltig zu decken. Wir hoffen, dass dieser Überblick dir Einblicke und Inspiration für deine eigenen Projekte gibt. Wenn du Fragen oder Anmerkungen hast, zögere nicht, diese in den Kommentaren zu hinterlassen.

Weitere Ressourcen

Falls du mehr über unser Energiekonzept und unsere Erfahrungen erfahren möchtest, schau dir unser Video hier an. Weitere Informationen und detaillierte Anleitungen findest du auch auf unserem Blog Hafenkino.blog.

Wir freuen uns auf deine Meinung! Hinterlasse einen Kommentar und teile deine eigenen Erfahrungen oder Fragen zum Thema Energiemanagement auf Segelbooten für Langfahrt und Blauwasser. Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, teile ihn doch mit deinen Freunden und anderen Seglern!

Ein paar Eindrücke der Grundinstallation auf unserem vorherigen Boot, der Ariba (Dufour 39 von 1984, Germman frers) Findest du in dem Artikel über die Vorbereitungen zur Langfahrt.

Im März 2021 begannen wir in Hamburg, uns auf unsere lange Reise vorzubereiten. Wer sich noch erinnert, das war ein langer Winter damals, es schneite im März in Hamburg und das Boot war im Hafen eingefroren.
Im Juli 2021 begannen wir unsere Reise, im November 2021 bezogen wir endgültig unseren ersten Winterplatz der Reise in Lissabon, um dort auf dem Segelboot zu überwintern.
Den Winter 2022 und den aktuellen Winter verbringen wir in Barcelona.
Die Nächte können kalt werden, tagsüber ist es warm.
2023 auf 2024 ist somit unser dritter Winter auf dem Segelboot.
Wie wir unsere Winter in Europa auf dem Segelboot gut organisieren und was uns dabei richtig gut hilft, stellen wir dir jetzt hier vor.

Welche Probleme gibt es beim Überwintern auf dem Segelboot?

Luftfeuchtigkeit.

Feuchtigkeit im Boot entsteht durch mehrere Faktoren:
Kondensfeuchte durch Temperaturunterschiede. Dabei gibt es sowohl den Unterschied zwischen Tag und Nacht, aber auch die Wassertemperatur zur Raumtemperatur macht Feuchtigkeit.
Dann natürlich wir selbst durch atmen, schwitzen, kochen, etc.
Es gibt noch einen Faktor, der gerne komplett vergessen wird: im Boot sind alle Textilien und Oberflächen salzig. Natürlich nicht mit Salzkruste, dennoch ist Salz vorhanden. Salz ist hygroskop und sammelt Feuchtigkeit.

Kälte und Wetter

Hier gibt es nicht so viel zu erklären: die Nächte sind länger und kälter im Winter. Es gibt vielerorts Herbst- und Winterstürme. Es ist einfach unangenehmer, auch in Südeuropa.

BOOTSKOLLER

Ja, den gibt es im Winter, da man mehr Zeit im Boot als auf dem Wasser verbringt. Die Tage sind kürzer, es ist weniger Sonne und leider auch immer eine ganze Menge unangenehmer Arbeit.

Hier sind unsere Lösungen!

1. Luftentfeuchter

Wir hatten damals in der Wohnung eine Zimmerecke, die schlecht isoliert und dadurch immer feucht und kalt war. Das Ergebnis war Schimmel. Trotz einer Sanierung und Isolierung bekamen wir diese Ecke nur durch einen Luftentfeuchter in den Griff. Als wir auf das Boot zogen, entschieden wir uns gegen den Luftentfeuchter. Weil, das Boot hat ja immer frische Luft und so weiter…
Was soll ich sagen, im Oktober in Galizien zogen wir los, um einen Luftentfeuchter zu kaufen.
Ja, das Teil ist groß, ja das Teil braucht Strom. Aber es ist sehr wichtig, um gut über den Winter zu kommen.

Warum ist ein Luftentfeuchter so wichtig?

Die Fakten: Feuchte Luft ist kalt.
Du kennst das: klamme Kleidung fühlt sich kalt an. Nasse Füße oder Hände sind kalt.

Wieso fühlt sich feuchte Luft kälter an?

Feuchte Luft fühlt sich kälter an, weil sie weniger Wärme überträgt als trockene Luft. Normalerweise wird Körperwärme durch den Prozess des Stoffaustauschs von warmen Oberflächen zu kalten Oberflächen übertragen. In trockener Luft wird die Wärme schnell und effizient übertragen, wodurch sich die Haut warm anfühlt. Feuchte Luft enthält jedoch mehr Wasserdampf, der die Wärmeübertragung verlangsamt. Deshalb fühlt sich feuchte Luft kälter an, obwohl die tatsächliche Temperatur gleich bleibt.

Was tust du gegen kalte Luft? Du erwärmst sie. Und du bekommst durch das Erwärmen Kondenswasser.

Wie entsteht Kondenswasser?

Wenn feuchte kalte Luft erwärmt wird, kann sich die Feuchtigkeit in der Luft in Form von Kondenswasser niederschlagen. Kondenswasser entsteht, wenn feuchte Luft abkühlt. Feuchte Luft enthält viel Wasserdampf, der sich bei abnehmender Temperatur in Flüssigkeit (Wasser) verwandelt. Wenn die Luft abkühlt, sinkt die Temperatur des Wasserdampfs. Dieser erreicht einen Punkt, an dem er sich nicht mehr halten kann und kondensiert. Je höher die Feuchtigkeit und je geringer die Temperatur, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kondenswasser gebildet wird, wenn die Luft erwärmt wird.
Das passiert übrigens auch schon alleine durch den Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht.
Also: kühlst du die feuchte warme Luft, bekommst du Feuchtigkeit in Form von Kondenswasser. Vor allem an kalten Oberflächen fällt das Kondenswasser aus. In Schapps, an Fenstern und natürlich auch am ungedämmten Rumpf.

Und damit kommen wir zum nächsten Problem: die Schimmelbildung.

Warum entsteht Schimmel?

Schimmel an Bord entsteht aufgrund einer Kombination aus Feuchtigkeit und (warmen) Temperaturen. Ach ja, die Schimmelsporen befinden sich übrigens IMMER in der Luft. Die Frage ist nur, ob sie einen Nährboden finden oder nicht.
Wenn die Feuchtigkeit nicht richtig trocknet, kann sie Schimmelpilzen einen geeigneten Nährboden bieten. Diese vermehren sich dann und verursachen den Schimmelbefall.

WICHTIG Bitte bei Schimmel im Boot nicht mit Essig oder Haushaltsreiniger putzen! Beides sind organische Stoffe und damit Nährstoffe für den Schimmel. Ihr verteilt die Sporen nur besser und es wächst alles wieder nach. Bitte mit Alkohol putzen! (Ethanol)

Und warum nicht nur lüften und heizen?

Lüften hilft natürlich, außerdem ist Sauerstoff wichtig. Aber verabschiedet euch von dem Gedanken, nur mit Lüften die Feuchtigkeit in den Griff zu bekommen.
Die Feuchtigkeit hängt in allen möglichen und unmöglichen Orten: in den Polstern, in den Schapps, ja auch in der Bilge.

Welchen Entfeuchter brauche ich?

Einen elektrischen Luftentfeuchter mit Mindestens 10 Liter, ohne Trockenmittel. Ja, das Teil ist groß. Ja, das Teil braucht Strom. Aber es verändert das Leben am Bord signifikant. Die Luftqualität wird deutlich besser, die Luft erwärmt sich schneller, die Wärme ist angenehmer.
Achtet darauf, daß der Entfeuchter einen Auslass für das angesammelte Kondenswasser im Dauerbetrieb hat. Das ist ein Schlauch, den ihr in einen Abfluß hängen lassen könnt. Und wenn ihr für eine längere Zeit nicht an Bord seid, lasst den Entlüfter laufen. Am besten auf eine bestimmte Luftfeuchtigkeits-Kennzahl (60% ist gut). Und wenn Ihr noch mehr steuern wollt, nehmt noch eine Zeitschaltuhr dazu.

Nachteil: Meist muss hierzu ein Bordventil offen bleiben oder der Sammel Behäter muss regelmäßig geleert werden.

Wieso nicht die günstigen Granulate?

Bitte lasst die Finger von dem Entfeuchter-Salz. Wenn euch die Brühe einmal im Boot ausläuft, ihr bekommt das nie mehr raus. Und diese Flüssigkeit ist hygroskop, sie zieht immer Feuchtigkeit und es wird nie trocken. Schlimmer noch als Meerwasser. Wir hatten das schon mehrfach- nie mehr Granulat!

2. Heizen

Und da sind wir schon bei dem zweiten Punkt, der ganz eng mit der Feuchtigkeit zusammenhängt: das Heizen.
Klassischerweise haben Segelboote oft eine Dieselheizung an Bord. Unsere ging schon nach den ersten 2-3 Wochen Betrieb kaputt. Nein, keine neue Heizung, es war die alte von den Vorgängern. Diese hatten die Heizung fast nie laufen. Daher dachten wir, wir lassen sie einfach warten. Aber es war nichts mehr zu machen, das Ding war kaputt.

Der Radiator – die bessere Heizung?

Es gab an Bord einen kleinen Radiator und wir besorgten noch einen Keramik-Heizlüfter. Da der Winter 2021 sehr kalt war, reichte das noch nicht und wir holten noch unseren kleinen Radiator aus der Wohnung dazu. Ja, wir hatten einen kleinen Radiator wegen der Ecke in der Wohnung, siehe oben.

Radiator vs Heizlüfter?

Die Heizlüfter sind ja auf Segelbooten sehr beliebt. Aus unserer Erfahrung finden wir den Radiator fast besser. Die Wärme verteilt sich natürlich nicht so schnell, wird aber gleichmäßiger und auch leiser abgegeben. Nachts lassen wir nur den Radiator in der V-Koje laufen und haben dadurch eine gewisse Grundwärme.
Am besten hat sich bei uns die Kombination aus beidem bewährt: ein kleiner Radiator und ein Heizlüfter.

Warum nutzen wir nicht die Dieselheizung?

Wir haben natürlich eine neue Dieselheizung besorgt. Allerdings fahren wir diese noch immer verpackt mit uns herum. Ein Freund von uns lebt mit seiner Freundin in Norddeutschland auf dem Boot. Die beiden mussten nach nur einem Winter Dauerbetrieb eine neue (!) Dieselheizung wieder tauschen. Diese Heizungen sind nicht für den Dauerbetrieb ausgelegt, wie uns auch bestätigt wurde. Inzwischen hat er einen Taylor-Ofen eingebaut (ein Diesel-Kaminofen)

Für den Saisonbetrieb zum Beispiel in der Ostsee, reicht die Dieselheizung. Da läuft sie ja nicht 24 Stunden für Wochen, sondern mal ein Wochenende. Das ist in Ordnung.

3. Ozongenerator

Dieses Gerät ist für uns an Bord sehr wichtig. Gerade in der schwierigen Jahreszeit, dem Winter, ist es gut. Wichtig ist, zu wissen ist, wie er richtig genutzt wird! Ozon ist giftig und reaktiv.

Wie wirkt Ozon?

Ozongeneratoren erzeugen Ozon (O3), ein Reaktionsprodukt aus Sauerstoff (O2), durch elektrische Entladung oder UV-Licht. Ozon wirkt desinfizierend und oxidierend und wird daher häufig zur Reinigung und Desinfektion von Luft und Wasser eingesetzt. Es tötet Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Schimmelpilze ab, indem es ihre Zellmembranen angreift und oxidiert. Es kann jedoch auch giftig für Menschen und Tiere sein. Daher sollten Ozongeneratoren sorgfältig und unter Beachtung der Sicherheitsvorkehrungen verwendet werden.

Ist das gefährlich?

Falsch verwendet kann Ozon Gummidichtungen angreifen und deren Alterung beschleunigen. Ozon reagiert chemisch mit vielen Materialien, darunter eben auch Gummi, und kann zu Rissen, Sprödigkeit und Verlust an Elastizität führen. Es kann Komponenten in elektronischen Geräten oxidieren und beschädigen, was zu Kurzschlüssen, Fehlfunktionen und Ausfällen führen kann. Insbesondere elektronische Geräte mit Gummi- oder Kunststoffteilen können durch Ozon beeinträchtigt werden. Hier kommt es auf die Menge des Gases an.

Ozon ist in hohen Konzentrationen giftig und kann schädlich für Menschen, Tiere und Pflanzen sein. Es kann Atemprobleme, Augenreizungen und Schäden an den Atemwegen verursachen. Daher muss nach der Behandlung gut gelüftet werden. Ozon zerfällt im Kontakt mit Sauerstoff in Sauerstoff.

Wie nutzen wir den Ozongenerator?

Er wird nur alle paar Wochen oder sogar Monate mal für eine halbe Stunde eingeschaltet. Dann warten wir eine Weile und dann wird gelüftet. Das Ozon zerfällt bei dem Kontakt mit Sauerstoff und die Luft ist gereinigt.
Wenn wir für längere Zeit das Boot verlassen, schalten wir das Gerät ein. Dann haben wir bei der Rückkehr saubere Luft. Es hilft super gegen den typischen Boots-Muff, Tabakmief oder gegen Tiergeruch. Hier musst du natürlich eine intensivere Behandlung machen, länger und öfters. Nur nicht übertreiben, das tut nicht Not und ist nicht gut für das Material.

4. Ruckdämpfer

Wenn man länger in der Marina liegt, sollte man seine Leinen mit einem Ruckdämpfer versehen. Jede Marina hat irgendwann Schwell, und dann ist es einfach angenehmer für Mann und Material.
Wie fast alle in der Ostsee hatten wir natürlich die Kautschuk Ruckdämpfer eingesetzt. Leise, leicht und einfach zu nutzen.
Vor kurzen aber der Schreck: ein Ruckdämpfer war in der Mitte gerissen (es gibt leider kein Bild davon)

Uns war vorher schon aufgefallen, daß in Spanien nur Edelstahl-Ruckdämpfer eingesetzt werden. Im ShipShop wurde uns dann erklärt, auch die Gummi-Ruckdämpfer sind nicht für den Dauerbetrieb gedacht (wie die Dieselheizung). Vermutlich wird das Gummi durch UV auch mit der Zeit spröde – und das passiert im Dauerbetrieb schneller.

Also haben wir jetzt auch auf Edelstahl gewechselt. Da wir nur im Winter in der Marina liegen, haben wir uns für das einfache Modell entschieden. Unseren ersten Sturm haben wir damit sehr gut überstanden. Tatsächlich sind die Edelstahl-Ruckdämpfer sogar angenehmer als die aus Kautschuk. Ein wichtiger Tip dazu: wenn sie gefettet werden „quietschen“ sie auch nicht. Es gibt aber auch „gummigefederte“ Modelle. Diese sind super, aber auch ziemlich teuer.

Achtet unbedingt auf die Bootsgröße bei der Bestellung!

5. Der perfekte Aufenthaltsort

Sehr wichtig ist die richtige Wahl der Marina. Da muss jeder nach seinen Vorlieben schauen.
Basic-Kriterien sind aus unserer Erfahrung:

Infrastruktur

Gute Einkaufsmöglichkeiten (Supermarkt) und die Möglichkeit zu waschen. Hier im Süden Europas etablieren sich immer mehr Waschsalons in der Nähe von Marinas. Immer weniger Marinas bieten eigene Waschmaschinen. So unser Eindruck.
Das gute an dem Aufenthalt in der Marina ist natürlich, du kannst dir Pakete und Post schicken lassen. Das gestaltet sich nicht so einfach, wenn du nur vor Anker liegst. Sprich die Marina an und frage, ob du Pakete liefern darfst.

Tipp: Viele Marinas im Süden haben als Anschrift das folgende Muster: Hafenbüro im Hafen xy, Strasse OHNE Hausnummer, Postleitzahl und Ort.

Manche Paketdienstleister können mit der Angabe „S/N“ also „sine numero – keine (Haus)Nummer“ nicht umgehen. Wenn Du so eine Adresse hast, nimm als Hausnummer statt dessen „0“ oder „1“, dann kommt das Paket auch an. Liegeplatznummer, Bootsname und deinen Namen in der Adresse nicht vergessen, das macht es der Marina leichter.

Stadt- und Flughafennähe

Für uns ist eine ruhige Marina in Stadtnähe wichtig. Wir wollen auch Kultur, vielleicht mal ins Kino. Es bietet sich im Süden an, die großen Städte in den Winter zu legen. Die Marinas sind günstiger und auch bei schlechtem Wetter kann man viel machen. Es gibt gute Läden, auch Marine-Zubehör. Das ist in ruhigen Gegenden oft schwierig. Und die Erreichbarkeit eines Flughafens ist für uns auch wichtig, falls wir mal nach Deutschland wollen.
Und die Städte sind im Winter deutlich leerer, man kann sich in Ruhe treiben lassen und alles ansehen.

Daher war es letzten Winter Lissabon und diesen Winter ist es Barcelona. Wer Barcelona kennt, weiß wie teuer es im Sommer ist – sofern man überhaupt einen Liegeplatz bekommt. Und Barcelona ist toll, auch im Winter! Wir haben unseren Liegeplatz gewechselt, da es zwar gute Lebensmittelläden gab, der Weg in die Stadt aber sehr lang war. Dadurch hatten wir oft keine Lust oder der Aufwand war uns zu groß. Jetzt ist es ein kurzer Weg und wir sind viel aktiver.

Falls Du dich für eine gute Marina in Barcelona interessierst, wir haben die besten Marinas in einem Video zusammen gestellt. Hier geht es zu dem Video über die Marinas in Barcelona.

So wird es eine tolle Überwinterung!

Diese Tipps sind aus der Erfahrung von zweieinhalb Wintern auf dem Boot entstanden. Als halben Winter zähle ich das Frühjahr 2021. Wir zogen erst Ende März auf das Boot, aber dieser „Frühling“ war echt echt kalt.

Und für alle Langfahrer: eine sehr interessante Erfahrung ist, man geht kaum segeln.

Wenn man auf dem Boot lebt, dann richtet man sich ein und immer mehr steht herum. Das heißt nicht, daß Unordnung herrscht, sondern daß du nicht jeden Tag „klar schiff“ machst. Das Boot ist sturmfest vertäut, der Arbeitstisch mit Laptop und Boombox ist eingerichtet. Und zum segeln muss man das immer alles wegräumen.
Meist ist der Aufwand dann doch zu groß. Wir sagen immer spaßeshalber, wir müssten dann die Gartenstühle zusammenklappen und den Rollrasen wegrollen…
Aber wenn man sich dann durchringt – ist es toll.

Sehr wichtig ist es auch, wieder den Absprung aus dem sicheren Hafen zu schaffen. Letztes Jahr in Lissabon hatten wir das direkt gespürt, es war mehr als Zeit.
Weil…wir wollen ja nicht so ein Hafenschlumpf werden. Einen davon gibt es mindestens in jeder Marina!

Wir hoffen, dir haben unsere Tipps hier weitergeholfen. Wenn du noch Fragen dazu hast, dann ab damit in die Kommentare.

Wir haben euch die Tipps auch in einem Video aufbereitet!

Und noch ein Tipp „on top“

Der Winter ist ja auch die Zeit, in der am meisten am Boot gearbeitet wird. Tipps für Werkzeugordnung und Werkzeugaufbewahrung findest du in dem Artikel Werkzeugordnung an Bord: Ein perfekter Leitfaden für Segler
Denn mal ehrlich: im Winter wird sortiert und geordnet, oder?

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Werkzeugordnung – Finden statt suchen

Ein Segelboot zu besitzen, ist nicht nur ein Vergnügen, sondern auch eine Verantwortung, die über das bloße Segeln hinausgeht. Die Instandhaltung und Reparatur des Boots erfordern eine sorgfältige Werkzeugordnung. Also: wie bewahrt man diese Werkzeuge effizient an Bord auf? Wie gelingt die perfekte Werkzeugordnung?

Oft sehe ich fertige Werkzeugkoffer an Bord. Ich bin kein Freund davon. Warum sage ich Dir später.

Mein Tipp: Lieber das eigene Werkzeug einer guten Werkzeugordnung unterziehen und nach und nach ergänzen – oder?

In diesem Artikel soll es nicht um das Werkzeug selbst gehen, sondern wie du es mit einer guten Werkzeugordnung an Bord sinnvoll ordnest und aufbewahrst.

Wenn du noch nicht die richtige Werkzeugordnung für deine Werkzeuge an Bord gefunden hast, wirst du hier sicher einige hilfreiche Tipps finden. Schreibe gerne in die Kommentare!

Werkzeugordnung mit Werkzeug, Koffer und Taschen

Vor langer Zeit habe ich den Beruf des Tischlers erlernt. Ich weiß, dass gutes Werkzeug und die passende Organisation entscheidend für schnelle und qualitativ hochwertige Reparaturen sind. Daher ist meine Werkzeugauswahl mittlerweile auch ziemlich umfangreich.

Auf meinem ersten Boot hatte ich unter dem Salontisch zwei kleine Schubladen, die für Wochenend Törns und auch mein damaliges Können ausreichten.

Jetzt sind wir jedoch auf Langfahrt und ich konnte viel Erfahrung sammeln. Den „großen“ Werkzeugkoffer im Keller gibt es nicht mehr. Entweder ich habe das benötigte Werkzeug dabei, oder ich habe es überhaupt nicht. Daher muss alles gut organisiert und möglichst immer griffbereit sein. Hier kommt die Werkzeugordnung ins Spiel.

Warum eigene Reparaturen Gold wert sind

Ein befreundeter Werkstatteigner, nennen wir ihn Carlos aus Barcelona erzählte mir, dass er hin und wieder eigene Mechaniker mit dem Auto auf der Fähre über Nacht nach Mallorca schickt, um kleine Reparaturen an Booten von eigenen Kunden auszuführen. Reisezeit und -kosten werden vom Eigner getragen. Nur um eine Idee zu geben: Die Reise dauert pro Strecke 10 std. Warum dieser Aufwand?

Auf den Balearen kostet im Sommer eine Nacht im Hafen für unser 12 Meter langes Boot etwa 200 €. Für nur eine Nacht! Im Mittelmeer ist unser Boot eher durchschnittlich bis klein. Die Werkstätten kennen diese Preise und nutzen sie zu ihrem Vorteil.

Ein typischer Trick einiger Werkstätten 

Das beschädigte Aggregat wird zerlegt, ein Teil ausgebaut und mitgenommen. Der Eigner weiß oft nicht, ob es das defekte Teil ist (z.B. beim Motor). Ohne dieses Teil kann der Eigner nicht weiterfahren. Die Werkstatt hält den Eigner damit vor Ort fest. Ab dann tickt die Uhr. 2 – 4 Wochen Wartezeit sind auf den Balearen leider „normal“. Nach einer Woche sind es bei unserer (kleinen) Bootsgröße bereits 1.400 Euro Liegegeld. Die Werkstatt behauptet, viel zu tun zu haben. Sie lässt aber durchblicken, dass sie eventuell etwas arrangieren könnte.

Die Botschaft ist klar: Zahle mehr, dann geht es schneller. Früher oder später ist jeder Eigner bereit, mehr zu bezahlen – oder genauer gesagt, jeden geforderten Preis zu zahlen – um weiterfahren zu können. Auf den Balearen können Reparaturen leicht 3 – 4 Mal teurer als auf dem Festland sein, wenn man überhaupt einen Mechaniker findet. Das ist besonders bei kleinen Reparaturen ein Problem und führt zu Stress, Ärger und vergeudeter Lebens- oder Urlaubszeit.

Zurück zu Carlos: Seine letzte Reparatur auf Mallorca: Ein abgerutschter Auspuffschlauch am Generator förderte Wasser und Gase in den Motorraum einer Yacht. Reparaturdauer: 30 min. Gesamt abgerechnet: über 20 std. plus Fährkosten und Fahrzeug. Trotzdem: Der Eigner war überglücklich Hilfe zu bekommen und zahlte gerne. Denn auf Mallorca hätte er keine Hilfe bekommen. Selbst konnte oder wollte er das nicht beheben.

Vielleicht lachst du über dieses reale Beispiel. Ich denke jeder von uns kann oder könnte den Fehler finden und das reparieren, wenn er wollte.

Nur mit dem richtigen Werkzeug zu den Balearen

Ich selbst wollte im Sommer nicht auf die Balearen fahren, da ich genau vor solchen Situationen Sorgen hatte. Und so kam es dann auch. Genau eine Stunde vor einem Gewittersturm, als ich alleine an Bord war und naher einer Steilküste, versagte der Motor vor Ibiza in der Hochsaison. Es war windstill und ich driftete auf die Küste zu. Zu tief, den Anker zu werfen.

Glücklicherweise wurde ich rechtzeitig in eine sichere Bucht geschleppt. Es war nicht der Motor, der defekt war – der funktioniert hervorragend – sondern lediglich „Dieselpest“. Das konnte ich vor Anker in einer Bucht selbst beheben und lernte dabei, den Motor zu reparieren.

Auch wenn du nicht auf den Balearen unterwegs bist, ist es wichtig, Reparaturen selbst durchführen zu können.

Also warum nicht den fertigen Werkzeugkoffer für die Werkzeugordnung?

Wie oben schon erwähnt, bin ich kein Freund davon. Du wirst nicht den perfekten Werkzeugkoffer für alle Deine Arbeiten finden. Manche sind ein halbwegs brauchbarer Startpunkt. Trotzdem fehlen darin meiner Ansicht nach oft wichtige Werkzeuge in ausreichender Qualität. Wo ist z.B. das Multimeter oder die gute Wasserpumpenzange, die gut in der Hand liegt? Nur mit gutem und passendem Werkzeug gelingen Reparaturen.

Falls du dennoch einen Einblick haben möchtest, hier ein Beispiel für fertige Werkzeugkoffer.

Je mehr du Dich mit eigenen Reparaturen beschäftigst, um so mehr spezialisiertes Werkzeug wirst du an Bord haben. Spätestes dann wirst du eine übergreifende Ordnung brauchen. Du entkommst der Werkzeugordnung also nicht ;-)

Werkzeug, Werkzeugordnung – und eigenes Können

An Bord möchte ich jedes Gewerk so gut beherrschen, dass ich nie „auf den Balearen im Sommer“ liegen bleibe. Ich möchte möglichst jede Reparatur selbst durchführen können. Das bedeutet viel Werkzeug und viele Ersatzteile. Und es erfordert die passende Werkzeugordnung. Das spart nicht nur viel Geld auf Langfahrt, sondern ist auch eine Frage der Sicherheit. Es erfüllt mich zudem mit großer Freude, wenn ich beispielsweise den Motor wieder zum Laufen bringen kann.

Wenn ich professionelle Mechaniker an Bord hatte, waren sie stets beeindruckt von meiner Werkzeugauswahl und der Qualität. Noch mehr beeindruckte sie, wie schnell ich ihnen ein Werkzeug reichen konnte, das sie selbst nicht dabei hatten. Dank meiner Werkzeugordnung.

Es gibt also – zum Leidwesen meiner Partnerin Marion – (zu) viel Werkzeug an Bord. Leider habe ich auf unserem Boot keinen Werkstattraum, in dem ich alles ordnen könnte. Ich habe nicht einmal eine Ecke, in der ich alles ordentlich stapeln könnte. Allerdings habe ich unter dem Niedergang einen Platz wo ich immerhin die wichtigsten Werkzeuge aufräumen kann. Weil ein einziger zentraler Aufbewahrungsplatz an Bord fehlt, verteilt sich das Werkzeug notgedrungen an verschiedenen Stellen. Die richtige Werkzeugordnung entscheidet also über Suchen und Finden.

