2017 – unser erstes Jahr als Eigner
So, nun ist es fast vorbei, unser erstes Jahr als Eigner.
„Eigner“ das klingt so groß, so nach „mein Haus, mein Auto, mein Boot…“. Aber es ist ja nicht immer so, auch ein 27 Fuß Segelboot ist eine Yacht. Und die gehört jetzt uns. Und daher sind wir Eigner.
Wie es dazu kam und wie das ganze Jahr für uns war, habe ich mal zusammen gefasst. Das war garnicht so einfach, alle Ereignisse zusammenzubekommen. Ich habe jetzt nur die großen Dinge herausgepickt
Dezember 2016
Im Herbst 2016 erzählte mir Christoph von einer Anzeige auf Ebay Kleinanzeigen für eine Dehler Optima 830.
Er nahm Kontakt mit dem Eigner auf, ein älterer Herr, der aus gesundheitlichen Gründen das Segeln aufgeben musste. Dieser war sehr nett – und anscheinend mochte er uns. Aber es kam erst mal nicht zu einer Besichtigung. Im Dezember schauten wir uns mal wieder Boote an, unter anderem eine Seamaster 925, eines meiner Traumboote. Aber sie war mir zu groß, ich wollte etwas kleineres für den Anfang. Christoph war da zuerst anderer Meinung, bis wir auf Deck standen und er feststellte, was 9,25 Meter sind. Die Dehler hatte die richtige Größe, also vereinbarten wir den Besichtigungstermin. Als wir auf dem Boot waren – war uns beiden klar: das ist es. Tolles Raumangebot, gute Größe, offenbar das perfekte Angebot. Klar waren uns ein paar Dinge aufgefallen. Daher telefonierten wir, machten uns schlau und diskutierten viel und lange. Es gab Verhandlungen mit dem Voreigner und am 30.12. war die Vertragsunterschrift bei uns in der Küche – wir waren Eigner! Uns beiden war mulmig zumute: war das die richtige Entscheidung?
Januar 2017
Viele weitere Telefonate folgten: Anmeldung bei der Versicherung, Bewerbung für den Liegeplatz. Wir entschieden uns für Travemünde und gegen die Elbe. Durch unseren ehemaligen Segelverein kannten wir den LYC und wussten, wo wir ungefähr liegen wollten.
Bei unseren Überlegungen kommt uns die Idee, wir könnten unsere Erlebnisse und Erfahrungen eigentlich in einen Blog schreiben. Also gehen wir in Konzeption: Warum? Für wen? Wie? Ich mache mich mal gleich an die Arbeit und versuche, eine ansprechende Seite zu entwerfen und erstellen.
Aber welchen Namen soll das Kind bekommen? Hey, Hafenkino! Was passt besser zu uns?
Warum Hafenkino? Das erklären wir in dem Trailer auf der Startseite!
Februar 2017
Unser zweiter Besuch bei unserem Boot Sleipnir. Wir waren sehr aufgeregt: wird das Boot uns immer noch gefallen? Was erwartet uns, was haben wir übersehen? Nach der Fahrt nach Barth fanden wir uns auf dem Boot im Winterlager wieder : und konnten es immer noch kaum glauben… unser Boot!
Aber: das Unterwasserschiff machte uns Sorgen. Wir sprachen mit Herrn Brandt vom Barther Yachtservice und soweit klang es gut: Abschleifen und neu machen, sollte nicht so teuer werden. Keine Osmose. Puh.
Okay, er sollte das Boot zu sich holen, im Moment lag es noch ein paar Meter weiter in der Halle. Termin sollte so gegen Ostern sein. Alles gut soweit.
März 2017
Unterwasserschiff – das Thema der ersten Monate. Beim Abschleifen wurde schnell festgestellt, so geht das nicht. Okay. Es musste doch abgestrahlt werden, wodurch sich die Kosten erheblich erhöhten. Nützt ja nix…also Unterwasserschiff fast neu.
