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oder: wir scheitern uns ans Ziel

„Wir planen eine Weltreise. Start ist in 2 Jahren. Unsere Vorbereitungen zur Langfahrt: Wir kaufen für einen fast 6-stelligen Betrag das passende Boot und lassen es dann in der Werft für das gleiche Geld nach unseren Vorstellungen umbauen. Wir verkaufen das Haus und die Firma und kaufen eine kleine Wohnung. Diese vermieten wir dann, das sichert uns ein gutes Einkommen während der Reise…“

…nein, das sind nicht wir…

Wo starten wir mit den Vorbereitungen zur Langfahrt?

Wir haben weder ein Haus, noch eine Firma noch wollen wir erst in zwei Jahren los. Bei uns hat es sich spontan ergeben.
Wir träumen schon lange davon, auf das Wasser zu ziehen und am liebsten loszufahren. Erst lief uns 2020 das Boot zu. Wir schauten uns zwar nach Booten um, doch Corona gab uns keine Möglichkeit, zu reisen und es explodierten die Bootspreise. Und dann kam unser Stegnachbar aus dem Urlaub zurück: ich verkaufe mein Boot, es wird mir zu viel. Ich kaufe mir ein Motorboot.
Keine zwei Wochen später hatten wir plötzlich ein großes Boot. Dann änderten sich die „äußeren Umstände“. Veränderungen in Jobs, Corona-Krise…

Die Entscheidung fiel schnell, November 2020.

Mehr dazu kannst du im letzten Artikel nachlesen: 2021 – Die große Segelreise beginnt!

Wir entschieden uns, sofort loszulegen und schnellstmöglich loszufahren. Das heißt im Sommer 2021. Und das heißt: Wohnung kündigen, leer räumen, das Leben neu organisieren.
Der Startschuss für die Vorbereitungen zur Langfahrt.

Die Wohnung wird gekündigt

Der erste Meilenstein

Die Wohnung kündigen. Ganz ehrlich – so einfach ist das nicht. Ja, die Kündigung an sich schon, aber die Entscheidung. Die Kündigung ist der erste endgültige Schritt. Und deswegen haben wir auch immer wieder verschoben, bis wir eines morgens im Bett saßen und festgestellt haben – wir „prokrastinieren“. Also den Kalender geholt, Termine gecheckt und Entscheidungen getroffen: Kündigungstermin 31.05. Am nächsten Tag ging die Kündigung direkt zur Verwaltung, und zwar persönlich. Wir entfernen die Winterplane vom Boot und wollten hochmotiviert durchstarten. Doch wie so oft, das Wetter spielt einfach nicht mit. Schnee, kalt, Regen. Wir können sehr viel weniger machen, als geplant.

Der Umzug

Also wird es Zeit für den nächsten Meilenstein: den Umzug.
Wir beschließen, unseren Lebensmittelpunkt auf das Boot zu verlegen. Wir wollen Ariba zu unserem Zuhause machen, sie nach unseren Wünschen ein- und herrichten.

Und so starten wir die Projekte im Innenraum, da es draußen stürmt und schneit.
Auch wenn es furchtbar „Gender“ klingt und wir beide gendern nicht mögen: ich kümmere mich um die optischen Sachen, Christoph um die technischen. Das ist bei uns berufsbedingt, ich bin gelernte Dekorateurin und Christoph der Ingenieur. Wir versuchen den Spagat zwischen praktisch und schön zu machen. Schliesslich wohnen wir auf dem Boot.

Bei allen unseren Überlegungen versuchen wir, unseren Vorsatz einzuhalten:

KISS – keep it stupid simple.

Das hast du vielleicht schon in dem vorherigen Artikel gelesen.
Wir wollen das Boot nicht komplett zerlegen, bevor wir losfahren. Wir wollen die wichtigsten Sachen erledigt haben und dann unterwegs schauen, was wir wirklich brauchen. Dazu kommt, daß wir keine xx-Jahre Zeit und auch nicht das Geld haben, alles neu und alles in der Werft zu machen.
Dennoch achten wir bei unseren Vorbereitungen zur Langfahrt auf Sicherheit, Praktikabilität und den Wohlfühlfaktor.

Daher gab es erstmal Vorhänge aus unserem alten Vorhangstoff im Schlafzimmer. Überzüge für die Polster aus einem einfachen Bündchenstoff, nähfrei. Alles keine Dauerlösungen, es reicht aber für das erste.
Die Elektrik wird jedoch überarbeitet, es gibt LiFePo4 Batterien, Solar und eine vorschriftsmäßige Absicherung.

Da wir unter mit Termindruck am besten arbeiten, haben wir uns einen persönlichen Umzugstermin gesetzt: 08.05.2021. Ganz bewußt deutlich vor der Übergabe, weil Termine beim Boot meistens einfach nicht funktionieren. Du brauchst immer länger.