Hier ist also gute Organisation und leichte Erreichbarkeit in passenden Behältnissen wichtig. Marion würde sagen – welche Ordnung? ;-)

In den letzten beiden Jahren habe ich verschiedene Systeme ausprobiert, doch keines passte so richtig. Jetzt habe ich jedoch eine passende Werkzeugordnung gefunden. Bevor ich dir meine Lösung vorstelle, lass uns noch kurz auf die einzelnen Gewerke eingehen.

„Als ich des Suchens müde war, erlernte ich das Finden.“

Friedrich Nietzsche

Verschiedene Gewerke an Bord erfordern Werkzeugordnung

An Bord eines Segelboots gibt es verschiedene Gewerke, die spezielles Werkzeug erfordern. Von der Elektrik über Metall bis Lackieren hat jedes Gewerk seine eigenen Anforderungen.

Metallverarbeitung

Neben Elektrik und GfK ist Metall der häufigste Werkstoff für Reparaturen. Beispiele hierfür sind das Bohren eines Lochs für die Kabelführung in die Reling oder das Zuschneiden eines Aluminium Winkels für eine Befestigung.

Elektrik und Elektronik

Strom an Bord ist unerlässlich, von der Navigationsbeleuchtung bis zum Kühlgerät. Häufige Aufgaben sind das Suchen von Fehlern in elektrischen Geräten, das Neuverlegen von Kabeln und das Pressen von Kabelschuhen.

Motor und Antrieb

Im Grunde ebenfalls Metallverarbeitung – aber ein spezielles Thema was oft eigenes Spezialwerkzeug erfordert. Mindestens einfache Wartungen solltest du beherrschen, und mit der Zeit kannst du dich an komplexere Reparaturen heranwagen. Beispiele hierfür sind das Reinigen eines verstopften Kraftstofffilters, das Wechseln eines Keilriemens und das Überprüfen der Kühlung.

Rigg und Takelage

Dies ist das Herzstück deines Segelboots. Das Rigg und die Segel müssen auch den härtesten Bedingungen standhalten. Beispiele hierfür sind das Ersetzen einer gebrochenen Want, das Erneuern einer gespleißten Schotleine, das Warten einer Rollreffanlage und das Flicken von Segeln.

Tischlerei und Innenausbau

Wer kennt das nicht? Einmal nicht aufgepasst und schon hat sich die Schubladenfront gelöst. Oft müssen nur ein paar Schrauben nachgezogen werden, oder es muss ein neues Holzteil zugeschnitten werden.

Laminieren und GFK-Arbeiten (Glasfaserkunststoff)

Dies ist wesentlich für die Instandhaltung des Rumpfs. Vielleicht siehst du einen Riss im Gelcoat und möchtest diesen ausbessern oder ein beschädigtes Ruder laminieren.

Lackieren, Polieren und Malen

Pflege ist das A und O, egal ob bei Stahl- oder GFK-Booten. Beispiele hierfür sind das Ausbessern kleiner Lack- oder GFK-Schäden, das Polieren des Rumpfs und das neue Beschichten des Unterwasserschiffs.

Jetzt, da wir die verschiedenen Gewerke kennen, stellt sich die Frage: Wie organisiert man die Werkzeuge am besten bei knappem Platz an Bord? Sortiert man sie nach Gewerk bzw. Werkstoff?

Nach zwei Jahren Langfahrt habe ich ein System entwickelt, das ich dir gerne vorstellen möchte.

Prinzipien für die Werkzeugordnung

Gerade wenn dein Platz an Bord begrenzt ist, solltest du die Werkzeuge nach der Häufigkeit ihrer Nutzung, ihrer Größe, ihrem Gewicht und ihrer Staumöglichkeit sortieren. Die Anforderungen passen natürlich oft nicht zusammen. Um so wichtiger ist es, sich eine Werkzeugordnung zurecht zu legen und auch durchzuhalten.

Alle Werkzeuge für die Metallbearbeitung sind schwer und oft sperrig, wie zum Beispiel der Drehmomentschlüssel oder die Bügelsäge. Daher kommt bei mir eine einzige Kiste nicht infrage, weil die Bügelsäge nicht in den Koffer passt. Die Bügelsäge liegt bei mir zusammen mit dem Wantenschneider und den Rettungsmitteln in der Backskiste.

Meine Prinzipien für die Werkzeugordnung

  • Werkzeuge, die häufig genutzt werden, müssen griffbereit sein.
  • Werkzeuge, die selten genutzt werden, aber für die Sicherheit wichtig sind, müssen ebenfalls griffbereit bei den an einem leicht erreichbaren Platz, z.B. bei den Signalmitteln/Grabbag liegen.
  • Schwere Werkzeuge müssen trocken und möglichst tief und zentral gelagert werden. Trimm des Bootes beachten!
  • Werkzeuge, die selten genutzt werden, müssen nach Gewicht und Größe verstaut werden. Auch hier den Trimm beachten!
  • Metallische Behältnisse und Werkzeuge vermeiden, um Korrosion zu verhindern.
  • Pappkartons, in denen die Werkzeuge geliefert wurden, nicht verwenden. Durch das Dämm Material wird Platz vergeudet. Außerdem ist Karton sehr anfällig für Salzwasser, Feuchte und Schimmel.

So gehst du vor – zur perfekten Werkzeugordnung

  • Ordnung überlegen und beibehalten.
  • Werkzeug immer sofort wieder dorthin räumen wo du es hergeholt hast. Auch wenn es nervt und umständlich ist.
  • Die Nutzungshäufigkeit sollte vor der „Sortenreinheit“ stehen.
  • Schubladen oder Regale bevorzugen (Glücklich wer sie hat!)
  • Wenn möglich, in Schubladen, sonst in Koffern/Boxen ordnen oder stapeln.
  • Behälter sollten kompakt, leicht und leicht zu reinigen sein.
  • Noch besser: Feuchtedicht. Also: Kunststoffbehälter mit Gummidichtung und Silikagel Beutelchen drin.
  • Häufig genutzte Werkzeuge zentral an einem Ort lagern. Möglichst in einem „handlichen“ und passenden Behältnis.
  • Wenn nicht stapelbar (wegen Rundungen und am Rumpf), Beutel und Taschen bevorzugen.
  • Wenn nicht anders möglich, dezentrale Lagerung.
  • Originalkoffer nur behalten, wenn sinnvoll.
  • Eine neue Ordnung schaffen, wenn die alte nicht passt. Zur Not mehrfach.
  • Bei dezentraler Lagerung eine Liste oder ein Übersichtstool führen.

Klar soweit? Gut. Nun zu meiner individuellen Lösung.

Meine Werkzeugordnung an Bord

Einige Werkzeuge, wie Schraubendreher oder verstellbare Zangen, sind universell einsetzbar. Daher habe ich einen Werkzeugkoffer für die am häufigsten benötigten Werkzeuge. Allerdings habe ich den Koffer leer gekauft. Ein Koffer, leichter Transport ans andere Ende des Bootes. Oft betrifft eine Reparatur verschiedene Werkstoffe. Daneben gibt es spezialisierte Werkzeugkoffer für bestimmte Aufgaben. 

Hier meine Werkzeugordnung

Kleiner Hängebeutel am Navigationstisch

Für schnelle Reparaturen. Enthält eine verstellbare Zange, ein Maßband, eine Schiebelehre und einen Hand-Bitsatz. Auch zum schnellen Messen und notieren für den nächsten Einkauf im Ship Shop.

Allgemeiner Werkzeugkoffer

Dieser Koffer wurde ohne Inhalt gekauft. Hier sind Werkzeuge für verschiedene Materialien und Gewerke verstaut. Er befindet sich in der Achterkabine (Stauraum) ganz vorne und wird mindestens mehrfach pro Woche benötigt. Kaufe bitte keinen fertigen Koffer. Meist enthält der viel unsinniges Zeug von minderwertiger Qualität. Und außerdem selten das, mit dem du gut arbeiten kannst. Damit kannst du keine gute Reparatur an Bord machen.

Elektro- und Elektronik-Koffer

Enthält alles für Elektroarbeiten, inklusive Multimeter und speziellen Kabeln. Er befindet sich unter dem Niedergang und wird ebenfalls jede Woche genutzt. Und auch ein Rollbeutel für Kleinteile, wie Kabelschuhe und Wagoklemmen.

Ratschenkasten und Steckschlüsselsatz

Ein kompakter Satz für die meisten Anforderungen. Aufgeteilt: Ratschen, Verlängerungen und Standardnüsse in einem kleinen improvisierten Köfferchen unter dem Niedergang. Der Rest aus dem ehemaligen Ratschenkoffer befindet sich unter den Schubladen in der Kombüse. Dort gibt es einen kleinen, sonst nicht nutzbaren Abstand. Alle Nüsse und Aufsätze sind in diversen durchsichtigen und stabilen Zip-Beuteln. Den Originalkoffer habe ich weggeworfen, da er zu groß, zu unhandlich und zu schwer war.

Motor und Antrieb

Spezialwerkzeug für meine englische Perkins-Maschine. Wird selten genutzt und nur bei Reparaturen, nicht bei Wartungen. Ebenfalls in dem Fach unten in der Kombüse. Lose Lagerung oder in kleinen mitgelieferten Kästen oder Taschen. Es handelt sich um zöllige Steckschlüsselaufsätze und Gabelschlüssel.

Handelektrowerkzeuge

Für größere Arbeiten unerlässlich, aber eher selten genutzt. Multimaster, Heißluftfön und Akkuschrauber befinden sich unter dem Niedergang in passenden Ikea-Boxen mit Deckel. Diese benötige ich ungefähr einmal im Monat.

Restliche Elektrowerkzeuge

Befinden sich im Vorschiff unter der V-Koje (z.B. Flex, Poliermaschine, Stichsäge). Selten oder sehr selten genutzt und in diversen Werkzeugtaschen verstaut.

Restliches Handwerkzeug

Große „Elektriker“-Werkzeugtasche. Befindet sich hinten in der „Rumpelkammer“. Hier lagere ich Tischlerwerkzeug und andere Spezialwerkzeuge. Die Seitentaschen haben viele Ösen und Fächer für Werkzeuge. Diese Werkzeuge werden eher selten genutzt oder sind Spezialwerkzeuge. Groß und daher gefüllt schwer.

Malen und Lackieren

Hier lagere ich Verbrauchsmaterialien wie Klebeband und Pinsel. Sie wird selten genutzt und befindet sich unter dem Kopfende der V-Koje. Hier ist Verbrauchsmaterial und Werkzeug (Spachtel, Pinsel) gemeinsam gelagert. Lösungsmittel haltige Produkte lagere ich draussen in der Backskiste (Geruch).

Segel- und Nähreparaturen

Eine kleine Box mit Deckel unter dem Salontisch in der Bilge. Segeltape, Nadeln, Handnähmaschine und Segelgarn.

Sperriges Werkzeug

Für größere Werkzeuge wie Kabelschuh-Presszangen oder Schraubzwingen. Je nach Häufigkeit der Nutzung. Die Kabelschuh-Presszange ab 16 mm liegt zusammen mit den Kabeln in der immer trockenen Bilge. Sie ist schwer und sperrig und wird sehr selten genutzt. Sie befindet sich am höchsten Punkt in der Bilge.

Schmieren, Kleben, Dichten

Je nach Werkstoff gibt es unterschiedliche Klebstoffe, Schrauben und andere Materialien. Diese lagere ich in verschiedenen Fächern im Boot. Die am häufigsten genutzten, wie Klebeband, Schmiermittel und WD 40, befinden sich in einer Box unter dem Niedergang.

Sonstiges Verbrauchsmaterial

Häufig benötigte Klebstoffe, Schmiermittel wie WD 40, Trennmittel, Silikonfett, Schraubenfest befinden sich in einer Box unter dem Niedergang.

Werkzeugordnung – soll ich Verbrauchsmaterial und Werkzeug mischen?

Natürlich ist Dir aufgefallen, dass ich an manchen Stellen Werkzeug und Verbrauchsmaterial mische. Zum Beispiel in der Segel- und Nähreparaturen Kiste. Werkzeug ist dabei so wenig, dass nicht lohnen würde z.B. Nadel und Faden, oder Ahle und Segelflicken getrennt zu verwahren, oder?

Manche Werkzeuge gehören auch zu einem bestimmten Werkstoff. Für das Stanzen von Löchern aus dem Dichtungspapier z.B. gibt es ein Schlageisen. Das würde ich nicht getrennt verwahren, das gehört zum Dichtungspapier.

Auch hier: Experimentiere, räume um, probiere aus und finde Deine persönliche Werkzeugordnung.

Ich habe viele verschiedene Werkzeugtaschen, -koffer und sonstige Behälter für meine perfekte Werkzeugordnung ausprobiert.

Nach zahlreichen Tests und einigen kritischen Situationen, in denen ich dringend ein bestimmtes Werkzeug brauchte, sind hier meine Favoriten für eine Werkzeugordnung.

Meine Lieblings Behälter für die Werkzeugordnung

Werkzeugkoffer

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  • Beschriftungsfeld mit zwei Aufklebern zur individuellen Kennzeichnung
  • Max. Zuladung: 15 kg
  • 27 Liter Fassungsvermögen
  • Stabiler, ergonomischer Tragegriff

Dieser Werkzeugkoffer hat robuste Fächer, die auch bei rauer See alles an Ort und Stelle halten. Leer sehr leicht und robust. Mit Inhalt ist er aber sehr schwer. Leicht zu reinigen.

Angebot
Meister Mehrzweckkoffer 450 x 320 x 225 mm – Extra viel Stauraum – Einteilbare Kleinteilfächer & Stehfach – Abschließbar – Inklusive 2 Schlüssel & Tragegurt / Kosmetikkoffer / 9095050, Beige
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  • FÜR HEIM- & HANDWERK: Zur Aufbewahrung von Handwerkzeugen & Gartengeräten | Für einen schnellen Zugriff auf Elektro- oder Heizungsinstallationsmaterial, bei beruflichen Einsätzen | Praktische Kleinteilefächer für Kleineisen oder Modellbaumaterial
  • DURCHDACHTES DESIGN: Hochwertige Materialien & stoßsichere Ecken für eine lange Lebensdauer | Weich gepolstertes Hauptfach | Tragegurt dient als komfortabler Schulterriemen | Abschließbare Schlösser schützen den Kofferinhalt vor unberechtigtem Zugriff

Ein weiteres gutes Beispiel für einen Werkzeugkoffer. Mit Umhängegurt und verschiedenen verstellbaren Fächern.

Große Elektriker-Tasche

Diese ist perfekt für alle Reparaturen, mit speziellen Taschen für Kabel und Messgeräte. Riesiges Hauptfach und viele kleine Staufächer und Ösen. Hauptfach sollte mit großen aber leichtem Werkzeug gefüllt werden. Sonst wird diese sehr schwer. Leer sehr leicht und robust. Leicht zu reinigen.

Diese letzte Tasche verwende ich selbst. Sehr geräumig und leicht. Mit vielen Fächern.

Verschiedene kleinere Werkzeugtaschen

Ideal für spezialisierte Aufgaben und leicht zu verstauen. Robust, leicht und günstig. Leicht zu reinigen.

Werkzeugrollen

Mit mit Einsteckfächern für Schraubenschlüssel etc. oder mit Taschen für Kleinteile

Kunststoffboxen

Zum Beispiel diese hier: Stapelbar, durchsichtig und Feuchte dicht:

Iris Ohyama Luftdichte Kunststoff-Aufbewahrungsboxen mit Deckels, 10L, 1 Stück, Transparent, Hermetischer wasserdichter Verschluss, Robuste Schnappverschlüsse, Stapelbar, Staubschutz, BPA-frei, AT-S
  • ABMESSUNGEN DER AUFBEWAHRUNGSBOX MIT DECKEL: Außen: B39 x T29 x H14 cm , Innen: B24 x T31 x H11;5 cm,Dieses Produkt wird zu 100 Prozent in Europa hergestellt (Fabrik in Lieusaint, Frankreich);
  • KAPAZITÄT DER PLASTIKBOX MIT DECKEL: Das Volumen dieser Box beträgt 10 Liter; Außerdem ist das Fassungsvermögen dieses Produkts ausreichend, um viele Gegenstände wie Stifte, Accessoires, Spielzeug, Bücher und andere aufzubewahren;
  • MATERIAL DER BOXEN AUFBEWAHRUNG: Dieses Produkt wurde aus einem BPA-freien Kunststoff (Polypropylen) hergestellt; Dieser gewährleistet Schlag- und Stoßbeständigkeit sowie eine einfache Reiningung der Aufbewahrungsbox mit Deckel;
  • HERMETISCH & SICHER: Der Deckel wurde mit einer wasserdichten Dichtung versehen, um die Auswirkungen von Feuchtigkeit und Staub in allen feuchten Räumen zu schützen; Außerdem wurde er mit Clips versehen, um den täglichen Gebrauch für jedermann einfach und sicher zu machen;
  • AUFBEWAHRUNGSBOX MIT DECKEL-DESIGN: Die Form dieses Produkts wurde so konzipiert, dass es zu verschiedenen Stilen und Geschmäckern passt, also in große, mittlere und kleine Räume passt; Außerdem kann man dank des stabilen, verstärkten Deckels verschiedene Dosen derselben Größe platzsparend stapeln;

Wenn du hier innerhalb von 24 Stunden nach dem Besuch von Amazon etwas bestellst, bekommen wir eine kleine Provision. Das ist nicht viel, es hilft uns aber, für dich tollte Inhalte zu erstellen.

Wenn du unterstützen willst, gehe bitte bei deinen Bestellungen immer über einen beliebigen Produkt-Link von uns und bestelle was auch immer du brauchst. Das muss mit dem Link und dem Inhalt oder Thema gar nichts zu tun haben. Der Shop sieht, dass du von uns kommst und wir bekommen eine Kleinigkeit. Vielen Dank!!!

Fazit & Ausblick zur Werkzeugen und zur Werkzeugordnung

Jeder Bootseigner hat seine eigene Werkzeugordnung. Und die perfekte Lösung hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Nur mit der richtigen Werkzeugordnung und den passenden Werkzeugtaschen und -koffern kannst du den Platz optimal nutzen. Die Behältnisse für die Werkzeuge sollten auf den Aufbewahrungsort und deine spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sein. Dann hast du immer das richtige Werkzeug zur Hand.

In den kommenden Wochen werde ich nicht nur detaillierte Artikel über die einzelnen Werkzeugkoffer und -taschen veröffentlichen. Sondern ich werde vor allem auf den Inhalt dieser Taschen und Koffer eingehen. Ich werde die einzelnen Werkzeuge näher vorstellen und zeigen, warum sie an Bord wichtig sind. Wenn du also mehr über die spezifischen Vorzüge, Anwendungen und Details dieser Werkzeuge erfahren möchtest, abonniere unbedingt unseren Blog!

Teile gerne deine eigenen Tipps und Tricks zur Werkzeugorganisation in den Kommentaren.

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Wir sind in A Coruña und kommen so langsam in dem Hafenleben „nach der Biscaya“ an. Und ist mehr und mehr klar: wir haben die zwei großen Felsbrocken überwunden: Englischer Kanal und Biscaya! Alle drei sind wir irgendwie stolz und glücklich.

Floh bekommt Besuch von seiner Freundin und wir verabschieden uns „light“. Er zieht ins Hotel, da die beiden zusammen jetzt Urlaub in Galizien machen wollen. Aber wir machen natürlich noch viel zusammen die nächsten Tage.
Wir basteln weiter am Boot und endlich wird auch der letzte Langfahrer- Baustein ausgepackt: Das Dinghi wird aufgeblasen und der Motor gewartet.
Und dann nach 10 Tagen ist es soweit, wir sind soweit: wir fahren weiter. Ein passendes Wetterfenster ist in Sicht.

Die unerwarteten Herausforderungen der Costa da Morte: Segeln, Freunde und die Gefahr der Orcas

Was die Weiterfahrt etwas schwierig macht, ist die Situation mit den Orcas.
Nur kurz dazu: Seit 2020 greift die iberische Orca-Population Segelboote an. Dabei wird bevorzugt das Ruder attackiert, das diesen Angriff meist nicht unbeschädigt übersteht. Dadurch wird das Boot manövrierunfähig und muss abgeschleppt werden. Je nach Ort kann das sehr gefährlich werden, an der Küste gibt es viele Felsen und der Atlantik hat auch gerne viele Wellen. Und das in Kombination ist mit einem manövrierunfähigen Segelboot sehr schlecht.
Mehr Informationen dazu gibt es bei Orcaiberica

Wir fahren los, es war leicht neblig an diesem Morgen. Normalerweise verzieht sich der Nebel recht schnell. Dachten wir. Es dauerte doch ein paar Meilen und wir waren froh, das Radar zu haben.

Fluchtreflex in Muxia

Unser Ziel war Muxia, die Marina wurde uns von einem Einheimischen am Hafen in A Coruña empfohlen.
Der Abschnitt der Küste zwischen A Coruna und Muxia nennt sich Costa da Morte, die Todesküste. Hier liegt „Cap Fisterra“, das Ende der Welt. Der westlichste Punkt Spaniens ist geprägt durch massive Felsformationen und kaum Häfen. Hier ein Seenotfall und der Name der Küste erklärt sich von selbst.
Die Fahrt ist eigentlich ganz ruhig, wir hatten nur eine leichte Anspannung aufgrund der Orca-Situation. Da es bis dato jedoch nur Theorie war, hielt sich das in Grenzen und wir genossen die fantastische Aussicht auf die wunderschöne Galizische Küste.

Wir kommen in Muxia an – und ich weiß nicht, ob du das kennst: wir haben sofort einen Fluchtreflex. Schon bei der Anfahrt ging es uns so. Ob es daran lag, daß der Hafen total leer war, kann ich nicht sagen. Aber ein leerer Hafen ist oft ein schlechtes Zeichen. Meistens hat es seinen Grund…
Wir legten an und gingen in den Ort, in der Hoffnung, es wird besser. Es war mal wieder eine Starkwind-Periode angesagt und wir wollten diese an einem schönen Ort abwettern (so sagt man, wenn man abwartet, bis das schlechte Wetter vorbei ist)

Doch der Ort war nicht besser, der Fluchtreflex steigerte sich noch. Muxia ist ein Pilgerort für diejenigen, die nach dem Jakobsweg immer noch nicht genug haben. Uns hat es nicht gefallen, alles war auf Pilgertourismus ausgelegt. Sicherlich hatte der Ort mal flair, dieser war sehr übertüncht durch hässliche neuzeitige Häuser. Es war kein Leben im Ort.

Man verstehe mich nicht falsch, Galizien ist traumhaft schön, es gibt aber bessere Orte an dieser Küste.

Gefahr! Costa Muerte und Orcas

Aufgrund der Orcas wollen wir nicht nachts segeln. An der Costa da Morte wollen wir nicht nachts manövrierunfähig sein und so verbringen wir doch die Nacht dort und machen uns gleich am nächsten morgen auf nach Muros.
Hier lagen schon unsere Freunde und freuten sich auf uns.

10 Meilen vor Muros hören wir den Hilferuf einer französischen Segelyacht: Orcanagriff. Das Boot befand sich nur wenige Meilen von uns entfernt. Für uns weit, für einen Orca ein Katzensprung – im übertragenen Sinne.
Sofort geht das Kopfkino los, das Herz schlägt höher, die Knie werden weich.
Was jetzt? Wir machen uns bereit für das schlimmste: wir binden den großen orangenen Fenderball hinter das Boot – in der Hoffnung, die Orcas spielen lieber damit als mit dem Ruder.

Muros – antike Schönheit!

Als nächstes warnen wir unsere Freunde in Muros, die wollten vielleicht schon weiterfahren. Sie sprechen uns Mut zu und wir segeln tapfer weiter.
Im Funk können wir die ganze Zeit die Kommunikation der Yacht mit der Seenotrettung hören. Der Angriff dauerte eine Weile. Gut für uns, die Orcas waren noch beschäftigt.
So kommen wir unbehelligt in Muros an. Kaputt, glücklich und mit den anderen vereint. Und das sollte noch eine ganze Weile so bleiben.
Später erfuhren wir, die französische Yacht wurde nach Ribeira abgeschleppt. Das Ruder war beschädigt, aber alle gesund.

Und zu unserer großen Freude ist auch Floh mit seiner Freundin gerade dort, mit dem Auto sind sie jedoch deutlich schneller gewesen als wir. Und so treffen wir uns zu einem schönen Abend in einer Tapas Bar am Hafen.

Muros ist echt sehr schön. Eine alte galizische Kleinstadt, deren Altstadt unter Denkmalschutz steht. Der Wechsel hat sich wirklich gelohnt.
Leider werden wir erst mal mit einer ordentlichen Schlechtwetterfront belohnt. Danach wird das Wetter fantastisch, nur nicht zum segeln. Es ist kein Wind. Das macht aber nichts, da die Orcas sich ja sowieso gerade in der Gegend tummeln.

Ich habe Geburtstag und Christoph organisiert mir zur Überraschung ein Auto. Damit können wir die wunderschöne Küste erkunden. Traumhaft! Und wieder zeigt sich, daß segeln slow traveling ist: mit dem Auto waren wir so schnell fast am Kap Fisterre.

Nachdem das Wetter sich wieder beruhigt hat, verlassen wir den Hafen, um zum ersten Mal zu ankern. Das ist doch reichlich aufregend, nachdem der erste Versuch in Camaret-sur-mer mit einem Anker im Fischernetz endete.

Es klappte auf Anhieb! Die ersten Nächte sind etwas unruhig für mich. Ich muss noch vertrauen in den Anker bekommen.
Doch es ist toll! So wie wir uns das wünschten.
Wir beschliessen, zusammen mit unseren Freunden die Rias zu erkunden bis sich die Orcas verzogen haben.
Mehr dazu im nächsten Artikel!

Und hier das passende Video dazu: wie wir versuchen, und auf einen Angriff vorzubereiten!


Chaussee de Seine

Wir drehen um. Im dunkeln und fast in der Nacht beschließen wir, zu wenden. Das Meer kocht, der Wind bläst. In der Drehung schaukelt das Boot, die Schiffsbewegung zieht mir den Boden unter den Füßen weg, ich werde seekrank.

Christoph schickt mich in die Koje und steuert den Weg alleine zurück. Mit Wind von achtern ist das doch erträglicher. Ich lege mich mit einem Ohropax im Ohr hin, alles dreht sich. Mit der Zeit beruhige ich mich aber.
Irgendwann nachts wache ich von einem lauten piepsen auf. Ich stehe auf und suche die Quelle. Das Funkgerät gibt einen AiS Alarm – ein Boot ist in gefährlicher Nähe. Ich gehe schnell an Deck. Es ist ein Kreuzfahrer, doch dieser ist noch sehr weit entfernt. Wir checken die Lage, das Schiff dreht irgendwann ab. Christoph schickt mich wieder unter Deck und ich nehme dankbar an.

„Kommst du? Wir sind gleich da!“ Ich stehe auf, schlüpfe in mein Ölzeug und gehe an Deck.
Ein unglaublich schöner Sonnenaufgang empfängt mich. Wir legen in Camaret-sur-mer an unserem gewohnten Platz an und legen uns erst mal schlafen.

Der Morgen begrüßt uns mit Nebel. Alles sieht so diesig aus wie unsere Stimmung. Wir besprechen die Fahrt und beschließen, es richtig gemacht zu haben. Auch wenn es sich anders anfühlt. Wir starten mit unseren Plänen für die Weiterfahrt, denn: aufgeben ist keine Option.