April 2017
Wir wollten Ostern überführen. Aber: Sleipnir war nicht fertig. Also umplanen und Ostern die Familie besuchen. Im Nachhinein auch okay – das Wetter war sowieso nicht passend. Dann endlich die Nachricht: das Unterwasserschiff ist fertig. Also Urlaub geplant zum letzten Aprilwochenende. Christoph ist schon mal vorgefahren, ich musste noch einen Tag arbeiten. Schon auf dem Weg mit dem Zug nach Barth der Anruf von Christoph: der Motor geht nicht. Angekommen erst mal Frühstück & Lagebesprechung. Der Anlasser war kaputt. Wir konnten am selben Tag noch eine Bootsmotorenwerkstatt finden und den Anlasser zur Reparatur bringen. Und wieder die Frage: war das die richtige Entscheidung mit dem Boot?
Mai 2017
…warten auf den Anlasser… Und wir fangen an, den Blog mit Leben zu füllen. Die ersten Geschichten werden geschrieben, die ersten Videos gedreht.
Dann die Nachricht: der Anlasser ist fertig! Wir fahren zu Sleipnir, um den Anlasser einzubauen und das Boot einzurichten. Jede Menge Geschirr und Schnick Schnack. Und es wird geputzt. Und…der Motor läuft! Was für ein schönes Geräusch! Wir takeln auf und machen unsere erste Runde auf dem Bodden. Sie fährt – und wir segeln! Wir können es kaum fassen.
Eine Woche später: Überführung!
Endlich ist es soweit. Mit weichen Knien machen wir uns auf den Weg. Christoph hat noch für die Gasanlage einen neuen Druckregler besorgt, schließlich wollen wir ja auch Kochen, vor allem ohne Kaffee geht nichts. Aber wie soll es auch anders sein – die Gasanlage lässt sich nicht instand setzen – also wird gekocht, was mit dem Campingkocher und Wasserkocher zu machen ist. Ist auch halb so wild – bei der ganzen Aufregung hatten wir die Einkäufe zuhause vergessen. Oh je…
Wir lassen uns davon nicht abhalten – Stefan, ein Freund aus unserem ehemaligen Segelverein begleitet uns und wir fangen langsam an, das Leben als ‚Eigner‘ zu genießen…
Juni 2017
Ist etwas besonderes passiert? Nein, wir lernen unser Boot kennen, wir richten uns ein, im Boot und am Liegeplatz. Es werden Sorgleinen gespannt, Ruckdämpfer eingebaut und die Hafenmanöver geübt.
Wir genießen das Leben an Bord, es ist für uns immer eine Auszeit von der Realität. Da die Gasanlage ja nicht mehr in Gang zu setzen war, haben wir einen schönen 2-flammigen Spirituskocher gekauft. Tolles Ding.
Und damit wir bequem kochen können, hat Christoph eine Ablage über dem alten Kocher gebaut. Sehr praktisch!
Juli 2017
In Hamburg ist G20 angesagt – und wir fliehen aus der Stadt. Unser erster Kurzurlaub mit Sleipnir, leider sehr überschattet durch die Ereignisse zuhause. Wir segeln nach Grömitz und Boltenhagen – und sind froh, unterwegs zu sein. Endlich fühlt es sich wie ein Zuhause an, es kommt das Gefühl, welches wir uns erhofft, gewünscht und geträumt haben!
Christoph hat Spaß beim Segeln mit mir – und hält das mal direkt in einem Video fest…
Es wird Zeit für eine neue Matratze, das alte Ding geht nicht mehr – durchgelegen und muffelig. Also mal wieder die Gehirnzellen angekurbelt. Wir sägen uns Dachlatten zurecht und schneiden aus einer alten Matratze, die wir noch übrig hatten, eine passende neue für das Boot zu. Der Bericht dazu kommt noch, das ist doch ein nettes Winterthema. Schlafen wie im siebten Himmel! Juhuuu!