Irgendwann kommt der Zündfunke: ein Freund von uns will mit uns über die Biscaya fahren. Diese Info nimmt uns ganz viele Sorgen ab und wir nehmen das Angebot sehr gerne an. Flo ist eine Art „Allzweckwaffe“, der Leatherman unter den Seglern die wir kennen. Wir sind froh, nicht alleine die Überfahrt machen zu müssen. Unsere größte Sorge ist, ich könnte ausfallen. Und dann müsste Christoph alles alleine machen. Die zweitgrößte Sorge ist, es könnte etwas kaputtgehen, was wir nicht selbst reparieren können. Genau hier kommt Flo ins Spiel, er kann nämlich gefühlt alles reparieren!

Also checken wir das Wetter und die Lage. Vielleicht passt das Wetter in fünf Tagen, aber fünf Tage sind auch keine stabile Wettervorhersage. Wir haben noch eine offene Lieferung aus NL, die uns in den Marinas in Frankreich nicht erreichen will. Wir beschließen, uns die Sachen zu dem nächsten TransOzean Stützpunkt schicken zu lassen, das sollte besser funktionieren. Also machen wir uns auf den Weg dorthin und Flo plant seine Reise auch an diesen Punkt.
Der Stützpunkt ist in Concarneau, hinter unserem wunden Punkt, der Ponte de Raz.

Face your fears

Also stellen wir uns der Situation und fahren bei einem wirklich sehr ruhigen Wetterfenster los. Wir queren die Pointe de Raz kurz vor Sonnenuntergang bei 1 Bft und null Welle. Wir fahren durch die Nacht, begleitet von Delfinen und kommen am frühen Morgen im Hafen von Concarneau an.

Es ist traumhaft hier, Concarneau ist ein sehr hübscher Ort mitten in der Bretagne. Und unsere Lieferung wurde schon im Hafen abgegeben. Gegen nachmittag sollte Flo ankommen, wir sind erleichtert, alles läuft.
Nur das Wetterfenster sieht immer noch sehr zweifelhaft aus. Entweder wir haben sehr viel Wind – oder keinen. Die Vorhersagemodelle sind nicht sehr einheitlich, was nicht gut ist. Je einheitlicher verschiedene Modelle, desto stabiler die Vorhersage.

Wir beschließen, uns entspannt vorzubereiten und am nächsten Tag zu entscheiden ob wir fahren wollen. Also bestaunen wir die mittelalterliche Stadt von Concarneau und fallen müde ins Bett.
Am nächsten Morgen sieht die Vorhersage immer noch nicht besser aus.

Die Möglichkeiten sind fahren und entweder zu viel oder keinen Wind zu haben. Oder zu bleiben, am Boot zu reparieren und uns die Bretagne anzuschauen und später ohne Flo zu fahren. Beide Optionen haben ihre Reize – aber auch ihre Gefahren.
Der Wecker geht um 06.00 Uhr. Wir wollten uns entscheiden. Und wie es dann so ist: keiner will die Entscheidung treffen. Bis 11.00 Uhr diskutieren wir. Und plötzlich geht es schnell: Flo fährt mit dem Faltrad Diesel holen, wir klarieren das Boot. Und 2 Stunden später fahren wir los: Biscaya, Baby!

Biscaya, Baby!

Wir hatten zu Beginn der Reise natürlich unseren Tribut an Ramses gezollt. Aber bis jetzt war er ja sehr zurückhaltend mit seinem wohlwollenden Wind. Bei einer Umfrage in einer Facebookgruppe wurde mir gesagt: kippt alles rein, was ihr mögt und vergesst die anderen Götter nicht!
Gesagt, getan: es gab Gin, Gummibärchen und Lakritzschnecken für Rasmus, Poseidon und alle anderen Götter. Die Delfine waren ein wenig verwirrt, ließen sich aber nicht abbringen: sie spielten und schwammen mit uns. Der Wind frischte auf und wir hatten gepflegte 15 Knoten. Traumhaft.

Die Jungs beschlossen, ich dürfte nachts schlafen und das Angebot nahm ich sehr gerne an. Ich war doch etwas „seekrank“ (also müde) und kroch bei Anbruch der Dunkelheit in die Koje.
Flo und Christoph wechselten sich ab und die erste Nacht verlief ruhig.

Jetzt hier jeden Tag im Verlauf zu erklären, das geht zu weit. Wir mussten irgendwann auf halber Strecke die Segel einholen. Die Biscaya wogte so vor sich hin, es sah aus wie das Meer in der Augsburger Puppenkiste.

Irgendwann meinte Christoph, etwas zu sehen. Wir holten die Ferngläser, machten etwas schwimmendes leuchtfarbenes aus, wir diskutierten was zu tun wäre und wir nahmen Kurs auf.

Je näher wir kamen, umso ruhiger wurden wir. Was, wenn…es ein Mensch ist? Was, wenn schlimmes uns erwartet? Und dann die Erleichterung: es war rosa, irgendetwas aufgeblasenes. Das Smartphone gezückt und dann POB Manöver mitten auf der Biscaya geübt. (POB= Person over Bord). Person über Bord-Manöver wird gefahren, wenn jemand über Bord geht und wieder eingeholt werden muss.

Blöd ist es nur, wenn man vergißt, am Smartphone den Aufnahmeknopf zu drücken. Und so gibt es nur Erinnerungen und Erzählungen, wie wir den rosa Bade-Flamingo aus der Biscaya fischten.

Der Abend naht und ich schleiche langsam Richtung Koje, da kommt der Ruf von Flo „Delfine“.
Und dann haben wir den besten Gänsehaut-Moment überhaupt: ganz viele Delfine springen und schwimmen mit uns in einem 100% kitschigen Sonnenuntergang. Das volle Farbspektrum der gelb, rosa und Rottöne umgibt uns. Kleine Fische springen aus dem glatten und ruhigen Wasser…wir sind alle drei total berührt!
Schau es dir an im unten angehängten Video…

Holà España!

Es kommt die Nacht und am nächsten Morgen ist es soweit, wir erreichen Spanien! Begleitet von Pilotwalen erreichen wir die Bucht von A Coruña. Die Anfahrt war etwas komplizierter, da sehr viel Fischer-Gedöns im Wasser schwamm. Also Bojen, an denen entweder ein Korb oder ein Netz oder was auch immer hängt. Hier muss man aufpassen, schnell ist etwas im Propeller und die Fahrt ist erst mal vorbei. 

In A Coruña gibt es mehrere Marinas, jede hat ihre Vor-und Nachteile. Wir haben uns für die Stadtmarina entschieden, denn wir liegen immer gerne zentral. 
Wir kommen an: unsere Biscaya Überquerung ist geschafft! Und…wir leben alle noch. Kaputt und glücklich.

Doch wir kommen erst nicht zur Ruhe, wir brauchen dringend ein paar Ersatzteile, der Autopilot braucht dringend Pflege und der Schlitten vom Rollgroß hat den Geist aufgegeben. Irgendwas ist immer nach der Biscayaüberquerung, habe ich gehört.

Also gehen wir schnell direkt in den Organisationsmodus über und regeln die wichtigsten Sachen, denn es ist Wochenende. Und gerade die kleinen Läden haben auch in Spanien am Wochenende geschlossen, oft sogar schon Samstags.

Als alles erledigt ist, geht es duschen, schlafen und abends dann „zum Spanier“, lecker Tapas essen. Die Stadt nach den drei Tagen vollkommene Einsamkeit ist zum einen völlig überfordernd, zum anderen aber auch toll. Und der Kopf muss sich umgewöhnen von französisch auf spanisch. Wir stoßen an auf eine erfolgreiche Biscaya – Querung mit rosa Flamingo!

Die Stadtmarina war eine gute Entscheidung, wir liegen richtig zentral und können so unsere Besorgungen gut erledigen. Der Autopilot hat schon seit Beginn der Reise rumgezickt. Also nimmt sich Flo erst mal diesen vor, nur ein Teil von vielen Baustellen am Boot. Es beginnen arbeitsreiche Tage. Flo und Christoph sind unermüdlich, der Paketdienst bringt ein Päckchen nach dem anderen und Christoph kennt bald alle Ferruterias und Autozubehörläden in A Coruña.

Nach ein paar Tagen kommt die Freundin von Flo und die beiden ziehen mit dem Auto weiter. Sie machen zusammen Urlaub in Galizien, was nicht heißt, wir sehen sie nicht wieder.

Wir verbringen noch ein paar Tage in A Coruña bei der Vorbereitung der weiteren Reise. Das Beiboot, das Dinghi, wird zum ersten Mal aufgeblasen und der 2PS Außenborder endlich gewartet. Das Langfahrer-Leben nimmt seine Form an!
Danke Biscaya!

Wie es nach A Coruña weitergeht, kommt dann im nächsten Artikel!

Cherbourg

Wir sind in Nordfrankreich, auf dem Weg nach Cherbourg.
Unsere einzige Info zu Cherbourg war: das ist die Palmengrenze. Hier sind die ersten Palmen am Hafen und ab hier werden es von Hafen zu Hafen immer mehr! Dabei sind wir ja noch in Nordfrankreich.

Wir hatten unsere Fahrt so geplant, daß wir im Morgengrauen ankommen sollten. Doch natürlich kam es anders: unter Motor waren wir durch Strömung und wenig Wind sehr schnell. Und so waren wir trotz bummeln mit 3 Knoten in den letzten Stunden schon um 4 Uhr vor dem Hafen. Uns begrüßte ein buntes Lichtermeer. Jetzt galt es, die richtigen Signale zu finden. Die Lichter, die uns den Weg in den Hafen zeigen. Puh, schwierig. Ist das jetzt ein Signal-Licht oder doch eine Straßenbeleuchtung? Das da hinten, das sieht so aus. Nein, das scheint eine Neonschrift zu sein. Gefühlt nach einer Stunde waren wir im Vorhafen.

Doch hier ging es weiter, wir mussten die richtige Einfahrt finden. Cherbourg ist schwierig, da es zum einen zwei Barren gibt und zum anderen auch einen Marinehafen gibt, den man nicht anlaufen darf.
Es kam doch tatsächlich eine zweite Yacht an und wir konnten dieser hinterher fahren. Gleich am Anfang des Hafens gab es einen Steg zum längsseits anlegen. Das taten wir auch, unser erstes Anlegemanöver bei Dunkelheit klappte perfekt. Wir klatschen uns ab und gingen schlafen.

Morgens kam ein Marinero und bat uns, uns doch umzulegen. Es wurde ein großes Boot erwartet und man braucht den Platz. Kein Thema, wir legen uns schnell um.
Die Marina ist riesig, Platz zu finden war kein Problem.
Danach wollen wir ins Hafenbüro und uns anmelden. Wir gehen über den Steg auf die Mole und was sehen wir: Palmen! Wir sind glücklich…es fühlt sich toll an!

Angekommen in Nordfrankreich

Im Hafenbüro geht es schnell und wir wollen auch gleich in die Stadt zum einkaufen. Wir brauchen einen Bäcker – das ist so deutsch und auch heute, Monate nach dem losfahren und nach Cherbourg geht es uns noch so: wir suchen Bäcker. Und das ist in südlichen Ländern echt nicht einfach…

Wir schlendern durch Cherbourg und sind sofort verliebt in die Stadt. Ja, es ist keine direkte Schönheit. Aber sie hat absolut Flair, ich kam mir zum allererstem Mal so richtig wie in Frankreich vor. Klar, wir waren in Boulogne-sur-mer und auch in Dieppe. Und dennoch fehlte mir bis jetzt noch das gewisse „etwas“, das Savoir-vivre.

Und da war es: eine Bar unter freiem Himmel. Ein Baum mit Lichterkette, Livemusik und entspannte Menschen. Angekommen in Frankreich!
Der Wind bläst mal wieder sehr stark und wir warten ab. Die Nächste Etappe wird durch das „Race of Alderney“ sein, die berühmt-berüchtigte Passage mit extrem starken Strömungen. Von diesen Stellen gibt es im (französischen Teil des) Ärmelkanal 4 Stück. Wenn dich das interessiert findest du mehr Informationen darüber in dem Artikel How to: Ärmelkanal für Ostseesegler
Die Franzosen nennen es Raz Blanchard, was übersetzt soviel heißt wie: weiße Flut oder weiße Welle, da das Wasser hier zu einer weißen Oberfläche werden kann.

Das Warten fällt uns leicht, wir genießen das Leben in Nordfrankreich. Lecker essen gehen, ein Besuch beim Frisör und natürlich kleine Arbeiten am Boot. Alles ist dabei.

Race of Alderney

Da es eine Nachtfahrt und das Race in Kombination ist, warten wir auf ein mehr als geeignetes Wetterfenster: sehr wenig Wind und dadurch auch keine Welle. Der Nachteil davon ist: wir müssen sehr viel motoren. Unser nächstes Ziel ist Roscoff in der Bretagne.
Dann ist es soweit: Wetter und Tide passt, wir fahren los.

Im Race of Albernes ist es extrem ruhig, man kann nur schwer erahnen, wie es hier auch aussehen kann. Zum Glück gibt es das Internet, du kannst ja mal danach suchen.
Wir haben eine ruhige Fahrt, die Ariba zieht unbehindert durchs Wasser. Die Sonne geht unter, der Mond geht auf. Eine ganz ruhige Nachtfahrt. Zwischendurch mal für eine kurze Zeit die Segel raus, wenn der Wind es zulässt. Dann wieder der Motor, alles in Ruhe. Ein traumhafter Sonnenaufgang und am Vormittag kommen wir in Roscoff an. Wir schlafen ein wenig und machen uns nach einer schönen Dusche auf den Weg in die Stadt.

Roscoff

Roscoff ist eine nette und adrette kleine Stadt in Nordfrankreich. Man sieht sehr stark den englischen Einfluß, es könnte auch einen englische Kleinstadt sein. Das ändert sich aber in der „Innenstadt“, hier reiht sich eine Creperie an die andere. Nur unterbrochen von Souvenirshops. Es war nett, aber mehr auch nicht für uns. Sehr touristisch, da es ein wichtiger Fährhafen zwischen England und Frankreich ist.

L’Aber Wrac’h

So beschließen wir, das nächste Starkwindfenster an einem anderen Ort abzuwettern. Wir fahren weiter nach L’Aber Wrac’h, das soll eine „echte“ bretonische Gegend sein. Die Ariba fliegt nur so dahin, man merkt den aufkommenden Wind. Je weiter wir kommen, um so zerklüfteter wird die Gegend. Irgendwann reffen wir dann, da der Druck einfach zu groß ist. Das ist schon nicht mehr so gut zu machen – das Rollgroß läuft nicht richtig auf der Schiene. Eine echter Kraftakt und ich habe schon Sorge vor dem Segelbergen. Wir steuern L’Aber Wrac’h bei 6 Bft an. Die Segel holen wir zwischen Steinformationen im Wasser ein – alles sehr beeindruckend. Im Fahrwasser kommen uns dann Windsurfer entgegen. Das Zeichen für die Einfahrt in den sicheren Hafen, denn Surfen fängt an, wo segeln aufhört.

Bei der Ankunft haben wir deutlich über 6 Bft Wind, die Böen sind noch deutlich stärker.
Der Marinero hilft uns mit seinem Schlauchboot beim Anlegen, er versucht uns vom Steg abzuhalten. Und doch dengelt der Bug an den Steg, es ist aber nicht viel passiert. Wir sind echt froh, angekommen zu sein. Kurz nach uns kommt noch ein Cat, die Schwalbe aus Deutschland. Wir springen direkt zu Hilfe und zusammen mit dem Marineros konnte auch die Schwalbe gut und sicher anlegen, sogar ohne Schrammen.

Es ist traumhaft hier. Die Bretagne wie wir sie uns vorgestellt haben: raue Landschaft, zerklüftete Felsen, kleine Häuser aus Naturstein. Nordfrankreich ist so schön.
Hübsche Buchten und viele Boote.
Der Supermarkt ist fast 2 Kilometer den Berg hoch, dabei entdecken wir wunderschöne Ausblicke.

Wir haben hier in der Spitze über 30 Knoten Wind und sind froh, gut zu liegen. Zum Glück haben wir viele Ruckdämpfer dabei, hier brauchen wir zum ersten Mal alle!
Als der Wind sich wieder beruhigt hat, legen wir nach 6 Tagen wieder ab. Es geht weiter in Richtung Biscaya.

Letzter Hafen vor der Biscaya

Als Absprungshafen über die Biscaya gibt es in Nordfrankreich zwei klassische Häfen: Brest oder Camaret-sur-mer.
Diese unterscheiden sich sehr.
Brest ist eine große Stadt, es gibt einen Flughafen in der Nähe, viele Läden und auch viele Sehenswürdigkeiten.
Camaret-sur-mer ist klein, hat Strände und ist eher ein Urlaubsort.

Wir entscheiden uns für Camaret-sur-mer, das kleine lag uns dann hier doch mehr. Natürlich muss es auch manchmal die Stadt sein, Kultur und auch Läden. Hier aber passte es so besser.

Der Weg dorthin geht durch den Chenal du Four. Das ist auch eine Stelle mit starker Strömung, ähnlich dem Alderney Race. Es geht vorbei an dem Phare du Four, das ist ein Leuchtturm.
Kennst du diese Bilder, auf denen haushohe Wellen an einem Leuchtturm zerschellen? Das ist einer davon. Dementsprechend ist unser Respekt vor der Tour.

Doch als wir fahren haben wir wieder sehr ruhiges Wetter, keine Welle und kaum Wind. So motoren wir und kommen glücklich und gefahrlos in Camaret-sur-mer an.

Wir haben den englischen Kanal besiegt, wir haben es geschafft und wir hatten dabei sogar sehr viele tolle Erlebnisse und viele tolle Eindrücke.
Nach dem schwierigen Start hatten wir streckenweise nicht mehr damit gerechnet und waren auch kurz vor dem Umdrehen.
Entsprechend stolz waren wir!

Camaret-sur-mer

Camaret-sur-mer ist die richtige Entscheidung für uns. Die Marina liegt an einem alten Turm aus dem 16. Jahrhundert, die sanitären Anlagen befinden sich in den alten Mauern. Es gibt einen tollen Strand und auch viel zu entdecken und zu sehen in der Umgebung.
Wir verbinden sehr viel mit Camaret-sur-mer, da wir hier sehr lange waren. Das war so nicht geplant, aber es gehörte zu unserem Lernprozess.

Wir wollten hier endlich unseren Anker ausprobieren. Also packen wir alles zusammen und fahren in die Bucht vor den Hafen. Doch irgendwie will es nicht so richtig klappen, der Anker hält einfach nicht. Nach einer Stunde geben wir auf. Beim letzten Aufholen haben wir dann ein großes Paket Leinen und Netze am Anker. Christoph schneidet uns los und wir fahren wieder zurück in den Hafen. Das mit dem Ankern müssen wir noch üben.

Pointe du Raz und Chaussee de Sein

Um von hier wegzukommen, muss man an dem Pointe du Raz vorbei, noch so eine Strömungsstelle.
Es wird in absehbarer Zeit kein Wetterfenster für die Biscaya geben. Und so überlegen wir uns, in den Golf de Gascogne zufahren. So heißt die Biscaya Bucht in Frankreich, und uns dort weiter umzuschauen. Es soll da ja auch total schön sein. Alternativ kann man dann die Bucht tiefer queren, dann geht es schneller und das Wetterfenster muss nicht so lange so stabil sein.

Also suchen wir uns ein ruhiges Wetterfenster, um zu fahren. Der Plan war, in Audierne zu ankern. Es gibt zwar einen Hafen dort, wir können diesen mit unserem Tiefgang jedoch nicht anlaufen. Wir checken das Wetter in Camaret und am Pointe du Raz.
Was wir allerdings nicht checkten, war das Wetter in Audierne. Wir fahren los, kein Wind, keine Welle. Wurden begleitet von Pilotwalen und ich sah sogar einen Rochen!
Die Nervosität vor dem Pointe du Raz ist groß, aber da das Wetter so ruhig ist, ist es auch der Pointe du Raz. Als wir am Pointe vorbei sind, verfliegt die Nervosität langsam. Wir haben Zeit und checken das Ziel, Audierne.

Umdrehen ist eine Option

Und hier merkten wir, es waren in Audierne 30 Knoten Wind auflandig angesagt. Das ist absolut kein Wetter zum ankern, vor allem wenn die letzte Erfahrung nicht erfolgreich war und man auch nicht so geübt ist. Also was jetzt? Wir diskutieren, checken die Möglichkeiten und drehen um. Wir motoren zurück. Auf dem Rückweg gibt es zwar weitere Häfen, doch diese sind für uns nicht anzulaufen. Bei der Tide und dem Koeffizienten hatten wir zu viel Tiefgang sowohl für Morgat als auch für Douarnenez.
So kamen wir in einem traumhaften Sonnenuntergang wieder in Camaret-sur-mer an.

Wir erholen uns von der Fahrt und wettern ab. Es ist wirklich sehr stürmisch und wir sind im Nachhinein froh über unsere Entscheidung, auch wenn Umdrehen immer sehr schmerzt.
Dann hat sich der Wind etwas beruhigt und wir beschliessen, es noch mal zu versuchen.

Umdrehen ist immer eine Option!

Eigentlich sah das Wetterfenster dieses Mal auf der Wetterkarte gut aus, halber Wind, 17 Knoten. Gegen später sollte es noch etwas stärker werden, dann allerdings auch mehr achterlich. Also soweit gut. Und wir beschliessen, um die Engstelle herumzufahren, was vom Wind her besser passt.
Das bedeutet aber, um eine Felsengruppe herum, die recht weit ins Meer ragt. Um die 15 Meilen weit. Die Chaussee de Sein ist auch für unruhiges Wasser bekannt. Doch die Wetter-, Wind- und Wellenvorhersage passt.
Wir wollen durch die Nacht bis zum nächsten Hafen fahren, Lorient. Das Ankern haben wir für das erste ausgeschlossen.

Doch wie so oft, es kommt anders. Der Wind ist deutlich höher und auch stärker. Wir fahren mit kräftig Druck und Lage trotz Reff. Die Wellen sind hoch, kurz und unruhig. Der Wind kommt deutlich von vorne, wir fahren sehr hoch am Wind und sind auch schon im Reff. Der Ruderdruck ist stark, es regnet zwischenzeitlich, dann scheint wieder die Sonne.

Am frühen Abend lege ich mein Veto ein, die Fahrt ist zu anstrengend. Ich kann so nicht die Nacht durchhalten. Und so diskutierten wir mal wieder und beschliessen…

Hier das Video dazu:

Wenn du wissen willst, wie es weitergeht, dann abonniere direkt die Flaschenpost. Du bekommst einen Email, wenn der neue Artikel fertig ist!

Ansonsten kannst du auch bei Facebook, Instagram oder YouTube vorbeischauen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Phare_du_Chenal_du_Four

https://de.wikipedia.org/wiki/Pointe_du_Raz

https://www.bretagne-reisen.de/

  1. Plane deine Schläge sehr sorgfältig!
  2. Rechne damit, alles über den Haufen zu werfen!

Als Ostseesegler kennen wir Regen, Wind, Welle.
Das denken wir zumindest.
Aber aus eigener Erfahrung im Ärmelkanal kann ich heute sagen: vergiß alles, was du bis jetzt kanntest.

Der Wind ist härter, der Regen kälter, die Tiede brachial und die Welle unerbittlich.

Aber mit ausreichend Vorbereitung ist das echt toll und macht sehr viel Spaß!
Ein vergleichbares Segelrevier wirst du nicht mehr finden.

Dies ist ein Artikel für Ostseesegler und ähnliche:

die zwar ihr Revier kennen, aber mit Tide und Strömung keine Erfahrung haben. Also für Leute, wie wir es waren.
Natürlich geht vieles anders: höher, schneller, weiter. Wir wollten zuerst auch mehr… und haben es schnell bereut.

Das wichtigste zuerst: so schwierig wie bei uns muss es nicht sein!
Vieles liegt an dir und deiner Planung. Du kannst zwar das Wetter nicht machen, aber du kannst steuern, wie du damit umgehst.

Damit du den Ärmelkanal genießen kannst, wollen wir dir hier ein paar Tipps basierend auf unserer Erfahrung und natürlich die „offiziellen“ Empfehlungen mit auf den Weg geben.

Grundsätzliches

Lass dir Zeit!

Im Ärmelkanal hast du zwei Faktoren, die du nicht beeinflussen kannst: Wind und Tide. Nur wenn beide in einem guten Verhältnis zueinander stehen, macht es Spaß. Alles andere ist einfach anstrengend und unter Umständen auch sehr gefährlich.

Daher lass dir genug Zeit, um auf ein passendes Wetterfenster zu warten. Und keine Sorge, meistens wartest du an schönen Orten.

Du kannst nicht alles in Tagesschlägen machen, aber ziemlich viel. Wieviele Tagesschläge du einplanst, hängt ganz stark von deiner Erfahrung mit Nachtfahrten ab. Nicht vergessen: eine Nachtfahrt auf der Ostsee ist etwas anderes. Im Kanal hast du sehr starke Strömungen und sehr viel Verkehr um dich. Und glaube uns: Fischer haben meist kein AIS und sind oft sehr sehr schnell.

Mache dir immer einen Plan B!

Oftmals ändert sich das Wetter im Ärmelkanal, nicht alles ist gut im Voraus zu planen. Diese Erfahrung haben nicht nur wir gemacht, wir haben diese Rückmeldung auch von anderen bekommen. Daher schaue bei der Törnplanung immer nach einem Plan B für unterwegs. Dabei musst du alle Faktoren beachten: kommt man jederzeit in den Hafen und wie ist das mit der Wassertiefe im Hafen? Viele Häfen an der Küste fallen trocken oder können nur zu bestimmten Zeiten aufgrund der Tide angelaufen werden.

Nutze alle verfügbaren Informationsquellen!

Diesen Punkt haben wir erst auf der Reise zu schätzen gelernt. Frage die Hafenmeister! Frage Stegnachbarn und nimm nicht nur den Reeds oder deine Karte. Es gibt ein französisches Pendant zum Reeds, diesen haben wir uns erst in Cherbourg zugelegt. Aber von dem Moment an wollten wir ihn nicht mehr missen (den findest du weiter unten aufgeführt).

Und ja, er ist natürlich auf französisch geschrieben. Aber er ist super zu verstehen, intuitiv zu lesen und an vielen Stellen einfacher und besser als der Reeds. Trotz dem ich kein Französisch spreche. Aber er ist kein Ersatz sondern eine Ergänzung!
In den meisten Marinas gibt es Wettervorhersagen, entweder als Screen oder als Ausdruck. Schau dir diese immer an, meistens sind hier die für die Region passenden Vorhersagen genutzt.

Unterschätze die Welle nicht.

Die Wellen sind anders, als auf der Ostsee. Nimm zur Törnplanung nicht nur den Wind, sondern auch die Wellenhöhe und die Wellenrichtung. Wind gegen Welle ist im Ärmelkanal sehr unangenehm. Wenn dann noch die Strömung dagegen ist kommst du nicht mehr voran.

Nutze den Tidenstrom

Im Tidengewässer hast du immer eine Zeit Strom mit dir und dann auch wieder gegen dich. Über den Daumen gepeilt 6 Stunden. Nutze die Strömung bestmöglich, mache sie zu deinem Freund! Fahre mit der Strömung, wann immer es geht. Vermeide Wind gegen Strom, denn das ergibt eine steile und unangenehme Welle.

Unsere Etappen – Tipps

Eigentlich wollten wir ja in 3 Etappen durch den Ärmelkanal: Hamburg – Vlieland, Vlieland – Boulogne-sur-mer, Boulogne-sur-mer – Cherbourg, Cherbourg – Brest. Fertig, aus die Maus.

Das hat ja überhaupt nicht funktioniert, wir mussten schon in Cuxhaven den ersten Stopp machen, weil eine Gewitterwarnung gemeldet wurde.

Und schon war der ursprüngliche Plan über den Haufen geworfen. Auf die Details gehe ich hier nicht ein, die kannst du in dem Artikel Langfahrt – Der hakelige Start nachlesen.
Natürlich kannst du auch längere Schläge machen oder andere Häfen anlaufen. Wir machen hier nur Vorschläge.

Die Raz und der Chenal

Neben der Tide gehören diese Stellen zu den Herausforderungen im Ärmelkanal. Als Ostseesegler kennen wir das so nicht.

Extreme Strömungen an besonderen Stellen, im französischen Raz genannt. Das sind meistens Engstellen im Wasser, wo die Strömung durchgepresst wird. Dadurch können bei entsprechenden Wind- und Strömungsverhältnissen stehende Wellen entstehen. Diese sind auf den Karten immer eingezeichnet, werden aber gerne übersehen. Vor allem, wenn man nicht weiß, was es ist. (Ich wusste das bis dahin nicht)

Meistens gibt es einen Leuchtturm, einer der bekanntesten ist der Phare du Four. Aber es gibt auch das Race of Alderney, hier presst sich die Strömung zwischen dem Festland und den Kanalinseln hindurch.

Die gleichen Regeln gelten für die Chenals. Hier quetscht sich ebenso Wasser durch Meerengen und unterschiedliche Wassertiefen. In Jahrhunderten der Seefahrt haben sich hier die besten Wege herauskristallisisert und inzwischen sind diese auch benannt, bezeichnet und betonnt.

Auf Strecke Calais – Brest ist das der Raz de Barfleur, das Race of Alderney (oder auch Raz Blanchard genannt) und der Chenal du Four. Ich empfehle eine Bildersuche erst nach der Tour (… na, hast du schon ein neues Browserfenster offen???)

Tief durchatmen, wir haben das auch überlebt!!! Du bekommst in diesem Artikel für jede dieser Stellen unsere Tipps dazu!

Allgemeine Tipps für die Raz und den Chenal

1.) Beachtung des Koeffizienten. Dieser beschreibt die Stärke der Strömung und den Höhenunterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasserstand. Je niedriger der Koeffizient, desto schwächer ist die Strömung. Je höher je stärker. Das hängt mit der Mondphase zusammen.

Mein persönlicher Tipp dafür:
wenn du kannst, plane die Tour so, daß du bei niedrigen Koeffizienten und fallendem Wasser am ersten Raz bist. Dann hast du fast zwei Wochen Zeit, bis der Koeffizient so hoch ist, daß die Strömungen wieder richtig stark werden.
In dieser Zeit hast du bei gutem Wetter vielleicht sogar bis Brest alles durch!

2.) Vermeide Wind gegen Strömung, das bringt die berüchtigten stehenden Wellen! Natürlich gibt es bei wenig bis keinem Wind keine große Gefahr. Jedoch können die Wellen auch schon bei „moderaten Winden“ entstehen. Uns wurde gesagt, bis 3 Bft ist eigentlich alles gut machbar.

3.) Fahre immer mit der Strömung. Mehr dazu findest du bei dem jeweiligen Raz im Text!

Unsere Etappen im Ärmelkanal

Alle unsere Häfen sind tidenunabhängig anlaufbar! Das ist gerade für Nicht-Nordsee-Segler sehr wichtig, denn die tidenberechnung fällt dadurch einfacher.
Es gibt in der Liste einen Hafen, der nicht 100% unabhängig ist, aber dieser ist auch nur ein lohnenswerter Zwischenstopp. Es geht auch ohne ihn.

Der Ärmelkanal beginnt streng genommen erst bei Calais. Für uns Ostseesegler ist aber schon die Nordsee quasi Kanal. Daher beginnen wir mit unseren Tipps schon bei unserem ersten Frankreich Stopp.

Dunkerque

Eigentlich wollten wir von Breskens (NL) nach Nieuwpoort in Belgien. Daher sind wir mit der beginnenden Strömung in der Westerschelde los. Aber die Fahrt lief so super und wir entschieden, nach Dunkerque durchzufahren. Allerdings hat man dann natürlich zum Schluss die Strömung gegen an. Wie oben erwähnt, 6 Stunden mit und 6 Stunden gegen.
Dunkerque ist tidenunabhängig anlaufbar und die Einfahrt ist auch gut.

Dunkerque – Boulogne-sur-mer 56 nm

Eine gute Strecke, auch etwas kürzer als die vorherige. Hier geht es bei Calais um eine Ecke, ein kleines Cap. Daher kann es hier andere Wind- und Strömungsverhältnisse geben, als im Wetterbericht angesagt. Das ist der Capeffekt, auf den du im Kanal noch oft treffen wirst.
Achte unbedingt auf die Farbe des Meeres! Diese Farbe wirst du so schnell nicht wieder sehen. Allerfeinstes türkis!

Boulogne-sur-mer ist Tidenunabhängig anlaufbar, da ein Becken durch eine Schleuse abgetrennt ist. Die Stadt ist auch definitiv einen zweiten oder dritten Blick wert. Wenn du guten Fisch magst, hier bist du richtig! Es ist Frankreichs größter Fischereihafen.

Als nächstes gibt es zwei Möglichkeiten, weiterzufahren:

A) Boulogne-sur-mer – Cherbourg 145 nm

Entweder du fährst in einem sehr langen Schlag direkt nach Cherbourg.
Das wären 145 nm, nicht unter 24 Stunden zu schaffen.

Oder etwas in die Bucht hinein, evtl. um besseren Wind zu haben. Das musst du von deinen Wetterverhältnissen abhängig machen.

Das haben wir gemacht:

B) Boulogne-sur-mer – Dieppe 55 nm

Wir hatten keinen Wind für die direkte Strecke und sind daher nach Dieppe gefahren.
Dieppe ist toll und definitiv einen Abstecher wert. Dieppe hat einen starken englischen Einfluß, das Örtchen könnte auch an der englischen Küste liegen.
Tidenunabhängig und unbedingt sehenswert.

Von hier kannst du in kurzen Etappen weitere Häfen anlaufen, zBsp Fecamp oder LeHavre. Aber Vorsicht, viele der Häfen sind nicht immer anzulaufen oder fallen trocken.
Wir wollten nach Fecamp, mussten dann aber vor der Hafeneinfahrt umdrehen, da Wind und Welle dagegen sprachen. Hier hat uns der Reeds beraten: bei 5bft auflandigem Wind wird dringenst von einer Einfahrt abgeraten. Wir hatten auflandigen Wind mit einer oberen 5. So waren wir abends wieder in Dieppe.

(Wenn es dich interessiert, schau doch mal bei YouTube unter Fecamp, da findest du eindrucksvolle Aufnahmen aus Fecamp. Wir waren froh, das nicht versucht zu haben!)

Kurz darauf passte bei uns dann das Wetter und wir haben uns von Dieppe auf bis nach Cherbourg gemacht. Wir sind direkt durchgefahren, ohne weitere Zwischenstopps. Es macht Sinn, den Wind zu nutzen, wenn er passt.

Dieppe – Cherbourg 110 nm

Unsere erste Nachtfahrt.

Cherbourg ist auf jeden Fall ein guter Ort. Du bekommst Ersatzteile, es gibt gute Shipshops und auch in der Stadt bekommst du alles.

Außerdem ist es ein TransOcean Stützpunkt. Du kannst dir Pakete schicken lassen und es gibt Rabatt für Mitglieder. Nur als Side-Info.
Wir mochten die Stadt sehr, uns hat sie richtig gut gefallen. Für mich war es die erste Stadt, in der ich mich tatsächlich in Frankreich angekommen fühlte.

Cherbourg bei Nacht anzusteuern ist nicht empfehlenswert. Das sagen wir aus eigener Erfahrung. Es ist machbar, aber stressig. Es sind wirklich viele Lichter vor Ort. Und durch die beiden vorgelagerten Barrieren wird es nicht einfacher. Aber es ist machbar, klar. Wir haben es ja auch geschafft. Nur wenn du es vermeiden kannst, ich würde es tun.
Der Hafen ist riesig und komplett tidenunabhängig.

Raz de Barfleur

Wir starten mit dem ersten Raz! Wohooo!

Vor Cherbourg ist die Pointe de Barfleur, markiert durch einen Leuchtturm. Am besten hältst du dich ca. 5 nm davon entfernt. Nähere Passagen sind nur bei ganz ruhigem Wetter zu empfehlen.
Du fährst am besten 4,5 Stunden vor Hochwasser Cherbourg dort vorbei, dann ist die Strömung ziemlich niedrig bzw. Stillwasser.

Cherbourg – Roscoff 125 nm

Auch hier wieder eine Nachtfahrt, wenn du magst, du bist ja gerade in Übung.

Race of Alderney

Hier durchfährst du das berühmte Race of Alderney! Das Alderney Race heißt bei den Franzosen „Raz Blanchard“ (weiße Flut), da das Wasser weiß ist, wenn es so aufgewühlt ist. Unser zweites Raz.

Wenn du danach googlest oder im Reeds nachschlägst, willst du wahrscheinlich am liebsten umdrehen.
Aber keine Sorge! Wenn du ein paar Dinge beachtest, kann das eine entspannte Fahrt werden.

Wir haben uns hier so verrückt gemacht! Wir sind tatsächlich bei so wenig Wind gefahren, daß wir motoren mussten. Wenn es dich stresst, dann mach das auch gerne so, es spricht überhaupt nichts dagegen!

Da wir wegen der Einreisebestimmungen die Kanalinseln nicht besuchen konnten, sind wir durchgefahren, unsere zweite Nachtfahrt.

Unsere Tipps sind tatsächlich nicht anders, als die der anderen:

Die Abfahrt in Cherbourg sollte 1 Stunde vor Hochwasser sein. Dann kommst du zum Kipppunkt der Tide an der Stelle entlang, wo die stärkste Strömung ist: das Cap de la Hague. Wenn du das Wasser beobachtest, siehst du die „Eddies“. Du musst ja nicht unbedingt drüber fahren. Sie sind auch in der Karte eingezeichnet, du kannst dran vorbeifahren.

Fahr nicht zu nah an der Küste entlang, jedenfalls nicht bei Wind. Dort stellt sich die Welle auf. Fahre gerne in der Mitte zwischen Festland und Insel.

Bei Wind gegen Welle baut sich hier eine stehende Welle auf. Ich muss das nicht unbedingt live erleben.

Der Rest der Strecke ist entspannt und ca. 24 Stunden nach Abfahrt kommt man in Roscoff an.
Roscoff kann man gut als Zwischenstopp machen. Für uns war es nicht mehr, es hat uns nicht gefallen und auch der Supermarkt ist weit entfernt.
Die Marina ist aber klasse, gepflegt und ordentlich.

Roscoff ist natürlich tidenunabhängig und kann jederzeit angelaufen werden.

Von Roscoff aus kann man mit einer weiteren Nachtfahrt theoretisch durchfahren bis nach Brest oder Camaret-sur-mer.

Allerdings muss man hier wieder durch eine der Engstellen, den Chenal du Four. Nummer drei quasi.

Direkt nach zwei Nachtfahrten empfehlen wir lieber eine Zwischenstation: L’Aber Wrac’h.
Bretagne Pur! Allein die Ansteuerung ist faszinierend, denn man fährt durch ein schmales Fahrwasser entlang an aus dem Wasser ragenden Steinen und Felsen.

Roscoff – L’Aber Wrac’h 39 nm

Leider ist Aber W’rach nicht für jeden geeignet, da er nicht tiefer als 2,50m ist. Aber mit bis zu 2,50m Tiefgang sind schon die meisten Boote abgedeckt. Und bei der Anfahrt muss auch die Tide beachtet werden. Keine Sorge, hier ist es noch „tidenanfänger“ Niveau und für jeden zu berechnen! Und wenn du es bis hierhin geschafft hast, bist du kein Tiden-Neuling mehr!

Nach einer schönen Portion Bretagne ist die nächste Etappe dann endlich die letzte im Ärmelkanal. Du kannst dich zwischen Brest und Camaret-sur-mer entscheiden. Der Unterschied ist einfach erklärt: Stadt oder Ort.
Brauchst du Ersatzteile oder einen Großeinkauf? Dann fahr nach Brest. Willst du Bretagne und Urlaubsgefühl, dann nimm Camaret-sur-mer.
Wir waren in Camaret-sur-mer und haben es nicht bereut.

L’Aber Wrac’h – Camaret-sur-mer 36 nm

Um dort hinzukommen, steht dir aber noch der Chenal du Four im Weg – der sogenannte Höllenkanal.
Der dazugehörige Leuchtturm heißt Phare du Four.

Chenal du Four

Bis 3bft ist der Chenal kein Problem, aber fahre möglichst nicht gegen die Strömung. Achte darauf, keinen stärkeren Wind gegen Welle zu haben (der Klassiker). Du solltest zum Kipppunkt der Tide am Eingang des Chenal sein. Und um diesen abzupassen fährst du in L’Aber Wrac’h 3 Stunden vor Hochwasser in Brest los. (z.B. Hochwasser in Brest 09.00 Uhr = Abfahrtszeit in L’Aber Wrac’h 06:00 Uhr)
Und dann viel Spaß im Kanal.
Wir hatten, wie bei den vorherigen Raz auch , fast keinen Wind und entsprechend dadurch keine Welle. Wir motorten die meiste Zeit.

Geschafft

Hooray – du bist durch den Ärmelkanal! Streng genommen endet der Ärmelkanal sogar noch vor dem Chenal.
Du kannst auch schon von Roscoff oder L’aber Wrac’h über die Biscaya springen, wenn das Wetterfenster passt. Bei uns war das nicht so und wir sind die Küste weitergefahren.

Ohne Pausen hätten wir es in 8 Tagen geschafft. Aber wir haben uns zum Glück Zeit gelassen. Und es hätte noch so viel mehr Zeit sein können, die französische Küste ist einfach traumhaft!

Unsere Hilfsmittel für den Ärmelkanal

  1. Papier- und Plotterkarten von NV-Charts.
    Papierkarten finden wir wichtig, um den kompletten Überblick zu haben und größere Gebiete einzuschätzen. Du kannst die Karten in Ruhe betrachten und auch die Gebiete mit stehenden Wellen gut eingrenzen.
  2. Der Reeds Almanach. Ja, ja und ja. Niemals ohne, hier findest du alle relevanten Informationen. Leider ist sehr vieles stark abgekürzt und viele dieser Abkürzungen erschliessen sich nicht auf den ersten Blick. Aber die Informationen sind sehr wichtig.
  3. Ergänzend dazu gibt es den Bloc Marine, das französische Pendant. Auch diesen finden wir extrem wichtig. Viele Informationen sind gleich zum Reeds, aber du hast die Strömungskarten zu jedem Gebiet gleich in der passenden Uhrzeit. Den Reeds muss man immer umrechnen (und für mich ist das mega kompliziert, ich habe es bis heute nicht richtig verstanden). Ebenso findest du die Koeffizienten, hier aber farblich dargestellt, dadurch ist es viel schneller einzuschätzen.
  4. Gezeitenrechnung mit Koeffizienten. Der Koeffizient bestimmt die Höhe der Tide und damit die Wassermenge, die bewegt wird. Je nach Wassermenge ist die Strömung stärker oder schwächer.
    Großer Koeffizient = starke Strömung und viel Tidenhub. Für die Gezeiten gibt es eine mega App: „Maree Info“. Für 1,69 € bekommst du für 4 Wochen Zugriff auf die Gezeiten aller französischen Häfen, also auch auf die sogenannten „secondary ports“. Inclusive Wasserhöhen und Wasserständen. Tolle App!
  5. Vermeide starken Wind gegen starke Strömung, das bringt die berüchtigten stehenden Wellen.
  6. Hafenmeister/ Locals
    Normalerweise können dir die Hafenmeister immer sagen, wann die beste Zeit ist, um weiterzufahren. Uns hat man hier immer die richtige Info gegeben. Und auch wann der Hafen wegen der Tide anlaufbar ist. Selbst rechnen und dann den Hafenmeister Fragen als Gegencheck – super Sache!
  1. „Meteo Consult Marine“ App. Diese Wetterapp war für uns für Frankreich die passendste. Kostet nichts.

Wenn du diese Tipps beachtest und mit den Apps arbeitest, kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen!
Damit solltest du gut und sicher durch den Ärmelkanal kommen. Es sind so tolle Orte unterwegs und wir sind froh, uns genug Zeit gelassen zu haben. Es wäre schade gewesen, hier etwas zu verpassen.

Wenn du mehr zu unseren Vorbereitungen und über den Start wissen willst, dann schau dir diesen Artikel an:

Die Vorbereitungen zur Langfahrt

2021 – Die große Segelreise beginnt!

Langfahrt-der hakelige Start

Hier die Links zu unseren Tipps

Bloc Marine (kein Affiliate Link)

NV-Charts (kein Affiliate Link)

Die Apps (ohne Links und wir haben beide iPhones)

Meteo Consult Marine
Maree Info

Dieser Artikel enthält Affiliate Links. Wenn du über diesen Link bei Amazon innerhalb von 24 Stunden nach dem Aufruf des Links etwas bestellst (egal was) bekommen wir eine (wirklich sehr) kleine Provision. Damit werden wir nicht reich. Wir freuen uns aber, wenn ein paar Unkosten abgedeckt werden.
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Wir sind nach einem sehr heftigen Start in IJmuiden, Niederlande. Direkt an der Nordsee.

Nach einigen Tagen haben sich das Wetter und unsere Nerven soweit wieder beruhigt, daß wir weiter segeln können und auch endlich wollen. Es wird Zeit für den Weg von der Nordsee in den Ärmelkanal!
Christiane ist wieder zurückgefahren, da sie arbeiten muss. Dieter will uns noch ein paar Tage begleiten und auch unterstützen. Das freut uns sehr und nimmt auch ein wenig Stress.

Auf der Nordsee

Wir starten mit Dieter in IJmuiden auf die Nordsee nach Scheveningen.
Das Wetter zeigt sich von seiner allerbesten Seite: Sonne, ein angenehmer Windhauch. Als hätte es die letzten Tage nicht gegeben. Ganz langsam stellt sich ein positives Gefühl ein.

Scheveningen soll immer voll sein, stand im Reeds. Aber es Ist ja keine Saison mehr, das wird schon passen. Dachten wir. Wir waren total erstaunt, als wir bei den Einfahrt um die Ecke bogen: es war total voll, fast kein freier Platz zu sehen. Der Hafenmeister holte uns mit dem Rib ab und wies uns einen schönen Platz zu. Es war eng und knapp, aber ein schönes Plätzchen.

Scheveningen

Scheveningen war toll. Es fühlte sich ein wenig an wie Urlaub: Cafés und Restaurants an der Marina, entspannte Menschen und Leben. Das erste Mal war alles so, wie wir uns das vorgestellt hatten: ankommen bei die Sonnenschein nach einem sonnigen Segeltag. Und wir müssen nichts reparieren oder keine Wäsche waschen. Der erste Hafen ohne direkten Gang zur Waschmaschine!

Wir gingen einkaufen und schlenderten ein wenig durch die Gegend. Aber am nächsten Tag sollte es auch gleich wieder weitergehen, daher wurde der Abend kurz. Der nächste Stop: Steelendamm.
Es läuft alles wie am Schnürchen. Die Sonne scheint, Dieter und Christoph versuchen sich an der Windfahnensteuerung. Es ist entspannt. Allerfeinstes segeln auf der Nordsee.

Zwischenstopp in Steelendamm

Wir kommen am Abend in der Marina an, legen uns in eine freie Box und stellen uns den Wecker. Dirt treffen wir eine Familie, die wir aus unserer Zeit mit der Dehler von Social Media kennen. Sie wollen auch auf lange Fahrt gehen. Wir tauschen Erlebnisse und Werkzeug. Es ist gut, jemanden zu haben, der das gleiche vor hat!
Heute machen wir wieder nicht lange, es soll früh weitergehen. Der nächste Stop ist Breskens.

Es ist noch früh am morgen, als wir ablegen. Es wird der erste Schleusenvorgang der Schleuse an diesem morgen genutzt, die Sonne scheint, es ist kein Wind. Also motoren am Hoek van Holland vorbei. Wir sind angespannt, schließlich ist Rotterdam einer der größten Häfen der Welt. Aber wie so oft: es ist weitaus weniger los, als gedacht.
Wir werden ein mal angefunkt, bitte unseren Kurs zu halten. Damit lassen wir einem Tanker genügend Platz. Kein Problem, wir halten den Kurs wie geplant.
So ist es ein tolles Segeln in der Nordsee und wir kommen sehr gut Richtung Ärmelkanal voran.

Breskens

Aber in Breskens werden wir wieder durch Starkwind ausgebremst. Und daher endet hier auch unsere Reise mit Dieter, Christiane holt ihn ab und bringt im Austausch für Dieter viele Ersatzteile mit. Unter anderem das neue Solarpaneel, das uns beim Anlegen in Amsterdam kaputt ging.
DANKE DANKE DANKE an euch beide!

Wenn du mehr über den Start und unsere Mitsegler wissen willst, dann schau doch mal in den Artikel: Langfahrt – Der hakelige Start

Wir warten das schlechte Wetter in Breskens ab. Waschen, putzen und erste kleine Reparaturen werden gemacht. Und erholen, viel erholen. Wir schlafen viel und machen einfach mal nichts.

Dann endlich passt alles: Wetter, Boot und wir sind bereit für die erste Etappe ganz alleine.
Wir beschließen weiterzufahren. Die größeren Reparaturen wollen wir im nächsten Hafen angehen. Das Solarpanel muss getauscht werden und der Solarlüfter fliegt raus.

Next stop: Nieuwpoort, Belgien.
So dachten wir uns das zumindest bei der Tourplanung. Doch es läuft alles so gut und wir beschließen, gleich bis nach Dunkerque durchzufahren. Das bringt uns deutlich näher Richtung Ärmelkanal.
Und dabei hatte Christoph doch gerade erst die belgische Flagge gesetzt.
Es war von der Strömung gesehen nicht die beste Idee, wir mussten irgendwann gegen an motoren. Aber wir wollten weiter kommen auf der Nordsee.

Wir sind in Frankreich!

Dunkerque

Wir hatten einen tollen Ritt durch 1,5 Meter Welle und hoch am Wind.
Natürlich müssen wir in Dunkerque Wäsche waschen, alles ist wieder nass. Doch die Sonne scheint, es ist schönes Wetter für Reparaturen. Und wir sind in Frankreich!!!

Der Zoll kommt vorbei, 6 Mann im Schlauchboot. Schon ein merkwürdiges Gefühl, als sie so im Cockpit sitzen. Aber da Christoph ja fliessend französisch spricht, ist das Eis schnell gebrochen und wir unterhalten uns gut mit den Beamten. Sie checken die Papiere, loben „die Deutschen“ für ihre Ordnung und geben uns die Bescheinigung: alles okay bei uns! Dunkerque ist der erste Hafen nach der Grenze, hier werden viele Boote kontrolliert. Die Kontrolle hier ist normal. Es gibt eine Truppe im Schlauchboot, die fährt täglich durch die Häfen und schaut nach neu angekommenen Booten.

Wir wollen uns nicht länger als nötig in Dunkerque aufhalten, wir kennen den Ort und für uns ist das irgendwie nicht „unterwegs sein“. Noch sind wir ja nicht im Ärmelkanal, der beginnt offiziell erst in Calais. Wir tauschen das Solarpanel und den Lüfter und fahren bei der nächsten Gelegenheit weiter nach Boulogne-sur-mer.
Es ist wieder hoch am Wind, es ist wieder gegen an. Und es ist wieder nass: die Luke ist natürlich immer noch undicht- aber der neue Lüfter hält dicht! Ein Problem weniger.

Boulogne-sur-mer

hat uns zum ersten Mal das richtige Fahrtensegler-Gefühl gegeben. Die Sonne scheint, die Menschen waren gut gelaunt und es gab viel zu sehen. Zuerst war die Stadt nicht so toll, aber auf den zweiten Blick gefiel sie uns richtig gut! Es ist keine echte Schönheit, aber sie hat viel Charakter.
Wir nahmen uns Zeit und schauten uns um. Zum ersten Mal seit wir unterwegs sind. Das war es doch eigentlich, was wir wollten: neues sehen und kennenlernen!

Es ist Frankreichs größter Fischereihafen. Das merkt man an jeder Ecke, Fisch bestimmt hier den Alltag, sowohl wirtschaftlich als auch kulturell. Es gibt das Nausicaa, eines von Europas größten Aquarien.

Was ich interessanter fand, war der Street Art Parcours. Jeden Sommer gibt es eine Art Festival, wo Street Art Künstler der ganzen Welt Flächen für ihre Murals zur Verfügung gestellt bekommen. Wenn man durch die Stadt läuft, findet man an jeder Ecke tolle Kunstwerke.

Ebenso lohnt sich der Weg auf den Berg, die Küste von oben ist sehr faszinierend. Hier zeigt sich, warum diese Küste auch „Opalküste“ genannt wird: das Meer hat ein faszinierend intensives türkis!

Leider waren unsere Ersatzteile nicht da, die wir von IJmuiden nach Boulogne-sur-mer haben schicken lassen. Eine intensive Recherche ergab, diese lagen in einem Zustellzentrum in Flandern. DPD konnte sie nicht zustellen. Die Info ging an den Versender, dieser informierte uns aber nicht.
So mussten wir weiter, ohne dafür eine Lösung zu haben. Darum wollten wir uns unterwegs kümmern. Der nächste Stopp war Dieppe.

Von der Nordsee in den Ärmelkanal

Auf dem Weg nach Dieppe kommen wir an Calais vorbei: jetzt sind wir offiziell im Ärmelkanal! Der erste Meilenstein ist geschafft! Und das nach diesem Start, wir hatten anfangs nicht daran geglaubt, es noch von der Nordsee in den Ärmelkanal zu schaffen.

Dieppe

ist eine sehr nette kleine Stadt in der Normandie. Der Abschnitt nennt sich hier Alabasterküste, da die ganz Küstenlinie durch weiße Kreidefelsen geprägt ist. Dazu kommt das immer noch sehr türkisfarbene Wasser. Was soll ich sagen….traumhaft schön!
Dieppe ist eines der ältesten Seebäder Frankreichs und diesen Flair hat man auch heute noch.
Die Marina liegt direkt an der Stadtpromenade, hier gibt es viele Restaurants und Bars. Urlaubsfeeling pur! Und direkt dahinter ist die Altstadt, gut erhalten mit vielen hübschen Läden.

Hier ist der Tidenhub übrigens fast 9 Meter! Das ist total faszinierend, wenn man das sieht. Und du merkst davon einfach nichts auf dem Boot.

Dieppe hat uns gut gefallen, doch wir wollen weiter. Das Wetter ist mal wieder gegen uns und wir beschließen, durch die Bucht nach Fecamp zu fahren. Das sollte uns besseren Wind für die Etappe nach Cherbourg bringen.

Nach Fecamp

Und so machen wir uns bei einer guten Wettervorhersage auf den Weg: Doch wie so oft, es kommt anders. Der Wind wird im laufe des Tages deutlich stärker als erwartet und immer gegen an. Als wir kurz vor der Hafeneinfahrt sind, haben wir eine obere 5 bft auf der Anzeige. Der Wind kommt aus West. Und im Reeds steht, man sollte bei westlichen Winden stärker als 5 bft nicht in den Hafen einfahren. Welle ca. 2 Meter. Wir beobachten andere Yachten, die auch abdrehen. Keiner fährt rein.