August 2017
Wir fühlen uns immer heimischer an Bord, unsere Stegnachbarn sind schon wie echte Freunde. Wir verbringen nette Tage an Bord, auf dem Wasser, in Travemünde. Aber langsam wir uns auch klar, die Saison neigt sich dem Ende zu…
Sleipnir bekommt neue Batterien gegönnt. Und wir lernen beim Händler, daß wir diese auch gut pflegen – sprich, laden – müssen. Okay, wir machen das ab sofort besser. Außerdem wurde der Motor immer langsamer. Nach einiger Recherche gab es dafür nur eine Lösung: tauchen. Also ging Christoph erst mal ins Wasser und kratzte jede Menge Pocken und Muscheln vom Propeller. Und siehe da, der Motor lief wieder besser.
Christoph hat Urlaub. Leider muss ich genau in dieser Zeit viel Arbeiten – so müssen wir unsere großen Pläne etwas herunterschrauben. Eigentlich wollten wir in die Dänische Südsee, aber Grömitz ist ja auch nett. Ich versuche dennoch, soviel Zeit wie möglich an Bord zu verbringen. Und Christoph macht seine ersten Einhand – Erfahrungen. Ankern bis in die Nacht, alleine Hafenmanöver, Segel setzen und bergen (wir machen das alles noch am Mast und ohne Lazy Jacks). Das hat ihm ziemlich viel Spaß gemacht. Aber darüber wird er noch berichten!
September 2017
Einer meiner Lieblingsartikel wird endlich fertig! Ich habe Christoph ein Kochbuch zum Geburtstag geschenkt… ja, sowas machen wir! Und endlich kochen wir ein Gericht nach! Das hat echt viel Spaß gemacht – und es war eine Herausforderung, in Travemünde alle Zutaten zu bekommen.
Das Wetter wird schlechter, die Tage kürzer, es geht langsam in Richtung Saisonende… die Überführung muss geplant werden. Außerdem brauchen wir einen stählernen Bock für das Winterlager. Noch klappt der Verdrängungsmechanismus!
Bis… ja, bis die Wellenkupplung bricht. Und, weil das nicht reicht – platsch – und Christoph ist weg. Abgerutscht und ins Wasser gefallen. Dabei ging eine Smartwatch verloren und ein Iphone baden. Die sind nicht wasserdicht – schon garnicht bei Seewasser.
Uns wird langsam klar, was noch vor uns liegt. Zum Glück konnte uns ein Händler und Werkstattinhaber aus Travemünde helfen, er konnte die Kupplung besorgen und soweit zusammenfügen, dass wir die Überfahrt nach Hamburg machen können.
Oktober 2017
Überführung nach Hamburg! Wir entschieden uns für den langen Weg, über den NOK. Noch mal eine 4-tägige Tour über Fehmarn und Kiel zum Abschluss! Das war ziemlich spannend, aber für mich auch sehr traurig. Wir hatten viel Spaß mit Anni & Phillip. Vor allem der Dreh zum „Plopp“ Video war witzig! Und zum Schluß des Törns die rasante Fahrt über die Elbe bis in den City Sporthafen! 9,1 Knoten Fahrt! Okay, mit der Strömung…aber wow, was für ein Saisonende!
Jetzt müssen wir noch den Lagerbock bauen. Schwere Eisenteile wollen geschweißt werden. Ein Spielplatz für Männer – ich halte mich von solchen arbeiten fern! Da fliegen Funken und das ist nicht mein Metier!
November 2017
Der Termin für das Ausslippen steht. Tja, aber wie soll es auch anders sein – Hamburg fährt wieder einmal alles auf, was es zu bieten hat – und bringt eine Sturmflut vom feinsten. Wir müssen das Ausslippen verschieben, was nicht so einfach ist, da man nur zu Hochwasser ausslippen kann und andere Vereinsmitglieder nach uns auch noch Termine haben. Aber es klappt dann doch noch – bei schönstem Sonnenschein! Und Christoph darf zum Saisonabschluss noch bei 12 Grad Wassertemperatur in die Elbe – um die Patschen am Lagerbock zu richten. Seine Taufe hat er bestanden, haben die Segelkollegen gesagt. Das muss wohl jeder mal machen!