Wir besprechen die Situation: können wir weiter zur nächsten Marina? Tatsächlich nicht, die nächsten Häfen sind zu weit und der Wind ist zu heftig. Also ist unsere einzige Möglichkeit zurück. Wir atmen tief durch und wenden schweren Herzens. Der Vorteil hier ist, der Wind kommt von hinten. Das ist eine deutlich angenehmere Windrichtung. Die Rückfahrt ist schön, wir haben achterlichen Wind und die Welle trägt uns zurück nach Dieppe.
Angekommen fallen wir erst mal in die Koje.

Es war wieder eine Bremse, vielleicht war es auch wieder nötig. Wir nutzen die Zeit, um es uns gut gehen zu lassen: Christoph bekommt endlich Moules Frites und ich probiere Galletes.
Wir kommen zu der Frage, ob wir es wirklich dieses Jahr noch über die Biscaya schaffen können.
Und was passiert, wenn nicht? Eine wichtige Frage für uns: sie klärt unsere Einstellung!
Und die Antwort ist klar, wenn auch zuerst nicht einfach: dann schaffen wir eben es nicht über die Biscaya. Wir haben ja kein festes Ziel, wir planen uns selbst. Und das wichtigste Ziel ist, uns soll es gut gehen.

Nach Cherbourg

Dann passt das Wetter für eine Fahrt direkt nach Cherbourg. Wir sind wieder sehr aufgeregt, es wird unsere erste Nachtfahrt! Ganz akribisch bereiten wir uns darauf vor und überlegen uns Strategien. Das wichtigste ist: nicht bei Dunkelheit in den Hafen! Die Fahrt läuft gut, wir genießen den Sonnenuntergang und den Mond. Wir sehen Delfine! Später erfahren wir, es waren vermutlich Pilotwale, denn die interessieren sich nicht für die Boote.
Nachtfahrten haben ihren ganz eigenen Flair. Es hört und fühlt sich alles ganz anders an, die Sinne sind viel geschärfter. Leider ist wenig Wind und wir motoren ziemlich viel.

Und es kommt, wie es kommen muss: wir sind zu schnell und sind schon gegen 03:00 Uhr vor der Hafeneinfahrt. Es blitzt und blinkt überall. Wir versuchen mit aller Kraft und allen Mitteln die Hafeneinfahrt zu finden. Hier? Da? Ist es das rote Licht? Ist das hier das Richtfeuer? Der Hafen von Cherbourg hat zwei Schutzbarrieren. Eine große äußere, die den Vorhafen von der See trennt. Als wir hier endlich drin sind, nähert sich von hinten eine weitere Yacht. Wir beschließen, dieser Yacht hinterherzufahren. Aber wie es so ist: vor lauter vorbereiten und Konzentration auf Fender und Leinen in der Dunkelheit fährt uns diese Yacht einfach davon. Also tasten wir uns im Dunkeln weiter voran. Im Hafen angekommen, legen wir uns gleich an den ersten greifbaren Steg. Anlegen im Dunkeln, nachts.
Ein perfektes Anlegemanöver! High five um 05.00 Uhr und ab in die Koje!

Wie es in Cherbourg weitergeht, kannst du im nächsten Artikel nachlesen.

Mehr über die Orte in Frankreich:

Dieppe

Boulogne-sur-mer

Wir sind unterwegs auf unserer Langfahrt. Es ist kaum zu glauben. Alles fühlt sich gleichzeitig normal und ungewohnt an. Und es könnte immer noch einfach ein langer Urlaub sein. Und dennoch ist Hamburg und unsere Wohnung gedanklich schon sehr weit weg!

Hamburg, Anfang Juli 2021

Es ist Anfang Juli und wir liegen im Harburger Binnenhafen. Konzentriert versuchen wir, das Boot so gut wie möglich vorzubereiten. Ob die Dinge, die wir uns überlegen, wirklich die richtigen sind und ob der Fokus auch der richtige ist? Wir werden es erst erfahren, wenn wir unterwegs sind.
Unser Termin zum Start der Langfahrt war ursprünglich mal für den 19.07. gesetzt, eine sehr knappe Hausnummer. Daher haben wir den schon auf den 24.07. gesetzt.

Da ich (Marion) am Anfang einer Saison immer seekrank werde (nur Müdigkeit, aber das reicht) und ausfalle, haben wir beschlossen, Mitsegler zu suchen. Damit wollen wir gleich das zweite Problem auch lösen: wir kennen uns in der Nordsee und im Tidengewässer nicht so richtig aus. Also suchen wir Mitsegler, die die Nordsee und am besten auch den Kanal kennen. Unser Plan war, schnell durch den Kanal zu fahren. Dadurch wollten wir uns nach hinten mehr Luft verschaffen. Ein guter Plan, dazu später mehr.

Wir hatten Glück, es fand sich ein Paar. Dieter und Christiane, erfahrene Nordeesegler und Yachtmaster. Perfekt, dann sollte es klappen!

Hamburg, 17. Juli 2021

Am 17. Juli war es soweit: wir verlegen uns in den Citysporthafen in die Innenstadt! Endlich bewegt sich etwas (im wahrsten Sinne des Wortes, wir hatten ganz vergessen: der Citysporthafen hat sehr viel Schwell, das Boot schwankt die ganze Zeit…) Damit wurde auch die Abfahrt und das Ziel „Langfahrt“ wieder viel konkreter.

Und: wir segeln das erste Mal. Leider nur kurz, das Wetter war nicht perfekt dafür, aber immerhin.

Doch nicht alles läuft reibungslos in der Vorbereitung, und so scheint der Abfahrtstermin erneut zu kippen. Es fehlen Teile, ich muss noch mal zur Familie fahren und ein wichtiger Arztbesuch steht auch noch an. Wir sind langsam am Ende unsere Kraft.

Wir diskutieren lange, ob wir den Mitseglern absagen sollen und eine Woche später alleine losfahren. Das heißt, den ganzen Weg in kurzen Schlägen und deutlich länger unterwegs sein. Das heißt, die Nordsee und den Ärmelkanal alleine fahren und für Christoph am Ende vielleicht auch „Einhand“, da ich ausfalle.
Das klingt alles nicht nach einer vernünftigen Entscheidung. Also verschieben wir nur um einen Tag und hauen richtig rein.

Hamburg zeigt sich von seiner schönsten Seite, die Sonne scheint und wir bekommen fast Heimweh. Das ist wohl so: immer wenn etwas zu Ende geht, ist es plötzlich ganz toll. Und man fragt sich, warum man das verändert… mir ging es bei meinem Jobs immer so.

Hamburg 25. Juli 2021

Am 24.07. ist es dann soweit. Christiane und Dieter reisen an. Wir proviantieren, stauen und planen die Abfahrt am nächsten morgen. Ich setzte die Wimpelkette, das ist eine alte Tradition: man schmückt das Boot mit Flaggen aus aller Welt. Das macht man bei einem neuen Boot, bei einer Taufe oder eben vor einer langen Reise. Flaggenparade nennt sich das seemännisch. Kurz bevor ich das Fall oben habe, kommt mir der Gedanke: wie kommt es denn wieder runter? Ich habe vergessen, eine Rückholleine anzubringen. Und das heißt: einer muss in den Mast.
So schnallt Christoph sich das Klettergeschirr um und wird mit der elektrischen Ankerwinsch hochgezogen. Ein verrückter Start der Langfahrt…

Die Elbe ist traumhaft am frühen morgen. Ein Feuerschiff macht Löschübungen im Sonnenaufgang- wie bestellt!
Rasmus bekommt seinen Schluck für gutes Wetter und wir freuen uns. Wir genießen Sonne, Wind und die letzten Blicke auf unser schönes Hamburg.

Der Plan war, bis zu den friesischen Inseln zu fahren. Mindestens. Doch kurz vor Cuxhaven kommt eine Gewittermeldung. Es wird diskutiert und seemännisch beschlossen, nach Cuxhaven abzudrehen und dafür mit der nächsten Tide um 03.00 Uhr wieder auszulaufen.

Ich bin aufgrund meiner Seekrankheit-Situation aus der Planung raus und so merke ich es kaum, als es mitten in der Nacht weitergeht. Wenn du mehr zum Thema Seekrankheit wissen willst, dann schau doch mal in den Artikel über Seekrankheit und was wirklich hilft.

Cuxhaven ins IJsselmeer, 26. Juli 2021

Es läuft richtig gut. Die Sonne scheint, es weht ein schönes Lüftchen. Zwischenzeitlich schläft der wind mal ein und Christoph kann sich um einen verstopften Borddurchlass kümmern. Details gibt es hier nicht, es war der Durchlass, der nicht soviel Spaß macht…wir genießen unsere Reise, so hatten wir uns unsere Langfahrt vorgestellt.

Doch dann, mitten in der Nacht vor den friesischen Inseln kommt der Regen und der Wind. Da ich nicht im Wachplan eingeteilt war, habe ich nur mitbekommen, daß es extrem unruhig war – ich wurde in meiner Koje regelrecht herumgeschleudert.

Am nächsten Morgen kam dann das erwachen: es war „alles“ nass. Wir haben ganz viel Wasser im Schiff, an Stellen wo es nicht hingehört. Die Luken sind undicht, der Lüfter ist ist wie ein Loch, das Wasser fließt ungehindert durch. Und auch an den Wänden läuft das Wasser.

Die Crew hatte entschieden, ins IJsselmeer zu fahren. Die Wettervorhersage hat sehr starken Wind angekündigt. Das tun wir und wir machen einen Stop in Enkhuizen. Wäsche waschen, schlafen, tanken und weiter gehts am nächsten Morgen.

Nach Amsterdam, 28. Juli 2021

Der Wind frischt sehr stark auf und wir können wie geplant nicht weiterfahren. Wir müssen eine Pause machen und den Wind abwettern. So entscheiden wir, noch durchs Markermeer nach Amsterdam zu fahren. Dort können wir wenigstens eine schöne Zeit verbringen.
Also bolzen wir bei 7 bft gegen Wind und Regen an und kommen nass und fertig in Amsterdam an. Doch die Stadt zeigt sich nicht von ihrer besten Seite: es gibt keine Plätze mehr, die Häfen sind überfüllt.

Ein Hafenmeister hat dann aber doch noch ein Herz für uns und findet eine Lücke. Als wir dort ankamen und der Hafenmeister den Platz anweist, bekam ich gleich weiche Knie: rückwärts in eine schmale Lücke zwischen zwei andere Boote. Ohne Steg und ohne Dalben.

Mein erster Gedanke war: mach das nicht, das wird nichts. Christoph steht am Steuer und ich flüstere ihm schnell noch zu, er kann auch abbrechen. Aber es gab ja irgendwie auch keine Alternative, alle Häfen dicht, wir sind alle durchnässt und verfroren. Also versuchte er es. Doch es war sehr knapp am Bug eines großen Motorbootes. Schon war es passiert: wir schrammten am Anker des Motorbootes vorbei und unser Solarpanel knirschte und er Anker verhängte sich dann noch in der Reling. Wir konnte uns wieder lösen und Christoph brach das Manöver ab.
Wieder raus aus dem Hafen, kurz sortieren und Schäden checken. Das Solarpanel war zersplittert und die Reling verbogen.

28. Juli – Planänderung

Da es keine anderen Möglichkeiten mehr gab, entschieden wir nach IJmuiden zu fahren.
Wir motorten also weiter. Der Wind drehte mehr und mehr auf. Nach der Schleuse von IJmuiden ballerte es so richtig, es waren Böen von mehr 45 Knoten.
Die Hoffnung war, in der Marina wird es windgeschützt sein. Doch so richtig stimmte das leider nicht. Und so kam es, wie es kommen musste: beim Anlegemanöver erfasst uns eine Böe und drückte uns gegen ein Motorboot. Trotz tatkräftiger Hilfe mehrerer Leute am Steg, 9 bft sind halt einfach 9 bft.

Als wir fest sind, überprüfen wir den Schaden zusammen mit dem Eigner des Motorbootes. Und siehe da – unser Anker ging direkt in das geöffnete Fenster des Motorbootes und hat dadurch auch nichts beschädigt. Es ist echt unglaublich – aber es ist so! Und so atmen wir erstmal tief durch.

Pause in IJmuiden – brechen wir ab?

Bei einem langen Gespräch mit unseren Mitseglern beschließen wir, die Pläne für unsere Langfahrt zu ändern. Es ist so vieles nicht in Ordnung bei dem Boot, daß wir guten Gewissens in diesem Tempo nicht weiterfahren können. Und auch unsere Seelen sind ziemlich geschunden, das schwierige Wetter und die zwei Crashs haben uns nicht gut getan.

Segeln wird in den nächsten Tagen aufgrund des Wetters nicht möglich sein. Christiane wird die Fahrt abbrechen und mit Freunden zurückfahren, so kann sie ihren Urlaub aufsparen.
Dieter wird mit uns das Boot noch etwas auf Vordermann bringen und noch ein paar Etappen mitfahren.

Das klingt nach einem guten Plan und wir fangen zu viert mit der Arbeit an: es wird gewaschen, gebastelt, das Boot abgedichtet, Ersatzteile bestellt und Krönchen gerichtet.
Christoph machte Hafenmanöver, wir lernten Leinen werfen.

Dann verabschieden wir Christiane und machen uns wieder auf den Weg… mit angezogener Bremse und noch nicht verheilten Wunden.

Fazit …und wie geht es weiter???

An dieser Stelle auch noch mal ein dickes, fettes DANKESCHÖN an Christiane und Dieter!

Für eure Geduld, für eure Unterstützung, für euer Wissen!
Wir sind froh und dankbar, euch dabei gehabt zu haben und wir haben so viel von euch gelernt!

Wenn du auch eine Langfahrt planst, hier meine Tipps für den Start:

  • starte eine Langfahrt niemals gestresst. Wir waren an manchen Punkten überfordert, obwohl es nicht nötig war. Das kann ich heute, mit entsprechendem Abstand sagen.
  • kläre die genauen Vorstellungen mit der Crew ab. Der Plan für unsere Mitsegler war: schnell durch den Kanal. Sie hatten „komme, was da wolle“ als Zusatz und wir „aber nicht um jeden Preis“. Dieser Zusatz ist extrem wichtig und sollte im Vorfeld immer abgeklärt werden!
  • kenne deine Grenzen und bleibe am Anfang in deiner Grenze oder besser noch unterhalb. Das stärkt und gibt für die folgende Komfortzonenerweiterung ganz viel Kraft!
  • mache dich mit dem Boot vor der Abfahrt vertraut. Segeleigenschaften, Systeme – das sollte sitzen.
  • und gehe vorher mal segeln, mehr als 2 Stunden…

Zu diesem Thema wird es auch noch einen Extra Artikel geben.

Du willst wissen, wie es weitergeht mit unserer Langfahrt?

Dann schreibe dich doch in die Flaschenpost ein.
Du bekommst eine Mail, wenn der nächste Artikel fertig ist!

Wenn du unsere Position wissen willst, du findest uns unter anderem bei Marinetraffic oder Vesselfinder.
Einfach nur den Schiffsnamen eingeben. Sollten wir nicht zu sehen sein, dann spinnt das AiS oder wir sind in einem „Funkloch“. Das passiert leider noch, wir arbeiten aber an der Lösung.

Zu dieser Etappe gibt es natürlich auch ein Video.

oder: wir scheitern uns ans Ziel

„Wir planen eine Weltreise. Start ist in 2 Jahren. Unsere Vorbereitungen zur Langfahrt: Wir kaufen für einen fast 6-stelligen Betrag das passende Boot und lassen es dann in der Werft für das gleiche Geld nach unseren Vorstellungen umbauen. Wir verkaufen das Haus und die Firma und kaufen eine kleine Wohnung. Diese vermieten wir dann, das sichert uns ein gutes Einkommen während der Reise…“

…nein, das sind nicht wir…

Wo starten wir mit den Vorbereitungen zur Langfahrt?

Wir haben weder ein Haus, noch eine Firma noch wollen wir erst in zwei Jahren los. Bei uns hat es sich spontan ergeben.
Wir träumen schon lange davon, auf das Wasser zu ziehen und am liebsten loszufahren. Erst lief uns 2020 das Boot zu. Wir schauten uns zwar nach Booten um, doch Corona gab uns keine Möglichkeit, zu reisen und es explodierten die Bootspreise. Und dann kam unser Stegnachbar aus dem Urlaub zurück: ich verkaufe mein Boot, es wird mir zu viel. Ich kaufe mir ein Motorboot.
Keine zwei Wochen später hatten wir plötzlich ein großes Boot. Dann änderten sich die „äußeren Umstände“. Veränderungen in Jobs, Corona-Krise…

Die Entscheidung fiel schnell, November 2020.

Mehr dazu kannst du im letzten Artikel nachlesen: 2021 – Die große Segelreise beginnt!

Wir entschieden uns, sofort loszulegen und schnellstmöglich loszufahren. Das heißt im Sommer 2021. Und das heißt: Wohnung kündigen, leer räumen, das Leben neu organisieren.
Der Startschuss für die Vorbereitungen zur Langfahrt.

Die Wohnung wird gekündigt

Der erste Meilenstein

Die Wohnung kündigen. Ganz ehrlich – so einfach ist das nicht. Ja, die Kündigung an sich schon, aber die Entscheidung. Die Kündigung ist der erste endgültige Schritt. Und deswegen haben wir auch immer wieder verschoben, bis wir eines morgens im Bett saßen und festgestellt haben – wir „prokrastinieren“. Also den Kalender geholt, Termine gecheckt und Entscheidungen getroffen: Kündigungstermin 31.05. Am nächsten Tag ging die Kündigung direkt zur Verwaltung, und zwar persönlich. Wir entfernen die Winterplane vom Boot und wollten hochmotiviert durchstarten. Doch wie so oft, das Wetter spielt einfach nicht mit. Schnee, kalt, Regen. Wir können sehr viel weniger machen, als geplant.

Der Umzug

Also wird es Zeit für den nächsten Meilenstein: den Umzug.
Wir beschließen, unseren Lebensmittelpunkt auf das Boot zu verlegen. Wir wollen Ariba zu unserem Zuhause machen, sie nach unseren Wünschen ein- und herrichten.

Und so starten wir die Projekte im Innenraum, da es draußen stürmt und schneit.
Auch wenn es furchtbar „Gender“ klingt und wir beide gendern nicht mögen: ich kümmere mich um die optischen Sachen, Christoph um die technischen. Das ist bei uns berufsbedingt, ich bin gelernte Dekorateurin und Christoph der Ingenieur. Wir versuchen den Spagat zwischen praktisch und schön zu machen. Schliesslich wohnen wir auf dem Boot.

Bei allen unseren Überlegungen versuchen wir, unseren Vorsatz einzuhalten:

KISS – keep it stupid simple.

Das hast du vielleicht schon in dem vorherigen Artikel gelesen.
Wir wollen das Boot nicht komplett zerlegen, bevor wir losfahren. Wir wollen die wichtigsten Sachen erledigt haben und dann unterwegs schauen, was wir wirklich brauchen. Dazu kommt, daß wir keine xx-Jahre Zeit und auch nicht das Geld haben, alles neu und alles in der Werft zu machen.
Dennoch achten wir bei unseren Vorbereitungen zur Langfahrt auf Sicherheit, Praktikabilität und den Wohlfühlfaktor.

Daher gab es erstmal Vorhänge aus unserem alten Vorhangstoff im Schlafzimmer. Überzüge für die Polster aus einem einfachen Bündchenstoff, nähfrei. Alles keine Dauerlösungen, es reicht aber für das erste.
Die Elektrik wird jedoch überarbeitet, es gibt LiFePo4 Batterien, Solar und eine vorschriftsmäßige Absicherung.

Da wir unter mit Termindruck am besten arbeiten, haben wir uns einen persönlichen Umzugstermin gesetzt: 08.05.2021. Ganz bewußt deutlich vor der Übergabe, weil Termine beim Boot meistens einfach nicht funktionieren. Du brauchst immer länger.

Die Wohnungsauflösung

Auf einem Boot zu wohnen ist nochmal etwas anderes, als einen Urlaub zu machen oder eine längere Reise. Du brauchst an der einen oder anderen Stelle doch nochmal andere Sachen oder auch mehr Dinge. Der Termin ist gut gesetzt, denn es ist tatsächlich sehr viel zu tun. Parallel müssen im Boot Dinge verstaut und in der Wohnung abgebaut werden.

Die Wohnungsauflösung verläuft besser, als erwartet, wir können viele Dinge verkaufen oder verschenken. Da hat uns Corona doch sehr geholfen, viele Möbel wurden uns abgekauft. Die Kleinanzeigen-Kunden haben sich teilweise die Klinke in die Hand gegeben. Das lag sicher auch an den guten Preisen. Wir wollten hier nicht reich werden, sondern recyceln. Vielleicht warst du ja auf Instagram dabei, wir haben den ganzen Prozess in der Story hautnah gezeigt. Falls nicht, es ist eine Highlight-Story, du kannst es immer noch anschauen. Anstrengend war es.

Und am 31.05. haben wir dann die allerletzten Sachen aus der Wohnung geholt, um diese direkt nach Süddeutschland zu Freunden und Familie zu fahren. Der Nachmieter hatte schon diverse Sachen verändert und gestrichen, es war schon nicht mehr unsere Wohnung. Ein seltsames Gefühl.

Ist das KISS oder kann das weg?

Immer wieder verfallen wir in Ideen und Vorstellungen, die bei näherer Betrachtung für die Abfahrt nicht wichtig sind. Dann stellen wir und die Frage.

Dazu gehörte zum Beispiel die Heizung. Es war lange kalt, es gab sogar noch mal Schnee. Unsere Heizungsschläuche in der V-Koje wurden von einem der Voreigner abgebaut. Zuerst wollten wir die Heizschläuche wieder verlegen. Dann haben wir aber überlegt, wo wir eigentlich hin wollen: ins Warme. Also wurde beschlossen, damit zu warten, bis wir die Heizung brauchen. Dann können wir sie immer noch verlegen.
Wer die Videos kennt, die Heizung hat inzwischen auch den Geist aufgegeben. Wir werden diese ersetzen, aber nicht sofort. Die Abreise hat Prio.

Und so geht es mit einigen Dingen auf unserer Liste. Wer jetzt aber denkt, die Liste wird dadurch kürzer, der irrt. Ein Punkt abgestrichen, kommt ein neuer dazu.

Wie ist der Stand unserer Vorbereitungen zur Langfahrt jetzt?

(seit der Rückkehr von der Verteiler-Tour am 04.06.)

Heute ist der 08.07.2021. Wir sitzen gerade in Süddeutschland bei Freunden am Tisch, Christoph arbeitet und ich schreibe endlich diesen Text fertig. Wir machen die Abschiedstour bei der Familie, wir brauchten dringend eine Auszeit. Nicht von der Enge, sondern von der Arbeit. Die letzten Wochen haben wir so richtig reingehauen, um unseren Abfahrttermin zu schaffen. Die Vorbereitungen zur Langfahrt sind ein gutes Stück weiter.

LiFePo und Elektrik

Die Technik hat sich richtig quer gestellt, wir mussten hier sehr viele Dinge wieder und wieder angehen. Die LiFePo Batterien haben sich schwieriger gezeigt, als erwartet. Wir hatten leider auch Pech mit dem ersten Hersteller, hier ging richtig viel Zeit drauf in Fehlerfindung und Problemlösung. Bis wir uns dann entschieden haben, das gesamte System zu wechseln und einen anderen Hersteller zu nehmen. Die Stromversorgung muss einfach funktionieren. Natürlich ist das nicht nur Zeit – das ist auch sehr viel Geld, das hier verbrannt wurde.

Letztendlich haben wir die Verkabelung outgesourced, aus Zeitgründen.

Solarpaneele

Die Solarpaneele wurden angebracht, dafür ließen wir uns Bügel anfertigen. Wir entschieden uns gegen einen Geräteträger, dieser passt irgendwie nicht so richtig auf das Boot. Leider wurden uns für die Paneele die falschen Halterungen geliefert. Das wussten wir nicht und bei der Installation gingen diese direkt in die Knie und verbogen sich. Also auch hier noch nicht fertig, wir warten immer noch auf eine Ersatzlieferung.

V-Koje

Die Verkleidung des Himmels in der V-Koje löste sich wieder, hier musste eine neue Lösung her (das war ein Fehler von uns, nicht vom Hersteller) auch hier arbeiteten wir nach. Aber: wir haben endlich wieder eine gute Matratze. Wir haben unsere relativ neue Matratze aus der Wohnung umarbeiten lassen und mit einem speziellen „Stoff“ beziehenlassen, der die Luft zirkulieren lässt. Jetzt ist es viel besser und nicht mehr so viel Kondenswasser!

Sonstige Technik

Nach der Verkabelung der Elektrik funktionierte das Bugstrahlruder nicht mehr. Ganz schlecht! Hier half uns ein Bekannter, ein Elektrik-Freak. Danke Claas!!! Es geht wieder!

Der Generator musste eingebaut werden, es war vorher ein kleinerer installiert, der uns nicht gereicht hätte. Leider hat der neue zuerst die Batterien nicht geladen, was nicht gut ist. Auch hier hat uns Claas sehr geholfen.

Ach ja, die Windsteueranlage hängt jetzt auch dran und die Installation ist auch von Herrn Förthmann abgenommen. Leider musste dafür die Badeleiter versetzt werden, das war nicht geplant. Auch das ist noch nicht fertig. Danke Sebastian für deine tolle Unterstützung hierbei!!!

Der Anker musste angebracht werden, das alte System passte nicht zu dem neuen Manta, 25kg. Auch das ließen wir machen.

Holzarbeiten, divers

Wir mussten die Decksfuge GFK zu Teak neu verfugen, die war löchrig und brüchig und auch schon mit diversen unterschiedlichen Materialien geflickt. Das war eine sehr sehr doofe Arbeit, wir haben damit auch keinerlei Erfahrung. Ob das gut aussieht? Geht so, Ob es hält? Keine Ahnung. Wir werden sehen, das Teak ist sowieso im „Winterlager“ dran. Hier ein dickes DANKE an Rudi, der uns drei Tage lang ganz kräftig geholfen hat.
Es gibt jetzt auch tolle Schlingerleisten und die zusätzliche Kühlbox ist in der Kabine fixiert.

Was fehlt jetzt noch bei den Vorbereitungen zur Langfahrt?

Die Liste der Vorbereitungen zur Langfahrt ist lang, aber das sind die wichtigsten Sachen:

Das Funkgerät muss noch getauscht werden. Wir haben uns dafür entschieden, unser „altes“ Funkgerät unter Deck einzubauen. Das hatten wir recht neu für die Dehler gekauft und bei dem Verkauf mitgenommen, da dieses über passives AIS verfügt. Wir haben noch ein extra aktives AIS, das wird wohl aber erst später eingebaut. Die Zeit wird dafür nicht reichen.

Wir haben eine undichte Stelle in der Achterkabine. Da müssen wir ran, da unsere Mitfahrer dort schlafen werden. Das geht natürlich nicht.

Die Badeleiter braucht noch eine Lösung, hier muss wohl auch etwas geschweißt werden.

Es gibt noch ein paar Sachen zum Verstauen aus dem Lager. Segel zum Beispiel, diese müssen noch untergebracht werden (eine Fock, der Spi). Wir müssen das ganze Raumkonzept noch optimieren, im Moment ist es noch ziemlich planlos, das geht auf jeden Fall besser!

Auch fehlt noch sicherheitsrelevantes Equipment wie die Epirb oder der JonBuoy. Corona und der Suez Kanal machen sich auch für uns bemerkbar. Grundsätzlich wollten wir ein Sicherheits-Seminar machen, das Komplettprogramm mit Einsteigen in die Rettungsinsel und Medizin-Basics. Coronabedingt musste das leider ausfallen, aber wir hatten ein tolles Online-Seminar und auch eine super telefonische Beratung hinterher durch Sailpartner. Danke Britta für deine Geduld – und das ist unbezahlte Werbung, da wir sehr zufrieden waren!

Und wir müssten auch mal Probesegeln und Systeme testen, das ist noch nicht passiert dieses Jahr. Es sind so viele Vorbereitungen zur Langfahrt, nicht ohne Grund nehmen sich viele zwei Jahre Zeit dafür.

Unsere Abfahrt ist der 24.07.2021.
Mal sehen, ob das klappt.

…wir sind schon mitten drin!

Kennst du unseren Trailer auf YouTube?

Wir träumen von einem Leben auf dem Boot und einer ganz langen Segelreise. Nicht „Einmal in drei Jahren um die Welt“ sondern von „Liveaboard“ und schauen, wo die Fahrt hingeht.

Hamburg, 31.01.2021. Ich, Marion, nehme dich jetzt mit auf eine Reise!
Die beginnt 2020, dem total verrückten Corona-Jahr. Das ist jetzt aber hier nicht das Thema.

2020 – Das neue Boot

Schon seit einiger Zeit schauen wir uns immer mal wieder nach einem größeren und für unseren Traum passenden Boot um. Im Frühjahr 2020 hatten wir zwei Boote gefunden, die uns direkt „auf dem Papier“ zugesagt haben. Beide lagen jedoch in Griechenland.
Wegen der Pandemie war das für uns aber nicht zu organisieren, wir wollten dieses Mal nur mit Gutachter kaufen.
Das eine der beiden Boote hatte es uns ganz besonders angetan, ein Stahlboot unter Schweizer Flagge. Gebaut in Deutschland, ausgebaut in der Schweiz und seit Jahren in Griechenland. Christoph begann, sich mit dem Thema Mehrwertsteuer auseinanderzusetzen. Das Ergebnis waren zwei sehr interessante Artikel: Unsere Erfahrungen zu Mehrwertsteuer bei gebrauchten Sportbooten und Nachweis der Umsatzversteuerung bei Schiffen. Die Dinge, die Christoph auf diesem Teil der Reise lernte, führten am Ende zu einer Entscheidung gegen das Boot.

Die Suche

Der Bootsmarkt nahm zum Sommer hin irrsinnige Formen an: es wurde alles gekauft und verkauft, was nur irgendwie schwamm. 35 füssige Rassys in sehr fragwürdigem Zustand und ohne jegliche Ausstattung zu über 60 T Euro. Insgesamt waren nicht viele interessante Boote auf dem Markt. Im Jahr vorher sah das noch deutlich besser aus. Mehr Angebot zu besseren Preisen. Auch an unserem Steg wechselten die Boote mitunter schnell die Eigner. Wir verabschiedeten uns langsam von dem Gedanken, in dieser Zeit ein Boot zu einem vernünftigen Preis zu finden.

Der Zufall

Aber wir hatten ja auch noch Zeit, Christoph hatte einen guten Job. Und da ich durch Corona nur noch wenig zu arbeiten hatte, wäre es ja unklug gewesen, den festen Job jetzt zu kündigen. Wer weiß schon, was kommt.

Unsere Stegnachbarn, Hilde und Jost, waren auch diesen Sommer wieder mit ihrer Dufour 39 für viele Wochen unterwegs. Seit dem ersten Tag an unserem Steg in Travemünde fand Christoph dieses Boot toll. Irgendwie war es für ihn immer die Verbildlichung seines Ziels. Schnell, groß, robust und tolle Linien.

Als die beiden von ihrem Sommertörn zurückkamen, war ich alleine beim Boot und wir unterhielten uns über ihre Reise. Sie erzählten, sie wollen das Boot verkaufen und aus gesundheitlichen Gründen auf ein Motorboot umsteigen. War klar, mein Anruf bei Christoph folgte sofort!

Und dann ging das Karussell los:
Probefahrt, Sachverständiger, Verhandlungen, Überlegungen. Uns wurde manchmal richtig schwindelig…

Ein paar Fakten zur Ariba

Dufour 39
BJ 1984
Baunummer 29
Gezeichnet von German Frers
Hochseetauglich, Klasse A
LÜA 11,98
Tiefgang 2,00
Rollgroß
Rollgenua
Bugstrahlruder
Radar
gute technische Ausstattung
Segelgarderobe überkomplett in sehr gutem Zustand

Hier gibt es ein Datenblatt und Pläne zur Dufour 39: Die Spezifikationen der einzelnen Modelle und Baujahre verändern sich stark, je nach Eignerwunsch wurde vieles angepasst. Später wurde auch das Innenlayout verändert. Unser Layout entspricht im wesentlichen dem ersten Grundriss.

Contra:

  • es ist kein Langkieler – dadurch viel Tiefgang
  • Keine Eigner-Achterkabine, nur zwei „Schlupfkabinen achtern“, der klassische Charterriss mit 3 Kabinen
  • Wenig Stauraum – keine tiefe Bilge, wenig Schränke
  • Nicht für Langfahrt ausgerüstet

Pro:

  • Stabiles und Eigner-gepflegtes Boot
  • Hell und viel Raum
  • Gute Grundausstattung
  • segelfertig
  • Tolles Segelverhalten (schnell und wendig)
  • keine Baustelle – ready to go

Der Sachverständige war einverstanden, der Motorspezi auch und man wurde sich einig. Das Boot ist von der Substanz gut, es ist mit Abstrichen und einigen Kompromissen für unser Vorhaben geeignet.
Das wichtigste aber: es war VERFÜGBAR und der Preis realistisch.
Also wurde zugeschlagen.

Natürlich musste Sleipnir auch verkauft werden. Das war emotional echt anstrengend, da es ja unser erstes Boot war. Wir hingen beide sehr an der Dehler. Wir haben viel mit ihr erlebt und erst mit ihr so richtig Erfahrungen rund um Boot und das Segeln sammeln dürfen.

Aber es musste ja sein. Wir hatten wieder Glück, gleich die erste Besichtigung war ein Volltreffer. Die Interessentin hatte sich direkt verliebt und kaufte gleich. Das erste Kapitel war 5 Tage nach unserem Inserat schon abgeschlossen.

Das neue Boot – der Startschuss!

Ich war Corona-bedingt das ganzen Frühjahr mehr zuhause als arbeiten. Natürlich dachte ich darüber nach, warum nicht jetzt auf Reise gehen? Natürlich haben wir viel darüber gesprochen. Aber gerade in solchen Zeiten wie der Pandemie ist es ja gut, ein gesichertes Einkommen zu haben.
Und dann bekam Christoph unerwartet ein Angebot seiner Firma, seine Abteilung wurde umstrukturiert. Viele Arbeitsplätze, darunter seiner, sollten entfallen.

Wir dachten kurz nach und die Entscheidung wurde getroffen: Wir haben das passende Boot, wir haben die Zeit, wir gehen jetzt auf Reise! Und damit wurde das Karussell angestoßen…

Wann soll es losgehen?

Start wird jetzt im Frühjahr 2021 sein. Wir sind gerade dabei, alle wichtigen Fragen zu klären: Versicherungen, Meldeadressen, Geschäftsbedingungen.

Mitte April wollen wir auf das Boot ziehen, das ist ja nicht in ein- bis zwei Tagen gemacht.
Bis dahin muss die Wohnung aufgelöst und ausgeräumt sein, die Unterlagen untergebracht und vor allem das Boot fertig sein. Vermutlich wird die Wohnung zu Ende April gekündigt. 

Ende April hat Christoph noch einen Termin an der Ostsee. Und dann hängt es nur noch davon ab, wie die Lage ist: ist das Boot soweit? Wie sieht es mit der Pandemie aus? Haben wir alles geregelt?
Wir machen uns hier keinen Stress. Wenn wir erst mal auf das Boot gezogen sind, ist schon ein großer Teil unseres Wunsches erfüllt!

Was ist noch am Boot zu machen?

Natürlich ist am Boot noch einiges zu machen. So wie bei jedem Boot gibt es normale Winterarbeiten, irgendwas ist da ja immer. Dazu kommt, das Boot soll autark und Langfahrt-tauglich werden. Wir werden nicht alles sofort machen können, aber zumindest das Autarke muss unter dem Corona-Aspekt gewährleistet sein.
Daher haben wir auch schon einen Wassermacher, einen neuen Strom-Generator und eine Windfahnensteuerung gekauft. Jetzt kommt noch Solar und eine Sicherheitsausrüstung dran.

Aktuell kümmert sich Christoph um die Erweiterung der Batterie-Kapazitäten.

Unsere Richtlinie dabei ist: KISS. Keep It Simple Stupid.

Nur so können wir das zeitlich und finanziell schaffen
Im nächsten Winter planen wir dann in Portugal an Land zu gehen und dort noch wichtige Dinge zu machen. Zum einen das, was wir schon wissen. Zum anderen das, was uns noch auffällt.
Die Seeventile sollten teilweise ausgetauscht werden. Das Antifouling muss neu, das ist noch nicht Langfahrt geeignet.

Wir haben uns dafür entschieden, das alles später zu machen. Wir wollen die Zeit auf der Segelreise lieber für Erfahrungen nutzen und wir werden nach einiger Zeit sowieso erst merken, was wirklich noch fehlt. Und das Boot ist ja soweit in einem super Zustand.

Wohin und wie lange soll die Segelreise gehen?

Beide Fragen sind so nicht zu 100% zu beantworten. Schliesslich haben wir immer noch eine weltweite Pandemie. Und wir waren noch nie länger als 4 Wochen unterwegs – und das auch nur auf 27 Fuß.

Zuerst starten wir Richtung Portugal. Ob wir jetzt den Ärmelkanal auf der englischen oder der französischen Seite durchqueren, ist noch offen. Das hängt von Reisebestimmungen ab. Dann vielleicht die Biskaya rein, Richtung Bordeaux. Das ist davon abhängig, wann wir los kommen. Schon der Weg von Hamburg durch den Englischen Kanal und die Biskaya ist ein spannender und aufregender erster Teil der Reise.
Und zum Winter wollen wir an Land gehen, um die restlichen Arbeiten zu erledigen. Das wird vermutlich Faro oder Umgebung. Dann geht es erst mal ins Mittelmeer. Hier gilt es einen tollen Sommer zu erleben. Und der nächste Winter wird auf den Kanaren verbracht.

Und weiter geht die Planung nicht, das ist so schon weit genug.

Die Länge der Segelreise ist davon abhängig, wie es uns gefällt. Wie wir zurecht kommen. Und wie das mit dem Geld aussieht.

Wie finanziert ihr die Segelreise?

Wir haben keine vermieteten Häuser oder Wohnungen. Keine Firma, die ohne uns läuft und uns Geld bringt. Wir haben ein wenig Erspartes. Nicht viel, aber es reicht für die erste Zeit.
Und dann müssen wir entweder Geld verdienen oder irgendwann die Reise beenden.

Jetzt mag es die Meinung geben, warum wir dann losfahren. „Man kann unterwegs kein Geld verdienen.“ Das sehen wir anders. Und wir wollen arbeiten. Wir fahren jetzt los, denn jetzt passt es. Wenn wir nicht jetzt fahren, dann fahren wir nie. Ich will nicht in zwanzig Jahren meinem Traum hinterher heulen.

Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn’t do than by the ones you did do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in your sails. Explore. Dream. Discover.

Mark Twain

Wir haben beide Fähigkeiten, die wir Remote anbieten werden. Natürlich sind auch der Blog und die Videos Teil unseres Modells, aber nur Teil. Es ist eine Mischkalkulation. Schliesslich soll es ja weiterhin Spaß machen.

Eine Segelreise während der Pandemie?

Bis wir loskommen wird es Mai. Bis dahin wird sich noch vieles tun in Bezug auf die Pandemie und die Bestimmungen. Die Impfungen gehen weiter und irgendwann sind auch wir dran.
Ja, wir werden uns natürlich impfen lassen.
Der letzte Sommer hat uns gezeigt, daß wir uns mit einem Boot gut in der Pandemie bewegen können. Wir werden auf unserer Segelreise autark sein, wir können auch 14 Tage Quarantäne auf dem Boot aushalten. Wir mögen uns gut leiden, daher schaffen wir das auch zu zweit auf dem engen Raum.

Und viele sind auch jetzt schon wieder in Europa unterwegs. Wir sind flexibel und offen für alles.

Gibt es einen Plan B?

Nein, keinen klaren. Die Segelreise ist mit Absicht so offen gewählt, damit wir auf veränderte Bedingungen reagieren können. Was wir definitiv wissen ist, die Reise wird uns verändern. Und auf diese Veränderungen sind wir gespannt und damit werden wir dann weiter durch das Leben gehen.

Leinen los zur Segelreise!

Wir haben lange nicht mit Euch da draussen darüber gesprochen, was wir vorhaben. Es ging alles so schnell, wir wurden quasi selbst überrannt. Das Boot hat uns gefunden, die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Es war noch so vieles ungeklärt und auch für uns noch offen. Aber in den letzten Wochen konnten wir die Dinge ordnen und schon viele Fragen klären.
Wir hoffen, du begleitest und weiter auf unserer Segelreise. Wenn du Vorschläge, Ideen oder Anregungen hast, freuen wir uns sehr darüber!

Es ist Ende November, ich sitze auf dem Sofa und lasse das Jahr gerade Revue passieren. So ein merkwürdiges Jahr, dieses 2020. Dieses Jahr ist einfach alles anders und die Welt wird wahrscheinlich nie mehr so sein, wie davor.
Und doch hatten wir einen unglaublich schönen Urlaub, den wir sonst nicht gehabt hätten. Hiddensee war nicht geplant…

Corona- Zwangspause

Nachdem wir im März von einem Tag auf den anderen nicht mehr ins Winterlager durften, stellten wir natürlich die Saison 2020 in Frage:
Sollen wir das Boot überhaupt ins Wasser bringen? Oder sollen wir lieber in Hamburg bleiben? Was wird aus unserem Urlaub? Und was passiert, wenn die Häfen wieder schließen?
Nach vielen Diskussionen und Gesprächen einigten wir uns darauf, das Boot nach Travemünde zu bringen und in Urlaub zu fahren. Wenn wir überhaupt ins Wasser kommen…
Und dann war es doch soweit, Mitte Mai durften wir wieder in die Halle und wir machten das nötigste am Boot fertig. Es wurde weniger als geplant und wir konnten tatsächlich nur die geöffneten Baustellen schließen.

Wegen dieser Verzögerung waren wir dann auch erst am 01. Juni in Travemünde. Noch waren die sanitären Anlagen in den Marinas geschlossen. Gut, eine Toilette haben wir ja an Bord, das geht schon mal. Aber was ist mit der Dusche?
Schliesslich wollen wir drei Wochen Urlaub machen. Also ab in den Outdoorladen und eine Solardusche gekauft – sicher ist sicher. Wir versuchen, uns auf alle möglichen Situationen vorzubereiten.

Urlaubsbeginn mal anders

Und dann startet der Urlaub eine Woche nach der Überführung – mit Maststellen in der Box. Eine ziemlich wackelige Angelegenheit, aber mit der Unterstützung der Stegnachbarn klappte das ganz gut. Danke nochmal!!!

Wo soll es denn jetzt hingehen? 2019 machten wir den Plan, nächstes Jahr nach Samsø zu fahren. Dänemark hat jedoch immer noch die Grenzen dicht. Der erste Gedanke war, die Ostsee Richtung Westen zu fahren, Richtung Flensburg, die Schlei. Da dort jedoch alle Dänemark – Lieger auf die Grenzöffnung warten, entscheiden wir uns um. Unser Ziel ist in diesem Urlaub „Wohin uns der Wind weht“. Und der wehte uns tatsächlich nach Osten. So oft kommt das in der Ostsee nicht vor.

Und wie immer in jedem Urlaub: das erste Ziel ist Grömitz. Grömitz ist quasi unser Absprunghafen, Grömitz geht immer. Doch auch hier ist es anders: einerseits so vertraut und gewohnt. Aber es ist ziemlich ruhig und leer in Grömitz, das ist ungewohnt.

Auf nach Poel

Am nächsten Morgen Leinen los nach Poel. Der Wind passt, die Sonne scheint. Der Urlaub kann beginnen. Ich schwächel ein wenig, wie immer zu Beginn der Saison: leichte Seekrankheit, noch keine Seebeine.
Poel ist eine sehr schöne, kleine Insel in der Wismarer Bucht. Wir lieben Poel, es ist sehr ruhig und hat einen wirklich tollen Strand direkt neben dem Hafen Timmendorf.
Es gibt auf Poel zwei Häfen: Timmendorf und Kirchdorf. Beide haben ihrem Charme und unterschiedliche Möglichkeiten.

Kirchdorf liegt quasi mitten auf der Insel, es ist der Dreh- und Angelpunkt der Insel. Hier ist die Festlandbrücke und der Fähranleger. Daher gibt es hier auch viele Restaurants, Läden und Supermärkte.

Timmendorf dagegen liegt direkt am Strand. Es gibt nur die strandtypischen kleinen Shops und wenige Restaurants. Aber dafür einen ganz tollen weiten Strand, mit Strandkörben. Direkt am Strand liegt ein großer Campingplatz mit allen typischen Einrichtungen: Minigolf und Pommes- Bude. Die Marina ist klein und fein, die Ansteuerung neigt zur Versandung. Meistens bekommt man noch einen Liegeplatz.

Wir liegen gerne in Timmendorf, der Strand ist für uns das wichtige Kriterium und wir mögen es gerne kleiner.
Auf Poel treffen wir uns mit Frank und Andrea, die wir damals in unserem Dänemark Urlaub in Rødvig kennengelernt haben. Schön ist das, wenn solche Freundschaften entstehen! Wir gehen zum Italiener, das erste Mal Essen gehen unter Corona – Bedingungen.

Eingeweht auf Poel

Angedacht ist ein Wochenende auf Poel. Dann wird das Wetter schlechter und es ist Sturm und Gewitter angesagt. Wir beschließen, uns auf Poel einwehen zu lassen. Es ist ein guter Platz dafür, windgeschützt und ruhig.

So nutzten wir die Zeit und packen das Longboard aus, um die Insel zu erkunden. Eine Corona – Errungenschaft: ich begann Longboarden, nachdem meine Inlineskates an Altersschwäche gestorben waren. Das Longboard von Christophs Sohn war bei uns im Keller und ich begann zu üben.

Dann müssen wir einkaufen und leihen uns E-Bikes, da der Supermarkt in Kirchdorf ist. Grundsätzlich sind Fahrräder eine gute Idee, allerdings hat der Wetterbericht tatsächlich recht und es beginnt aus Kübeln zu gießen und zu gewittern. Als Segler sind wir ja Wasser gewöhnt und wir radeln durch den Regen zurück.
Am nächsten Tag scheint wieder die Sonne, es ist aber noch Starkwind. So machen wir einen Strandtag, und lassen unsere Sachen trocknen. Der Inselkoller greift um sich, nach 5 Tagen wollen wir endlich los!

Nächster Stopp: Kühlungsborn

Frühmorgens legen wir ab nach Kühlungsborn. Es ist nicht weit, aber der Wind passt nicht. Also kreuzen wir den ganzen Tag. Das ist total okay, schließlich lagen wir 5 Tage fest…

Kühlungsborn ist eine schöne Marina. Es gibt eine nette Strandpromenade, an der in normalen Zeiten die Menschen sitzen und chillen. dieses Mal ist es ruhig, viele Geschäfte haben noch geschlossen. Wir spazieren ein wenig herum, doch die Stimmung ist irgendwie merkwürdig. Es gibt für jeden ein Eis und wir gehen zurück aufs Boot.

Schliesslich müssen wir die Weiterfahrt planen. Die Optionen:
Rerik und das Salzhaff – das ist echt nah, wenig segeln.
Warnemünde und Rostock – schöner Strand, aber das kennen wir schon.
Hiddensee – über Barhöft anzusteuern, das sind auf direktem Weg ca 60sm, für unser kleines Boot ziemlich weit.

Der Wind passt, wir sind immer noch „untersegelt“ nach 5 Tagen Poel. Also auf gehts nach Barhöft!

Leinen los Richtung Hiddensee

Sehr früh am morgen fahren wir los, die ersten Meilen unter Motor. Und dann schon das erste besondere Erlebnis: ein Schweinswal schaut vorbei und begleitet uns kurz. Endlich ist es soweit, der Wind frischt auf und wir können die Segel setzen. Es ist Segeln vom feinsten: moderater Wind und Sonne.

Wir beschäftigen uns mit Buchstabierübungen und chillen. Dann wieder ein: „pfscht“
Der nächste Schweinswal! Und diesmal begleitet er uns richtig lange, schwimmt mit, zeigt sich, dreht sich und spielt mit uns. Es ist immer wieder ein großartiges Erlebnis!
Übrigens meldet man Sichtungen von Schweinswalen hier: Schweinswalsichtung.de
Die Meldungen sind wichtig und dienen der Erhebung von Daten zum Bestand der vom Aussterben bedrohten Tiere!

Trotz schönstem Sommerwetter und gutem achterlichem Wind … Die Zeit beginnt lang zu werden. Es wird Zeit, anzukommen. Leider haben wir erst „half way“ … Wir diskutieren noch einmal das Einlaufen im Darßer Ort. Darßer Ort ist ein Nothafen und soll auch nur in Notfällen angelaufen werden. Es ist ein Naturschutzgebiet und es gibt vor Ort nichts. Da wir nicht in Not sind und auch Naturschutzgebiete schützen, fahren wir weiter.

Zwischenstopp: Barhöft

Nach 11 Stunden Fahrt ist es dann endlich soweit, wir erreichen Barhöft. Zu Barhöft gibt es nicht viel zu sagen, wir kennen Barhöft nur als Durchgangshafen. Es gibt es ein Restaurant und einen freundlichen Hafenmeister! Als wir 2017 das Boot aus Barth geholt haben, war Barhöft unsere erste Marina, auch nur als Durchgang. Damals gab es Bratkartofffeln im Restaurant. Das tat gut nach einem langen Segeltag. Dieses Mal gibts Brot und Karotten. Oder „Wurzeln“ wie es hier oben auch heißt.
Obwohl, eine Sache gibt es: Mücken. Unendlich viele Mücken! Ein Boot heißt „Muckenpatsche“ … ;-)

Morgens legen wir ab nach Hiddensee. Im Bodden ist es ganz windstill und wir haben ein Dejá Vù: das sieht hier aus wie damals im Smålandfahrwasser! Wunderschön!
Wir müssen motoren, haben aber die Hoffnung, es ist außerhalb vom Bodden Wind. Und das ist auch so! Wir fliegen die letzten Meilen nach Hiddensee. Dort haben wir die Wahl zwischen 3 Häfen: Kloster, Vitte und Neuendorf. Wir entscheiden uns für die goldenen Mitte und fahren nach Vitte (das reimt sich ja!).

Angekommen im Paradies – Hiddensee

Wir kommen mittags an, können uns einen Liegeplatz aussuchen und machen uns gleich auf den Weg zum Strand. Schliesslich haben wir Sommerurlaub und es scheint die Sonne. Was soll ich sagen? Schon auf dem Weg zum Strand sind wir schockverliebt in diese Insel. Und der Strand erfüllt mehr als unsere Erwartungen.
Der feinste, weißeste Sand, den ich in Deutschland je gesehen habe. Türkisfarbenes Wasser, die Sonne glänzt darauf. Traumhaft.
Wir sind absolut fasziniert und verliebt!

Hiddensee ist eine autofreie Insel. Es liegt alles nah und ist gut mit dem Fahrrad zu erreichen. Außerdem kann man gut „wandern“ oder spazieren. Ich weiß nicht, wie man das dazwischen so nennt. Es gibt alles was man braucht. Und was es nicht gibt, braucht man nicht.
Es ist die totale Entschleunigung und Erdung. Und nach den letzten Wochen im Corona-Universum ist das total wichtig und nötig. Wir kommen endlich etwas runter.

Die nächste Schlechtwetterfront ist angesagt. Am nächsten Tag ist es schon bewölkt und frisch. Wir mieten uns E-Bikes, um die Insel zu erkunden. Der Fahrradverleiher: „24 km hatte der Vorgänger, das schafft ihr sowieso nicht…“ Upps, der kennt uns nicht! Bei der Abgabe haben wir 27 km auf der Uhr.
Hiddensee ist von Anfang bis hinten schön, es gibt viel zu entdecken und tolle Ausblicke.
Ein paar Impressionen:

Wir checken das „Animationsprogramm“ der Insel. Es ist überschaubar, schliesslich ist noch Corona und Vorsaison. Es gibt ein „Zeltkino“. Kino, das gab es die letzten 2 Monate nicht! Und es läuft ein Film, den wir damals im Kino sehen wollten, es aber irgendwie nicht geschafft haben. Wir gehen ins Kino, wie aufregend! Natürlich mit Popcorn. Das gibt es am Eingang in kleinen Tütchen. Und das hat uns so gut gefallen, daß wir am nächsten Abend noch mal ins Kino gehen. Wie schön, wenn es keinen Freizeitstress gibt!

Von Hiddensee nach Rügen

Der Regen hat nachgelassen, das Wetter wird aber noch nicht wirklich besser. Wir bekommen einen kleinen Inselkoller und beschließen, uns im Bodden umzuschauen und fahren nach Rügen. Wiek wurde uns empfohlen als „hübsch“.
Also machen wir uns auf den Weg, es ist ja auch nicht weit. Irgendwie hatte ich schon bei der Ankunft in Wiek direkt das Gefühl, daß es mir nicht so gefällt. Aber das ist ja unfair, wir haben noch nicht mal richtig angelegt.

Wir marschieren los, uns ist nach Sightseeing und Eis. Außerdem ist mir nach Pizza heute Abend. Es gibt eine kleine und sehr hübsche gotische Kirche. Sehr schön. Aber wir finden keine Pizzeria und kein Eis, es gibt dafür Kuchen.
So bei Kaffee und Kuchen schauen wir uns an und stellen fest: das hier ist nicht unseres.
Also gehen wir an Bord und überlegen die Alternativen: Dranske oder zurück.

Lost Place – Dranske

Wir entscheiden uns für Dranske. Dort soll es einen „Lost Place“ geben, mehrer versunkene Schiffswracks. Wir beschließen, loszufahren. Die Ansteuerung ist boddentypisch: man beachte immer den Tiefenmesser! Wir legen an und sind zufrieden: hier gefällt es uns. Es ist keine Marina, es ist ein Segelverein, der sehr gerne Gastlieger aufnimmt. Und so werden auch wir direkt aufgenommen, man gibt uns den Schlüssel für das Vereinsheim, wo auch die Dusche ist. Es sieht aus wie in unserem Verein: ein liebevoll gestaltetes Seglerheim mit Wimpeln und unzähligen Bildern! Wer auch mal hin will … hier geht es zum Wittower Segelverein. Die Menschen sind freundlich und aufgeschlossen. Allerdings ist es nur ein Steg und ein Seglerheim, keine Marina. „Betreutes Ankern“ quasi.

Wir laufen los, um den „Lost Place“ zu finden. Christoph nimmt die GoPro mit – sicher ist sicher. Aber schon im Segelverein wurde uns gesagt, das Gelände ist abgeschlossen, man kommt da nicht hin. Christoph schlägt sich durchs Dickicht und kommt mit tollen Video – Aufnahmen zurück. Ich hatte mich mal wieder nicht getraut. Zu viele Mücken, zu viel Morast und Gestrüpp.

Pizza gibt es hier in Dranske auch nicht, aber einen unglaublichen Sonnenuntergang! Besseres Wetter meldet sich langsam an.