Sleipnir sitzt, ist eingewintert und jetzt beginnt die undankbare Zeit…
Dezember 2017
Was für ein Jahr!!! Ich kann gar nicht alles zusammen bringen, so vieles fehlt noch! Sleipnir wird jetzt im Winterlager eine neue Außenfarbe bekommen, der Motor wird gecheckt und die Wellenkupplung richtig gemacht. Die Genua wird beim Segelmacher überarbeitet. Lazy Jacks montiert, kleinere Reparaturen und Ausbesserungsarbeiten. Das alte Material leidet. Und wir waren gestern Abend bei 1°C mit der Fähren 62 auf der Elbe unterwegs, natürlich an Deck, um die Entzugserscheinungen zu mildern… Ein Video davon gibt es auf Facebook oder Instagram zu sehen
Wie hat sich das erste Jahr als Eigner angefühlt?
Es war ein Jahr voller ups and downs. Es fing an mit dem Kampf um die Entscheidung: Sleipnir ja oder nein? Uns war klar, dass es ein altes Boot ist – und wir nicht viel Erfahrung haben. Aber das Boot hatte so ziemlich alles, was wir uns vorgestellt hatten. Zumindest auf dem Papier. Und doch gab es Fragezeichen. Unser Wunsch und unser Optimismus siegte vor der Vernunft, zumindest im Nachhinein gesehen.
Nachdem Sleipnir endlich an seinem Liegeplatz war, konnte das Abenteuer beginnen. Auf jeden Fall haben wir die Saison ausgiebig genutzt. Fast jedes Wochenende verbrachten wir auf dem Boot. Und auch, wenn der Sommer im Norden maximal eine 4- war, die Wochenenden in Travemünde waren meist trocken und auch schön sonnig. Was wollten wir nicht alles besegeln… Dänische Südseee, mindestens aber mal nach Fehmarn oder Kühlungsborn und landeten doch meist wieder zuhause oder in Grömitz. Aber vermutlich ist das im ersten Jahr normal. Alles war aufregend, neu und schön!
Am schönsten finde ich, dass sich die Welt sofort verändert, sobald ich beim Boot bin. Sorgen relativieren sich, Ansprüche verändern sich. Es macht mich glücklich, auf dem Boot und auf dem Wasser zu sein, selbst wenn wir nicht raus und Segel setzen können.
Wenn aber etwas kaputt geht, bringt es mich schnell an meine Grenzen. Das Boot ist, was die Technik angeht, ein Terrain, das ich nicht kenne und nicht durchblicke. Ich bin sowohl handwerklich als auch technisch nicht unbegabt – aber Motor ist absolut nicht meins. Und vor Elektrik habe ich viel Respekt. Jetzt sind das aber die Dinge, die bei einem alten Boot am meisten Sorgen machen… nun gut, Christoph ist aber ein Bastler, da ergänzen wir uns zum Glück!
Inzwischen sehen wir Sleipnir als Übungsplatz an: auf Langfahrt ist es wichtig, dass man möglichst viele Dinge selbst machen und reparieren kann. Alles andere kostet viel Geld.
Was war besonders schön?
Besonders schön fand ich unsere erste Fahrt mit Sleipnir, die Überführung nach Travemünde. Der Motor lief, die alte Dame segelte. Wir waren am Anfang zu dritt, den letzten Abschnitt segelten wir alleine. Und endlich, nach dem ganzen hin und her mit dem Unterwasserschiff und dem Anlasser, kam das gute Gefühl, das Richtige getan zu haben! Wir sind Eigner!
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