Am nächsten Morgen wollten wir die Schiffswracks von der Wasserseite aus nochmal schauen. 
Wir tuckern am nächsten morgen hin, doch der Wasserstand ist gegen uns: es ist fast nichts zu sehen.

Wir wollen weiter. Da das Wetter besser werden soll, suchen wir langsam wieder nach Strand. Schaprode hat laut Karte einen Strand. Es ist noch sehr windig und wir legen in Böen an, müssen ordentlich vertäuen. Schaprode ist hübsch und beschaulich. Aber Schaprode ist auch einer der Fährhäfen für Hiddensee. Es gibt einen großen Parkplatz und Touriprogramm: Cafe, Fischbude und Eis. Aber nur, wenn die Fähre fährt.
Eine kleine mittelalterliche Kirche gibt es, schön restauriert und hübsch anzusehen. Am Strand in Schaprode gibt einen großen Campingplatz, mit allem drum und dran. Der Strand selbst ist allerdings klein, wir sind so sehr verwöhnt von Hiddensee!

Und wieder Hiddensee?

Also entscheiden wir, zurück nach Hiddensee zu fahren. Wir wollen noch ein paar schöne Strandtage machen, bevor wir zurück müssen. Wir tanken noch in Schaprode und fliegen zurück nach Hiddensee.
Dort ist es schon deutlich voller als beim ersten Mal. Wir bekommen erzählt, daß es im Sommer hier keinen Platz gibt. Alles voll und sehr begehrt. Ich kann das verstehen!

Abschied von Hiddensee

Wir genießen noch zwei tolle Sonnentage mit vollem Programm: Softeis, Essen gehen, Sonnenuntergänge.
Aber der Abschied naht und damit auch die Törnplanung. Der Wind passt wieder und wir beschließen, richtig Strecke zu machen. Der Plan ist, noch ein bis zwei Strandtage rauszusegeln! Nächste Station ist entweder Kühlungsborn oder Warnemünde. Oder das ganz ambitionierte Ziel: Poel! Wir haben Rückenwind, es läuft gut. Doch die Dünung baut sich immer mehr auf und nach fast 60 Meilen ist es einfach genug: wir fahren nach Kühlungsborn, Poel ist einfach zu weit.

Nach einem sehr langen Segeltag fallen wir in die Koje. Das nächste Ziel ist Poel, hier wollen wir noch Strand genießen. Am morgen ist es wenig Wind und wir motoren.

Es ist sehr entspannt, wir freuen uns auf Poel. Bis… „Piep, Piep, Piep“ der Motoralarm. Gas runter, Rückwärtsgang. Normalerweise hilft das. Aber kurz danach wieder: „Piep, Piep, Piep“.
Motor aus, mitten im Fahrwasser und Naturschutzgebiet. Durchatmen. Nachdenken, alle möglichen Fehlerquellen durchprobiert: Wasserfilter, Thermostat. Christoph geht noch tauchen und prüft den Ansaugstutzen, alles ok. Merkwürdig.

Leichtwindsegeln nach Travemünde

Wir setzen Segel, schließlich haben wir ja ein Segelboot. Und bei viel Wind segeln kann ja jeder, hat mein Segellehrer immer gesagt. Also dümpeln wir so vor uns hin und suchen die Windfelder.
Krisensitzung: was machen wir? Alle Pros und Cons werden diskutiert und am Ende beschließen wir, direkt nach Travemünde zu segeln. Kurz darauf kommt auch der Wind und wir kommen nachmittags in Travemünde an. Das war auch eine gute Entscheidung, denn am nächsten Tag gab es ein Gewitter mit einer ordentlichen Böenwalze. Also letztendlich alles richtig gemacht!

Es hat sich mal wieder gezeigt, Meck-Pomm ist ein wunderschönes Segelgebiet, Hiddensee ein absolutes Kleinod und Urlaub an der Ostsee immer wieder toll. Hiddensee und Rügen, eine tolle Kombination!

Und wie sind unsere Pläne für 2021?

Ja, das ist ein ganz neues Kapitel… wer uns auf Instagram folgt, hat es schon mitbekommen: wir haben ein neues, größeres Boot. Damit geht viel mehr!
Und was wir damit vorhaben, erfährst du in einem der nächsten Artikel!
Also, wenn du es noch nicht gemacht hast: abonniere gleich den Newsletter und du wirst über neue Artikel und neue Videos informiert.
Und wenn du uns auf Instagram oder Facebook folgst, bist du ganz nah dabei!

Wenn du dich jetzt für das Segeln interessierst, weißt aber nicht wo und wie? Dann schau doch mal den Artikel: Segeln lernen als Erwachsener an, dort findest du hilfreiche Tipps für den Einstieg!

Und wenn du unsere Reise anschauen willst, hier ist der YouTube Link zu dem Video!
Weil wir so viel erlebt haben, sind es zwei Videos geworden…ich verlinke hier nur Teil 1

„Für Boote vor 1985 brauchst Du keine Mehrwertsteuernachweise“! Oder „Der Zoll darf Boote nicht mehr kontrollieren!“. Diese beiden Sätze habe ich häufiger gelesen oder gehört. Was meinst du? Stimmt oder stimmt nicht? Kleiner Hinweis: Nur weil du etwas schön häufiger gehört hast, muss das nicht richtig sein.

Falls du dich gerade mit dem Kauf oder Verkauf eines Bootes beschäftigst, wird das Thema aktuell. Oder sollte es zumindest. Als wir damals unser (erstes) eigenes Boot kauften, war das für uns noch kein Thema. Wie wir den Kauf damals angingen und was wir dabei erlebten kannst Du in dem Artikel Nicht nachmachen! Der Kauf unserer Dehler Optima 830 lesen. Jetzt sind wir schlauer und haben das beherzigt.

Zurück zur Steuer. Du brauchst also die richtigen Steuernachweise zum Schiff.

Worauf ist zu achten beim Thema Gebrauchtboot und Umsatzsteuer?

Welche Nachweise zur Mehrwertsteuer brauchst Du auf dem Boot? Reicht da die Originalrechnung der Werft? Reicht also ein einziger Nachweis, auch wenn das 30 Jahre her ist? Und was hat das nun mit dem Zoll zu tun?

Bild eines Fischkutters an Land in Dänemark
Je älter ein Schiff ist, um so schwieriger kann es sein, den ursprünglichen Kaufvertrag zu bekommen.

Und wie ist das eigentlich, wenn ich, sagen wir mal in Griechenland ein Boot von einem Schweizer kaufen möchte und die Umsatzsteuernachweise sind aus den Niederlanden? Das Boot wurde in Deutschland gebaut, dann in die Schweiz gebracht zum Innenausbau. Der dauerte 7 Jahre. Dann wurde das fertige Schiff wieder ausgeführt und liegt nun unter schweizer Flagge in Griechenland. Sind die niederländischen Steuernachweise für mich als künftiger deutscher Eigner ausreichend?

Klingt ganz schön konstruiert? Stimmt. Ist es aber nicht. Wir standen genau vor dieser Situation. Es war ein super Ding, überkomplett ausgestattet, gepflegt und fertig für die Langfahrt.

Wo finde ich Informationen zur Mehrwertsteuer bei Schiffen?

Meine eigene Recherche in diversen Online-Artikeln, Fachartikeln in bekannten Seglerzeitungen, Magazinen und Einträgen in Segelforen war widersprüchlich. Es kommt sehr auf Fachbegriffe, Details und Zusammenhänge an. Die Angaben halfen nur zum Teil und diese warfen bei mir zum Teil noch mehr Fragen auf.
Gespräche mit Maklern, Sachverständigen, dem Zoll in Emden und Hamburg und auch mit Bootseignern bestätigten meine Fragen und gleichzeitig auch die Unsicherheit, welche Herangehensweise jetzt richtig ist.

Also, wo finde ich nun verlässliche Informationen? Verlässliche Informationen findest Du grundsätzlich beim Zoll, z.B. auf der Seite des Zolls zu Steuerbefreiungen bei der Einfuhr und bei einem erfahrenen Steuerberater.

Mein Tipp: Verlasse dich speziell bei diesem Thema nicht auf Hörensagen oder Foren. Wobei ich Foren für Technik und Erfahrungen sehr schätze! Suche Dir verlässliche, hochwertige Quellen in Schriftform und beschäftige Dich damit.

Die beste Nachricht für dich: Du findest diese hochwertige Quelle hier im Fachartikel des Steuerberaters Tim Eselgrimm aus Schweinfurth exklusiv auf dem Hafenkino.blog: Nachweise zur Umsatzversteuerung von Schiffen.

Was ist den nun richtig bei der Mehrwertsteuer und Gebrauchtbooten? Und worauf kann ich mich verlassen?

Abend im Hafen von Neustadt i. Holstein
Abendstimmung im Hafen von Neustadt i. Holstein. Liegeplatzrechnung aufbewahren!

Ich wandte mich also mit meinen den Fragen zu dem schweizer Boot zuerst an den Zoll. Und dann mit den Antworten an einen Steuerberater. Dieser hatte in einem Seglerforum 2012 eine sehr kompetente Antwort gegeben und war mir hierdurch positiv aufgefallen.

Ich sprach ihn also mit unserem konkreten Thema an und seine Antworten waren klar, einfach und eindeutig. Und oft genauer, fundierter und überzeugender als die Aussagen des Zolls. Das Thema war auf einmal gar nicht mehr so kompliziert. Es hatte sich sehr gelohnt, ihn anzusprechen. Wir nahmen Abstand von dem schweizer Boot, denn die Ereignisse überschlugen sich auf einmal, doch das ist eine andere Geschichte.

Es entstand die Idee, den Steuerberater zu bitten einen Artikel für den HAFENKINO.blog zu verfassen. Er willigte ein! Und ich bin sehr stolz und begeistert, dass er für uns den ersten Gastartikel verfasst hat.

Weil es viele Abhängigkeiten und Details zu beachten gibt, empfehle ich Dir den Fachartikel des Steuerberaters Tim Eselgrimm: Nachweise zur Umsatzversteuerung von Schiffen

Die für mich wichtigsten „Learnings“ zu Steuernachweisen auf Sportbooten

  • Früher galt mal: Für Boote, die vor 1985 in Betrieb genommen wurden, muss kein Nachweis über die entrichtete Mehrwertsteuer geführt werden. Das war die sogenannte „Besenrichtlinie“ aus 1993 für Schiffe vor 1985. Diese Regelung gilt nicht mehr. Beispiel: Dein Boot ist z.B. aus 1971. Du brauchst also Nachweise über die korrekte Versteuerung. Da Du eine Mappe mit Rechnungen des Vorgängers erhalten hast, sollte das kein Problem sein. Die Originalrechnung der Werft ist noch vorhanden. Schon mal gut, oder? Trotzdem zeigt meine Erfahrung, dass viele diese Regelung noch für gültig halten, so teilweise auch der Zoll. Man kann es also zuerst damit versuchen, sofern das Boot nachweislich vor 1985 zugelassen wurde.
  • Heute gilt: Alle Waren, die sich in der EU befinden oder dort hergestellt wurden, gelten erst mal als Unionsware. Aber nur, wenn nicht das Gegenteil nachgewiesen ist. D.h. diese Waren gelten als ordnungsgemäß versteuert und verzollt. Und genau deswegen darf der Zoll kontrollieren, denn der muss ja feststellen, ob das Gegenteil der Fall ist.
  • Die Nachweise für Unionswaren müssen längstens 14 Jahre zurückreichen. Denn alles was davor war, gilt als verjährt. Das zeigt zum einen, dass die Originalrechnung zu dem Schiff zwar gut ist. Alleine bringt der Nachweis aber nichts, wenn der Kauf bzw. die Herstellung länger als 14 Jahre her ist. Daraus folgt: Es müssen mehrere Nachweise sein, doch wie viele und welche?
  • Es gilt „geeignete Nachweise“, es ist damit immer eine Einzelfallentscheidung, was anerkannt wird. Also z.B. alles was eine offizielle Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer ist, und diese muß in der EU ausgestellt worden sein. Und auch alles was nachweist, dass das Boot in der EU war. Z.B. Reparaturrechnungen, Liegeplatzrechnungen oder Hafengebühren, Logbücher, eventuell hilft auch Nachweis einer erfolgten Kontrolle durch Polizei oder Zoll mit Ort und Datum etc. Also alles, was zeigt, dass das Boot in dem fraglichen Zeitraum in der EU war.
  • Wichtig: Es dürfen keine Lücken in der Nachweisführung von 3 Jahren vorkommen. Und das liegt daran: Alles was länger als 3 Jahre nicht in der EU war, verliert seinen Status als Unionsware. Diese Ware müsste dann bei Kontrollen neu verzollt und versteuert werden. Denn: War das Boot vielleicht länger als 3 Jahre z.B. auf Langfahrt ausserhalb der EU und hat damit den Status als Unionsware verloren? Damit der Zoll nicht auf die Idee kommt, helfen die Belege. Und da kommen die „lückenlosen“ Nachweise ins Spiel: Was in der EU repariert wurde oder in der Marina lag, muss doch hier gewesen sein, oder? Und die Menge der Unterlagen ergibt sich daraus, dass alle (etwas weniger als) drei Jahre eine Rechnung da sein muss.
    Deswegen Lücken in den Nachweisen von mehr als 3 Jahren vermeiden oder anders gesagt: vor dem Ablauf der 3 Jahresfrist muss das Boot wieder nachweislich in der EU gewesen sein.

Und nun zu dem Fachartikel des Steuerberaters „Nachweise zur Umsatzversteuerung von Schiffen“

Nun, das waren unsere, sehr subjektiven Erkenntnisse aus Gesprächen und Telefonaten. Wer es aber definitv genau weiss ist der Steuerberater. Der hat noch viele weitere Zusammenhänge, Details und entscheidende Hinweise für Dich auf Lager.

Segelboote im Hafen von Grömitz am Morgen
Im Bereich der Lübecker Bucht wird vor allem in der Wismarer Bucht häufiger durch den Zoll die Steuerunterlagen an Bord geprüft

So z.B. der wichtige Hinweis nach dem INF3! Was nun das INF 3 ist, und wozu das gut ist, welche Steuernachweise Du zu Deinem Boot brauchst und warum ein gebrauchtes Boot neu sein kann, all das erfährst Du in dem folgenden Artikel.

Darüber hinaus gibt es wichtige Tipps, wie Du Dich bei Kontrollen verhalten solltest und was Du tun kannst, wenn der Zoll Dich doch abkassiert hat.

Und nicht zuletzt räumt er mit einigen verbreiteten Behauptungen und Irrtümern auf.

Fachlich ausführlich, im richtigen Zusammenhang und vielschichtig ist der Artikel. Du solltest Dir diesen nicht entgehen lassen. Ausserdem ist er vom Fachmann, damit wirklich fundiert, inhaltlich richtig und interessant zu lesen.

Ich garantiere dir: Ganz sicher ist das eine oder andere überraschend oder neu für Dich.

Hier geht es zum Fachartikel des Steuerberaters Tim Eselgrimm: Nachweise zur Umsatzversteuerung von Schiffen.

Also viel Spass damit!

Gastbeitrag von Tim Eselgrimm, Steuerberater

Die Kurzversion

Für diejenigen, die den Sachverhalt wirklich in Gänze nachvollziehen wollen wird es ein langer Text. Daher beginne ich für die Ungeduldigen mit einer Kurzversion, bevor ich lange aushole um zu begründen, warum das, was ich schreibe so ist wie es ist.

Hier die Kurzversion:

Sie müssen nachweisen, dass ihr Schiff die Eigenschaft als Unionsware (ehemals Gemeinschaftsware) innehat und dass dies längstens die letzten 14 Jahre ohne Unterbrechung der Fall war. Nachgewiesen werden kann das „auf geeignete Weise“, sprich entsprechende Belege, wie zum Beispiel die Logbücher der letzten 14 Jahre, geschmückt mit den dazu passenden Liegeplatzrechnungen. Ein vorliegender Kaufbeleg schadet nicht, ist aber nicht als absolutes Dokument des Nachweises zu verstehen und insbesondere ist ein Fehlen desselben noch lange kein Grund zur Verzweiflung.

Das Sportboot, ein Gegenstand wie jeder andere

Nun zur ausführlichen Version, die am Ende das gleiche Ergebnis hat, man aber nachvollziehen kann, warum das so ist. Die Bezeichnungen Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer verwende ich wahlweise und gleichwertig. Es handelt sich um dasselbe, auch wenn streng genommen Mehrwertsteuer korrekt ist. Bis 1967 hatte Deutschland ein Umsatzsteuer- bzw. Allphasen-Brutto-System, seit 1968 ein Mehrwertsteuer- bzw. Allphasen-Netto-System. Der Begriff Umsatzsteuer hat sich jedoch gehalten.

Wovon Sie sich gleich trennen sollten, ist der Gedanke, dass ein Schiff, rein rechtlich, etwas Besonderes oder Außergewöhnliches ist. Ja, Schiffe, insbesondere Sportboote wie Segelboote oder Motorboote finden in den Gesetzen gesonderte Erwähnung, jedoch nicht hinsichtlich eines besonderen Nachweises der Mehrwertversteuerung.
Besonderes Aufmerksamkeit erhalten Boote steuerlich lediglich im Zusammenhang damit, dass Aufwendungen für Sportschiffe im Allgemeinen das Einkommen nicht mindern dürfen. Darüber hinaus gelten Sportschiffe, ebenso wie Autos und Sportflugzeuge, eine Weile als „Neu“ obwohl Sie bereits in Verwendung sind. Daher kann ein innergemeinschaftlicher Erwerb stattfinden und auch beim Kauf durch Privatpersonen gegeben sein.

Hinsichtlich der Thematik des Nachweises der Umsatzversteuerung jedoch ist ein Schiff, egal ob neu oder Gebrauchtboot ein Gegenstand, wie jeder andere auch. Es gibt keinen Unterschied zwischen einem Sportschiff, egal ob Segelboot oder Motorboot, einem Golfschläger oder einem Paar Schuhe. Sie haben sicherlich schon einmal davon gehört oder in einer entsprechenden Reportage gesehen, dass der Zoll, besonders teure oder neue Gegenstände von Einreisenden genau unter die Lupe nimmt.

Meist sind das kostspielige Elektrogeräte wie Laptops oder Kameras, Schmuck oder Kleidung oder auch besonders teure Gegenstände wie zum Beispiel eine Profigolfausrüstung.

In solchen Fällen prüft der Zoll, ob die Gegenstände erstmalig in die EU eingeführt werden. Ist das der Fall, wird Einfuhrumsatzsteuer und ggf. Zoll fällig. Ein Schiff ist nichts anderes. Der Unterschied liegt darin, dass ein Schiff selbst gebraucht noch häufig einen Gegenstand von großem Wert darstellt. Das, und dass Schiffe regelmäßig die EU verlassen und wieder zurückkehren, macht diese selbstverständlich interessant für die Zollverwaltung.

Zoll und Einfuhrumsatzsteuer

(Fast) kein Zoll auf Sportboote

Die erste gute Nachricht an der Stelle vorneweg: Der Zoll auf Sportschiffe beträgt 0% (Aktuelle Ausnahme aufgrund des Handelsstreites sind Schiffe aus den USA mit 25 %). Das kann jeder selbst nachschlagen. Die entsprechende Internetseite ist Europe taxation customs. Der Zollcode für Sportboote, egal ob Segelschiffe oder Motorschiffe ist 89039110. Dort können Sie prüfen welcher Zolltarif aktuell gültig ist. Die zweite gute Nachricht ist, dass es Möglichkeiten gibt, sich davor zu schützen, Zoll und Einfuhrumsatzsteuer entrichten zu müssen, wenn das entweder noch nie nötig war oder bereits einmal gemacht wurde.

Waren innerhalb der EU haben Unionswarencharakter

Hierzu muss man wissen, dass alle in der EU hergestellten Gegenstände grundsätzlich Unionswaren sind (Art. 60 ff Zollkodex der Union). Gleiches gilt für Gegenstände, die bereits einmal offiziell in die EU eingeführt wurden und für die Zoll und Einfuhrumsatzsteuer entrichtet wurde (Artikel 127 Zollkodex der Union). Mehr Details zu Unionswaren auf der Seite des Zolls.

Kauft man einen Gegenstand bei einem Händler innerhalb der EU muss man sich darüber keine Gedanken machen. Sicherlich sind dann alle notwendigen Formalitäten bereits erfüllt. Möchte man selbst einen Gegenstand erstmalig in die EU einführen, muss man das mittels Anmeldung beim Zoll und Entrichtung der entsprechenden Abgaben tun.
Das entsprechende Formular hierzu ist ein T2L, das dann auch (zumindest aktuell noch) als entsprechender Nachweis dienen kann. Das T2L muss, soll es als Versteuerungsnachweis dienen, auf den aktuellen Eigner ausgestellt sein oder Beginn einer nachvollziehbaren Kette von Nachweisen sein.

An der Stelle sei angemerkt, dass die EU dabei ist eine Datenbank zu erstellen, die den Namen UZK PoUS-System haben wird (UnionsZollKodex Proof of Union Status-System) und in der schlussendlich alle Waren mit Unionswarencharakter erfasst sein sollen. 

Die Kontrolle jedes einzelnen Gegenstandes wird nach Inbetriebnahme des Systems ein Leichtes sein. Wann diese Datenbank mit zig Milliarden Gegenständen jedoch zum Einsatz kommt, weiß aktuell noch niemand.

Aufgrund der Annahme, eine lückenlose Erfassung zu ermöglichen, hat die EU auch die Grundannahme hinsichtlich der Eigenschaft als Unionsware geändert. Daher gilt seit 01.05.2016 jede in der EU befindliche Waren als Unionsware, solange nicht das Gegenteil festgestellt wird. Geregelt ist das in Art. 153 des Zollkodex der Union.

Dieser Umstand sorgt aktuell dafür, dass man an manchen Stellen lesen kann, der Zoll dürfe gar nicht mehr kontrollieren, da die Gegenstände per Gesetz als Unionsware gelten. Richtig, aber falsch. Ja, die Gegenstände gelten als Unionsware, aber nein, deswegen darf der Zoll noch immer kontrollieren. Waren innerhalb der Europäischen Union gelten nur als Unionsware „bis das Gegenteil festgestellt ist“ und feststellen darf der Zoll noch immer.

Interessant an der Stelle ist auch, dass Waren, die die Europäische Union verlassen und, ohne in ein Land außerhalb der Europäischen Union eingereist zu sein, wieder in die Europäische Union zurückkehren, ihren Unionswarencharakter nicht mehr verlieren (Art. 155 i.V. Artikel 263 und 269 des Zollkodex der Union).

Für Segler und Motorbootfahrer ist das insbesondere deswegen von Bedeutung, da damit in vielen Fällen das Thema „Rückware“ nicht mehr so brisant ist, womit wir beim nächsten Punkt der Frage „wie kann ich mich schützen“ ankommen.

Rückwaren

Verlassen des Binnenmarktes auf begrenzte Zeit

Rückwaren sind Waren, die für einen vorübergehenden Zeitraum, das Gebiet der Europäischen Union, den Binnenmarkt, verlassen und wieder in diese zurückkehren. Der Zeitraum darf nicht länger als 3 Jahre sein. Verlässt eine Ware die EU, ohne wieder auf direktem Weg in die EU einzureisen, verliert diese den Unionswarencharakter. Kehrt sie wieder zurück, löst dies zunächst grundsätzlich eine erneute Abgabepflicht aus (Art. 201 Zollkodex der Union).
Auf die Abführung der Abgaben kann jedoch auf Antrag verzichtet werden (Art. 203 Zollkodex der Union), wenn die Rückkehr binnen 3 Jahren nach Verlassen des Gemeinschaftsgebietes erfolgt ist. Aufgrund der erwähnten Änderung bleibt der Unionswarencharakter jedoch dann erhalten, wenn eine Ware die EU zwar verlässt, jedoch direkt wieder in diese zurückkehrt. Das hat zur Folge, dass bei der Rückkehr für diese Waren auch keine erneute Abgabenpflicht ausgelöst wird.

Ja, das mag egal erscheinen, bedeutet jedoch, dass, wenn ich zum Beispiel in Griechenland kontrolliert werde und nachweisen kann, dass ich ohne Zwischenstopp aus Italien komme, die Prüfung an der Stelle eigentlich schon vorbei ist, da gar keine neue Abgabepflicht ausgelöst wurde.

Schade ist in dem Zusammenhang, dass Großbritannien demnächst nicht mehr zur EU gehören wird. Das Thema Rückware ist aber genau der Rettungsanker, der vielen Bootseignern sehr gelegen kommt, wenn es um den Nachweis des Unionswarencharakters geht. Wie bereits beschrieben, unterliegen Waren, die von Drittländern in die Europäischen Union befördert werden, zunächst grundsätzlich der Abgabenpflicht. Von der Abgabenpflicht kann abgesehen werden, wenn es sich um Rückwaren handelt, also Waren, die das Gebiet der EU zuvor verlassen haben und nun zurückgebracht werden.

Nachweisführung bei Rückwaren

Dass es sich um Rückwaren handelt, lässt sich relativ einfach nachweisen, wenn man VOR Antritt der Reise ein entsprechendes Formular besorgt hat. Hier kann ein vereinfachter Nämlichkeitsnachweis (Formular 0330, Verwendung nur in Deutschland) oder das Auskunftsblatt INF3 (Formular 0329, Verwendung in der EU) verwendet werden. Beide Formulare bescheinigen dem Gegenstand vor Abreise, dass dieser Unionswarencharakter hat.

Selbstverständlich kann auch auf andere geeignete Weise nachgewiesen werden, dass der Gegenstand, den man wieder mitbringt, eine Rückware ist. Für die allermeisten Gegenstände ist das der Kaufbeleg, mit dem man nachweisen kann, dass man diesen Gegenstand innerhalb der EU erworben hat. Es geht nur darum, nachzuweisen, dass der Gegenstand bereits Unionswarencharakter hatte. Im Gegensatz zu den meisten Waren, die von Reisenden Aus- und wieder Eingeführt werden, haben selbst Gebrauchtboote häufig einen beachtlichen Wert. Daher reicht der Originalbeleg des Erwerbs im Zweifel nicht (mehr) aus, insbesondere dann, wenn der Kaufzeitpunkt bereits eine Weile in der Vergangenheit liegt.

Das Formular INF 3 als Hilfe beim Nachweis der Versteuerung

Sie haben Zweifel, ob Sie den erforderlichen Nachweis der Versteuerung führen können, oder möchten den ggf. strittigen Sachverhalt nicht auf See mit einem kontrollierenden Zöllner erörtern? Dann besteht eine Möglichkeit mittels eines Formulars INF 3 in Ruhe zu klären und nachzuweisen, dass das Schiff Unionswarencharakter hat. Das INF 3 ist ein Nachweis, dass die Ware in der EU im freien Verkehr, also versteuert und verzollt, ist. Das Formular ist 3 Jahre gültig und kann der Beginn eines durchgehenden Nachweises sein, dass der Unionswarencharakter seit Ausstellung nicht verloren gegangen ist. Das Muster eines Formulars 0329 INF 3 kann man hier ansehen.

Der entscheidende Tipp:

Sollten Sie ein gebrauchtes Schiff erwerben wollen, bei dem Unsicherheit besteht, ob ein Nachweis der Versteuerung geführt werden kann, teilen Sie den Kaufpreis auf.

Vereinbaren Sie mit dem Verkäufer, dass Sie einen Teil des Kaufpreises zurückbehalten oder auf ein Treuhandkonto legen. Dieser Teil des Kaufpreises wird erst fällig, wenn sie in der Lage waren, sich ein INF 3 zu besorgen.

Alternativ können Sie beim Gebrauchtbootkauf zur Bedingung machen, dass der Verkäufer ein INF 3 vor dem Verkauf auf sich ausstellen lässt, das für Sie dann zusammen mit dem Kaufvertrag ein geeigneter Versteuerungsnachweis ist.

Wo bekomme ich ein INF 3 Formular und wie kann ich es abzeichnen lassen?

Das INF 3 wird vom Zoll abgezeichnet, ist jedoch im Gegensatz zum vereinfachten Nämlichkeitsnachweis, nicht beim Zoll erhältlich. Sie müssen das INF 3 zunächst kaufen. In der Regel wird das Formular von den Industrie- und Handelskammern angeboten.

Abzeichnen kann jedes Zollamt, es gibt keine Zuständigkeit (aber nur Zollämter, keine Hauptzollämter). Um das Formular abzeichnen zu lassen, ist jedoch eine körperliche Vorführung notwendig, auf die in Ausnahmefällen verzichtet werden kann. Nun dürfte die körperliche Vorführung eines seegängigen Schiffes in der Regel eher schwierig sein, sodass dem Grunde nach ein berechtigter Ausnahmefall gegeben sein dürfte. Sieht das der Zöllner in dem von Ihnen gewählten Zollamt anders und besteht darauf – gehen Sie zum nächsten Zollamt.

Beim Zoll müssen Sie geeignete Nachweise vorlegen, die annehmen lassen, dass das Schiff entweder Unionswarencharakter hat, oder zumindest die letzten bis zu 14 Jahre den Unionswarencharakter nicht verloren hätte.

Das kann alles Mögliche sein. Eine Originalrechnung mit daran anschließenden Logbüchern, Hafengebühren der letzten Jahre, Reparaturrechnungen etc. etc.

Handelt es sich um einen Eigenbau, die Materialeinkaufsrechnungen. Das Schiff hat mit Herstellung innerhalb der EU automatisch Unionswarencharakter erhalten, wer es hergestellt hat, spielt keine Rolle. Denken Sie aber bitte daran: Wer zum Zoll geht, kann auch abkassiert werden. Heißt, gelingt es Ihnen nicht, den Zoll davon zu überzeugen, dass das Schiff aktuell eine Unionsware ist, wird gleich die Einfuhrumsatzsteuer fällig.

Gut, dann hat man natürlich auch Gewissheit, wenn auch nicht wie gewünscht. Sollte Ihnen das passieren und Sie sind der Meinung, dass eine Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer ungerechtfertigt vorgenommen wurde wenden Sie sich bitte umgehend (!) an einen Steuerberater, z.B. an uns, damit innerhalb der Einspruchsfrist eine Überprüfung stattfinden und möglicherweise eine Rückerstattung veranlasst werden kann.

Irgendwann ist gut – Eintreten der Verjährung

So, sie haben nun eine Vorstellung, worum es eigentlich geht.

Nun möchte ich Ihnen noch erklären, warum die Originalrechnung „nett“ aber oft nicht notwendig ist und warum ich die Behauptung aufgestellt habe, dass man einen Zeitraum von bis zu 14 Jahren betrachten muss. Dies gilt für Deutschland. In den anderen EU-Ländern können abweichende Regelungen gelten, wobei alle mir bekannten Fristen in den anderen EU-Ländern kürzer sind.

Man muss sich an der Stelle zwei Dinge vor Augen führen. Zum einen, dass nahezu alles was in diesem Zusammenhang, egal von welcher Seite, angeführt wird, bestenfalls ein Anscheinsbeweis ist. Ausserdem, dass wir uns dem Grunde nach über die Thematik Abgabenhinterziehung unterhalten.

Anscheinsbeweis deswegen, weil, zumindest in der Theorie, ein einzelner Beleg meist fast nichts beweisen kann. Eine Originalrechnung zum Beispiel lässt vermuten, dass der Käufer seit dem Kauf unverändert der Eigentümer einer Sache war. Genauso gut aber, kann der Eigentümer mit seinem Schiff und Originalrechnung aus 2015 die EU zwischenzeitlich für mehr als 3 Jahre verlassen haben, sodass eigentlich eine erneute Versteuerung vorzunehmen gewesen wäre.

Das heißt eine vorliegende Originalrechnung ist noch kein schlussendlicher Beweis für irgendwas, sondern stützt nur die ggf. widerlegbare Vermutung, dass die Versteuerung korrekt ist.

Nicht entrichtete Einfuhrumsatzsteuer ist in der Regel Steuerhinterziehung

Damit kommen wir zum Thema, was denn wäre, wäre die Versteuerung tatsächlich bislang nicht erfolgt. Das wäre ein Fall von Abgabenhinterziehung.

Die zu entrichtenden Abgaben sind Einfuhrumsatzsteuer und ggf. Zoll. Beide haben ähnliche Zeiträume und Bedingungen hinsichtlich der Verjährung der Abgaben und da der Zoll ohnehin 0 % beträgt und es bei 0 % keine Abgabe und somit auch keine Hinterziehung geben kann, konzentriere ich mich nur auf die Einfuhrumsatzsteuer. (Der Zoll auf Schiffe aus den USA wird sicherlich wieder wegfallen, wenn der Handelsstreit beigelegt wird.)

Hierzu ein kleiner Ausflug in die Abgabenordnung. In der Abgabenordnung (§ 169) ist geregelt, dass eine Steuer nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums nicht mehr festgesetzt, aufgehoben oder geändert werden darf.

Es tritt dann Rechtsfriede ein und egal wie falsch etwas eventuell war, es wird nach Ablauf dieser Frist nicht mehr verfolgt. Und die verjährt (nach deutschem Recht) nach maximal 14 Jahren.

Normalerweise würde die Festsetzungsfrist nach 4 Jahren enden. Im Fall einer Steuerhinterziehung jedoch erst nach 10 Jahren. (§ 169 (1) Satz 2 AO). Nun ist es jedoch leider so, dass zunächst festgestellt werden muss, wann die Festsetzungsfrist überhaupt beginnt. Dies ist im Fall von Steuern, für die eine Erklärung abzugeben ist, mit Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer angemeldet oder erklärt wurde, spätestens jedoch mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, nach Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 AO). Hinsichtlich des nicht versteuerten Schiffes kann davon ausgegangen werden, dass nie eine entsprechende Erklärung abgegeben wurde. Heißt also, die Verfolgung der Steuerhinterziehung endet bis zu 13 Jahre und 365 Tage nachdem die Tat begangen wurde.

Ein Beispiel:

Anmeldung wäre erforderlich gewesen im Mai 2006. Es wurde keine Erklärung oder Anmeldung vorgenommen. Nicht im/für Mai 2006 und auch nicht für das Veranlagungsjahr 2006. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des 3. Kalenderjahres nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Das wäre also der 31.12.2009 um 24:00 Uhr. Die Festsetzungsfrist beträgt 10 Jahre und endete damit am 31.12.2019.

Heißt, selbst wenn nun im Jahr 2020 herauskäme, dass in, beziehungsweise für, 2006 die Steuer anzumelden und abzuführen gewesen wäre, wird das nun nicht mehr verfolgt, da die Steuer nicht mehr festgesetzt werden kann.

Nun mag jemand denken „nein, falsch, Betriebsprüfungen gehen auch immer maximal 10 Jahre zurück“.

Ja, stimmt schon, meistens zumindest, das liegt aber daran, dass übliche Geschäftsunterlagen für 10 Jahre aufzubewahren sind. Das heißt länger als 10 Jahre zurück ist, völlig rechtskonform, in der Regel alles weg, was noch geprüft werden könnte.

Allerdings gilt das nicht für Anschaffungen, die dauernd zu dienen bestimmt sind. Diese Rechnungen sind so lange aufzuheben, bis die betriebsübliche Nutzungsdauer verstrichen ist, plus 10 Jahre. Das heißt für ein Schiff kommt dieser Effekt nie zum Tragen, da die Festsetzungsverjährung stets eher eingetreten ist.

Höhe der nachzuentrichtenden Steuer

Der zu versteuernde Wert des Schiffes (die Bemessungsgrundlage) richtet sich dabei nach dem aktuellen Zeitwert zu dem Zeitpunkt, wenn es in die EU eingeführt wird. Dies ergibt sich aus § 11 Umsatzsteuergesetz in Verbindung mit Artikel 70 Unionszollkodex. Es kann daher sinnvoll sein, dass, wer mit einem brandneuen Schiff eine Weltreise plant, das Schiff außerhalb der EU ausliefern lässt. Die Auslieferung kann dann ohne Umsatzsteuer erfolgen.

Die Besteuerung erfolgt dann erst nach Rückkehr in die Europäische Union in Höhe des dann bestehenden Zeitwerts. Hier wiederum wird der Austritt Großbritanniens aus der EU für den ein oder anderen angehenden Langstreckenfahrer sicherlich angenehm sein, insbesondere auch, was die Ausrüstung der neuen Yacht vor Antritt der Reise anbelangt. Hierzu aber die Thematik der vorübergehenden Verwendung für Großbritannien prüfen und im Auge behalten.

Nicht vergessen werden sollte, dass unterlassene Anmeldung von Zoll und Steuern grundsätzlich eine strafbare Handlung darstellt und entsprechend geahndet werden kann.

Je nach schwere des Vergehens kann daher neben der nachzuentrichtenden Steuer bzw. Zoll zusätzlich eine Geldbuße oder auch eine Freiheitsstrafe verhängt werden. Bei Beträgen bis 50.000 EUR Steuerhinterziehung wird aktuell in der Regel lediglich eine Geldstrafe fällig, bei Beträgen über 50.000 EUR kommt eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren in Betracht.

In der Regel wird es nicht dazu kommen, dass bei der Versteuerung von Schiffen Fälle aus der Vergangenheit auftreten. Das Schiff wird kontrolliert, kann den Nachweis nicht führen und gilt als zu diesem Zeitpunkt in die EU eingeführt. Sollte aber nachgewiesen werden, dass die Einfuhr bereits in der Vergangenheit stattgefunden hat, ist die Steuerschuld auch noch zu verzinsen.

Nachweis des Unionswarencharakters

Startzeitpunkt bestimmen

Idealer Weise kann man mittels eines eindeutigen Nachweises zu einem bestimmten Zeitpunkt nachweisen, dass das Schiff Unionswarencharakter erlangt hat.

Das kann die (innerhalb der EU ausgestellte) Kaufrechnung sein, ein Formular INF 3 das man sich geholt hat, sollte man das Schiff selbst importiert haben auch ein T2L oder die Anmeldung als innergemeinschaftlicher Erwerber.

Hat man einen solchen Nachweis ist es immer von Vorteil diesen mitzuführen. Liegt er jedoch länger als 3 Jahre zurück müssen dennoch weitere Nachweise geführt werden.

Geeignete Nachweise, dass der Unionswarencharakter nicht verloren gegangen ist

Wenn man einen Startzeitpunkt hat, ist es wichtig ab diesem den Nachweis führen zu können, dass das Schiff seither den Unionswarencharakter nicht verloren hat. Sie erinnern sich, das ist zunächst grundsätzlich dann der Fall, wenn das Schiff ein Land außerhalb der EU anläuft. Das kann noch unschädlich sein, wenn das Schiff binnen 3 Jahren wieder in die EU zurückkehrt. Dies gilt es nachzuweisen.

Hierzu kann man Bände mit diversen Belegen füllen, aber wer will schon den Papierkrieg auf dem Schiff mitführen.Ich empfehle Ihnen daher, durchaus viele Belege zuhause zu sammeln (eine Klarsichtfolie für jedes Jahr z.B.), Hafengebühren bei Törns zum Beispiel.

Ebenso würde ich für zumindest 14 Jahre die Logbücher zuhause aufbewahren. Ich kann Ihnen aber nicht raten jedes „Fitzelchen“ Papier der letzten 14 Jahre an Bord mitzuführen

Was Sie mitführen sollten sind eindeutige Belege, aber nicht zu viel davon.

Das kann zum Beispiel eine Kopie der Liegeplatzgebühren des Heimathafens oder Kopien von größeren Instandsetzungsarbeiten in der jüngeren Vergangenheit sein. Ebenso sollten Sie zumindest für die letzten paar Jahre die Logbücher dabeihaben.

Die Anzahl der mitgeführten Nachweise nicht übertreiben

Hierbei müssen Sie es nicht übertreiben. Die Nachweise müssen plausibel und schlüssig sein und insbesondere ein Startzeitpunkt ist wichtig. Viele Zöllner kennen sich wie gesagt in der Materie auch nicht 100%ig aus und sind schon glücklich, wenn man ihnen einen Startzeitpunkt präsentieren kann.

Liegen dazu noch geeignete Nachweise aus den letzten Jahren vor, sollte der Drops eigentlich gelutscht sein. Ansonsten hat man noch immer die Möglichkeit im Nachhinein weitere Nachweise und Belege vorzulegen.

Besonderheiten und „urban legends“

Wer bis hierhin durchgehalten hat, weiß nun auch, warum die Originalrechnung häufig gar nicht mehr von Belang ist und warum es wichtig ist, nachzuweisen, dass das Schiff in den letzten bis zu 14 Jahren den Unionswarencharakter nicht verloren hat.

Wichtig ist dabei vor allem für Käufer ein „Start der Betrachtung“, das kann jegliche Rechnung eines Händlers innerhalb der Europäischen Union sein (auch wenn es zum Beispiel eine Rechnung nach der Differenzbesteuerung ist) oder eben ein entsprechendes Zollformular wie das T2L nach einer tatsächlichen Einfuhr oder eben ein INF 3 das man sich geholt hat, sowie entsprechende Nachweise seit diesem Zeitpunkt.

Sie sind nun mit dem nötigen Wissen ausgestattet, um vermutlich sogar dem ein oder anderen Kontrolleur noch etwas Neues erzählen zu können, denn die Zöllner vor Ort sehen meist das Ganze gar nicht, beziehungsweise können sie das auch nicht, da Teile außerhalb ihres üblichen Rechtsgebietes liegen. Mit dem nun erlangten Wissen und geeigneten Nachweisen (sammeln Sie ein paar und nehmen diese zu den Schiffspapieren und Logbüchern) sind Sie sicherlich gut gewappnet.

Zum Schluss möchte ich noch auf einige Besonderheiten und allgemein verbreitete Irrtümer eingehen.

Erwerb eines neuen Schiffes in einem anderen Land der Europäischen Union

Sollten Sie sich dazu entscheiden, ein neues Schiff mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern, in einem anderen Land innerhalb der Europäischen Union zu kaufen, müssen Sie beachten, dass bei Schiffen, Flugzeugen und Fahrzeugen diesbezüglich eine besondere Regelung besteht.

Diese Schiffe gelten bis 100 Betriebsstunden oder drei Monaten Alter als „Neu“ im Sinne von § 1b UStG. Dies bedeutet, dass, wenn Sie ein Schiff neu oder sehr wenig gebraucht im EU-Ausland erwerben, Sie damit einen innergemeinschaftlichen Erwerb auslösen und das Boot OHNE ausländische Umsatzsteuer erwerben. Sie sind daher gezwungen, eine entsprechende Meldung an die zuständigen Finanzbehörden abzugeben und die Steuer auf das Schiff in Deutschland zu entrichten.

In diesem speziellen Fall zählen der Kaufbeleg, die Anmeldung in Deutschland, sowie der Zahlbeleg der Umsatzsteuer zu den Schiffspapieren.

Erwerb eines Schiffes aus einem Drittland (außerhalb EU) – egal ob neu oder gebraucht

Selbstverständlich steht es Ihnen frei, ein Boot, egal ob gebraucht oder neu in Ländern außerhalb des Gebietes der Europäischen Union zu kaufen. Ist der Verkäufer in der Lage Umsatzsteuer des jeweiligen Landes auszuweisen, können Sie sich diese nach Ausfuhr des Schiffes vom betreffenden Land oder dem Verkäufer ersetzen lassen.

Egal ob Sie sich eventuell gezahlte Umsatzsteuer ersetzen lassen können oder nicht. Sobald Sie das Schiff in die Europäische Union einführen muss dieses verzollt und versteuert werden, und zwar mit dem Umsatzsteuersatz des Landes, in das der Gegenstand bei der Einfuhr erstmalig gelangt. Das entsprechende Formular gehört zusammen mit dem Zahlbeleg der Abgaben zu den Schiffsbelegen.

Differenzbesteuerung – Originalrechnung ohne ausgewiesene Umsatzsteuer

Sie haben ein Gebrauchtboot von einem Händler/Makler erworben und dieser weist keine Mehrwertsteuer auf der Rechnung aus, da es sich um ein gebrauchtes Schiff handelt, dass dieser seinerseits von einer Privatperson ohne Umsatzsteuer gekauft hatte.

Sie müssen sich keine Gedanken machen. Es obliegt dem Händler beim Einkauf zu klären, ob mit dem Schiff rechtlich „alles in Ordnung“ ist. Für Sie ist die Rechnung vom Händler ohne ausgewiesene Umsatzsteuer, aber mit dem Hinweis, dass es sich um eine Differenzbesteuerung handelt völlig ausreichend.

Die „Besenrichtlinie“ aus 1993 für Schiffe vor 1985 – gibt es nicht mehr

Es ist noch immer an vielen Stellen zu lesen, dass Schiffe mit einem Baujahr von vor 1985 grundsätzlich von einem Nachweis der Versteuerung ausgenommen sind. Ja, es gab eine entsprechende Regelung, aber diese wurde aufgehoben und bereits zuvor falsch verstanden.

Dazu muss man wissen, dass 1993, im Jahr der Gründung der Europäischen Gemeinschaft, die bestehende gültige Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG durch die Richtlinie 92/111/EWG geändert wurde. (Zuvor handelte es sich um die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG). In dieser Richtline ist unter den „Übergangsvorschriften“ ein Passus zu finden, nach dem Einfuhrabgaben nicht fällig werden, wenn ein Gegenstand vor dem 01.01.1985 hergestellt wurde.

Das Ziel ist, dass nicht unmögliches verlangt werden kann, nämlich einen Nachweis zu führen, der vor 1985 ggf. noch gar nicht geführt werden konnte.

Die gleichen Ausnahmeregelungen gab es für Finnland, Österreich und Schweden, Stichtag 01.01.1997, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Zypern, Litauen, Estland, Lettland, Malta, Slowakei und Polen, Stichtag 01.05.1996, sowie Rumänien und Bulgarien mit Stichtag 01.01.1999.

Diese Regelungen sind jedoch schon lange aufgehoben. Die komplette Richtlinie 77/388/EWG wurde zum 01.01.2006 durch die Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG ersetzt.

Aber kein Steuertatbestand für „alte Schiffe in neuen Binnenmärkten“

Gemäß Artikel 408 in Verbindung mit Artikel 410 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG sind Fahrzeuge bei Einfuhr von der Abgabe von Steuern freigestellt, wenn sie länger als 8 Jahre vor dem Eintritt eines Landes in die EU in dessen Binnenmarkt in Betrieb genommen wurden.

Was jedoch nicht von jeglicher Nachweisführung entbindet

Ob ein Fahrzeug diese Bedingung erfüllt muss selbstverständlich nachgewiesen werden und stellt daher keine so große Erleichterung dar, wie man zunächst annehmen könnte.
Habe ich zum Beispiel einen Kaufvertrag aus 2017 zwischen einem Slowenen (wohnhaft in Slowenien), und mir über eine Elan 33, Baujahr 1995, würde mir das in dem Fall wenig helfen, da daraus die Historie des Schiffs nicht hervorgeht. Auch hier hilft den Zeitraum nachweisen zu können, der innerhalb der Verjährungsfristen liegt.

Der Zoll darf gar nicht mehr kontrollieren?

Diese Behauptung liest man aktuell gelegentlich. Der Ursprung rührt daher, dass (siehe 3.2 Waren innerhalb der EU haben Unionswarencharakter) seit Mai 2016 Gegenstände, die sich innerhalb der EU befinden, automatisch Unionswarencharakter innehaben. Das ist jedoch nur der Fall, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist.

Zu entsprechenden Ermittlungshandlungen ist der Zoll selbstverständlich befugt. Die abgeleitete Behauptung, dass der Zoll nicht mehr kontrollieren und Ermitteln dürfe ist nich daher nicht haltbar.

Das Flaggenzertifikat genügt als Versteuerungsnachweis?

Nein, leider nicht. Zwar lassen sich von Internationalem Bootsschein oder Flaggenzertifikat manchmal ausländische Zöllner beeindrucken, ein Nachweis der Mehrwertversteuerung ist es jedoch leider nicht.

Ich wurde kontrolliert und musste Nachentrichten – kann man da noch was machen?

Erstmal weiterfahren können und nicht an der Kette liegen

Nicht verzweifeln. Bevor man sich mit einem Zöllner auf dessen Terrain anlegt, gibt man lieber klein bei und beißt in den sauren Apfel. Das kann Ihnen kaum jemand verdenken und ich kann das gut nachvollziehen. Da fehlen häufig einfach die Grundlagen um sich mit dem Beamten auf fachlich hohem Niveau auszutauschen und nachgelesen hat man die sich auch nicht eben in zwei Minuten auf dem Wasser bei der Zollkontrolle.

Bevor einem der Zoll das Schiff an die Kette legt, macht man lieber den Geldbeutel auf und bezahlt die Chose erstmal.

Und dann im Einspruchsverfahren den Sachverhalt klären

Egal ob Sie direkt von Ort die Steuer geleistet haben oder zunächst nur eine Zahlungsaufforderung haben, auf den Bescheid kommt es an. Solange Sie in der Einspruchsfrist sind (ist auf dem Bescheid vermerkt, zumindest auf allen die ich kenne) können Sie auch nach der Kontrolle und nach Zahlung Widerspruch bzw. Einspruch einlegen.

Hierbei muss begründet werden, was am Bescheid falsch ist. Können Sie im Nachgang nachweisen, dass die Steuern zu Unrecht erhoben wurden, wird der Bescheid aufgehoben und Sie erhalten eventuell geleistete Zahlungen zurück.

Ich rate Ihnen, sich im Einspruchsverfahren der Hilfe eines Fachmannes zu versichern. Das kostet zwar ein paar EUR, aber die sind im Zweifel meines Erachtens gut angelegt.
Schlusswort

Wer ich bin und warum ich das hier geschrieben habe

Mein Name ist Tim Eselgrimm, ich bin seit 2002 Steuerberater und Partner bei Eselgrimm und Partner, Steuerberater mbB in Schweinfurt. Außerdem bin ich begeisterter Segler und habe vor einigen Jahren begonnen mich mit der Thematik des Nachweises der Umsatzversteuerung bei Schiffen zu beschäftigen.

Nachdem ich kürzlich den Beiden vom Hafenkino.blog fachlich zur Seite stehen konnte, wurde ich gebeten einen Gastbeitrag für den Hafenkino.blog zu schreiben, was ich gerne tat.

Zugegeben, am Anfang, vor einigen Jahren, ging es mir wie vielen anderen. Mir fehlte an einigen Stellen auch das Fachwissen, bzw. sah ich nicht das ganze Bild. Da ich über eine gewisse Zeit jedoch so viel „Geschichten“ über die Thematik des Versteuerungsnachweis gelesen und gehört habe, war es irgendwann an der Zeit das Ganze mal richtig aufzurollen. Das hat mir die Möglichkeit verschafft im Lauf der letzten Jahren etlichen Schiffseignern und Bootskäufern zur Seite stehen zu können.

Ich hoffe, es ist mir gelungen Ihnen die, zugegeben etwas Trockene und teilweise recht komplexe, Materie nahe zu bringen und Sie in die Lage zu versetzen, selbst zu beurteilen, ob Sie ausreichende Dokumente bei den Schiffspapieren haben, bzw. sich diese gegebenenfalls zu besorgen.

Keine Panik! Alles halb so wild, vor allem wenn man gut vorbereitet ist

Abschließend möchte ich Sie noch etwas beruhigen.

Ja, es finden Kontrollen statt. Ja, mehr im Mittelmeerraum als an den Nordküsten, aber auch an diesen und auch in Deutschland finden Kontrollen statt, wenn auch bei weitem nicht so viele wie man annehmen möchte.

Aber! Bleiben Sie ruhig und gelassen.

Die Kontrollen konzentrieren sich in der Regel auf „dicke Fische“, bei denen es auch richtig was zu holen gibt (und die nebenbei bemerkt natürlich auch den größeren Anreiz bieten die Steuer zu „sparen“). D.h. neuwertige Schiffe über 45 Fuß sind eher das Ziel als die Dehler Duetta mit Baujahr 1986.

Wenn Sie kontrolliert werden, bleiben Sie freundlich, höflich und zuvorkommend. Der Zöller will ihnen nichts Böses und macht nur seine Arbeit.

Das meiste dessen, was Sie gerade hier gelesen haben, werden Sie bis zu einer Kontrolle vermutlich vergessen haben. Was Sie aber sicherlich bis dahin an Bord haben, sind entsprechende Nachweise der Versteuerung. Nach meiner Erfahrung ist eine Kontrolle in dem Moment bereits beendet, in dem Sie mit einem Päckchen Papier kommen, das wie vernünftige Nachweise aussieht.

Handbreit

Lassen Sie es sich auf See gut gehen und immer eine handbreit Wasser unterm Kiel

Ihr

Tim Eselgrimm

Eselgrimm und Partner,

Steuerberater mbBB

Am Friedhof

2697422 Schweinfurt

https://www.stb-eselgrimm.de

Passend dazu: Unsere Erfahrungen zu Mehrwertsteuer bei gebrauchten Sportbooten

Weiterführende Links und Verweise

Herr Eselgrimm hat auf seiner eigenen Seite auch dazu etwas verfasst, dort geht er noch etwas genauer auf das INF3 ein:

https://stb-eselgrimm.de/steuerkanzlei/leistungen/mehrwertsteuernachweis.php#inf3

Ausserdem gibt es ein Merkblatt vom Zoll zu Zollbestimmungen für Schiffsführer

https://www.zoll.de/SharedDocs/Downloads/DE/FormulareMerkblaetter/Zollrecht/mb_zollbestimmungen_schiffsfuehrer_wassersport.html

Das liest sich sehr gut. Vor allem der Absatz 3.2 auf Seite 7 behandelt das Thema, wann und warum eine Ware (= das Boot) den Status der EU-Ware verliert. Das passiert vereinfacht gesagt, wenn die Ware die EU verlässst. Wird die Ware wieder eingeführt nennt sich das „Rückware“. Die wieder Einführung dieser sogenannten „Rückware“ist nur unter bestimmten Bedingungen abgabenfrei:

Zudem kann die Rückwareneigenschaft von Unionswaren, die von einer im

Zollgebiet der Union ansässigen Privatperson erworbenen worden sind, grundsätzlich

mit einer Kopie des Kaufvertrages (Kaufpreis ohne ausgewiesene

Mehrwertsteuer) und dem dazugehörigen Zahlungsnachweis (Abbuchung des

Kaufbetrages vom Konto etc.) nachgewiesen werden. Die Vorlage eines Überweisungsträger

ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend. Entscheidend

ist der zwischen dem Käufer und Vorbesitzer geschlossene Kaufvertrag. Vorherige

Besitzverhältnisse und Nachweise, wie beispielsweise der Beleg für einen

festen Liegeplatz des Wassersportfahrzeugs innerhalb des Zollgebiets der

Union, spielen grundsätzlich keine Rolle, können aber als zusätzliches Indiz für

den Status als Unionsware dienen. Ob die vorgelegten Unterlagen tatsächlich

den Status als Unionsware belegen, entscheidet die zuständige Zollbehörde.

Zoll: Merkblatt über Zollbestimmungen für Schiffsführende von Wassersportfahrzeugen

Lesenswert!

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