Die Wohnungsauflösung

Auf einem Boot zu wohnen ist nochmal etwas anderes, als einen Urlaub zu machen oder eine längere Reise. Du brauchst an der einen oder anderen Stelle doch nochmal andere Sachen oder auch mehr Dinge. Der Termin ist gut gesetzt, denn es ist tatsächlich sehr viel zu tun. Parallel müssen im Boot Dinge verstaut und in der Wohnung abgebaut werden.

Die Wohnungsauflösung verläuft besser, als erwartet, wir können viele Dinge verkaufen oder verschenken. Da hat uns Corona doch sehr geholfen, viele Möbel wurden uns abgekauft. Die Kleinanzeigen-Kunden haben sich teilweise die Klinke in die Hand gegeben. Das lag sicher auch an den guten Preisen. Wir wollten hier nicht reich werden, sondern recyceln. Vielleicht warst du ja auf Instagram dabei, wir haben den ganzen Prozess in der Story hautnah gezeigt. Falls nicht, es ist eine Highlight-Story, du kannst es immer noch anschauen. Anstrengend war es.

Und am 31.05. haben wir dann die allerletzten Sachen aus der Wohnung geholt, um diese direkt nach Süddeutschland zu Freunden und Familie zu fahren. Der Nachmieter hatte schon diverse Sachen verändert und gestrichen, es war schon nicht mehr unsere Wohnung. Ein seltsames Gefühl.

Ist das KISS oder kann das weg?

Immer wieder verfallen wir in Ideen und Vorstellungen, die bei näherer Betrachtung für die Abfahrt nicht wichtig sind. Dann stellen wir und die Frage.

Dazu gehörte zum Beispiel die Heizung. Es war lange kalt, es gab sogar noch mal Schnee. Unsere Heizungsschläuche in der V-Koje wurden von einem der Voreigner abgebaut. Zuerst wollten wir die Heizschläuche wieder verlegen. Dann haben wir aber überlegt, wo wir eigentlich hin wollen: ins Warme. Also wurde beschlossen, damit zu warten, bis wir die Heizung brauchen. Dann können wir sie immer noch verlegen.
Wer die Videos kennt, die Heizung hat inzwischen auch den Geist aufgegeben. Wir werden diese ersetzen, aber nicht sofort. Die Abreise hat Prio.

Und so geht es mit einigen Dingen auf unserer Liste. Wer jetzt aber denkt, die Liste wird dadurch kürzer, der irrt. Ein Punkt abgestrichen, kommt ein neuer dazu.

Wie ist der Stand unserer Vorbereitungen zur Langfahrt jetzt?

(seit der Rückkehr von der Verteiler-Tour am 04.06.)

Heute ist der 08.07.2021. Wir sitzen gerade in Süddeutschland bei Freunden am Tisch, Christoph arbeitet und ich schreibe endlich diesen Text fertig. Wir machen die Abschiedstour bei der Familie, wir brauchten dringend eine Auszeit. Nicht von der Enge, sondern von der Arbeit. Die letzten Wochen haben wir so richtig reingehauen, um unseren Abfahrttermin zu schaffen. Die Vorbereitungen zur Langfahrt sind ein gutes Stück weiter.

LiFePo und Elektrik

Die Technik hat sich richtig quer gestellt, wir mussten hier sehr viele Dinge wieder und wieder angehen. Die LiFePo Batterien haben sich schwieriger gezeigt, als erwartet. Wir hatten leider auch Pech mit dem ersten Hersteller, hier ging richtig viel Zeit drauf in Fehlerfindung und Problemlösung. Bis wir uns dann entschieden haben, das gesamte System zu wechseln und einen anderen Hersteller zu nehmen. Die Stromversorgung muss einfach funktionieren. Natürlich ist das nicht nur Zeit – das ist auch sehr viel Geld, das hier verbrannt wurde.

Letztendlich haben wir die Verkabelung outgesourced, aus Zeitgründen.

Solarpaneele

Die Solarpaneele wurden angebracht, dafür ließen wir uns Bügel anfertigen. Wir entschieden uns gegen einen Geräteträger, dieser passt irgendwie nicht so richtig auf das Boot. Leider wurden uns für die Paneele die falschen Halterungen geliefert. Das wussten wir nicht und bei der Installation gingen diese direkt in die Knie und verbogen sich. Also auch hier noch nicht fertig, wir warten immer noch auf eine Ersatzlieferung.

V-Koje

Die Verkleidung des Himmels in der V-Koje löste sich wieder, hier musste eine neue Lösung her (das war ein Fehler von uns, nicht vom Hersteller) auch hier arbeiteten wir nach. Aber: wir haben endlich wieder eine gute Matratze. Wir haben unsere relativ neue Matratze aus der Wohnung umarbeiten lassen und mit einem speziellen „Stoff“ beziehenlassen, der die Luft zirkulieren lässt. Jetzt ist es viel besser und nicht mehr so viel Kondenswasser!

Sonstige Technik

Nach der Verkabelung der Elektrik funktionierte das Bugstrahlruder nicht mehr. Ganz schlecht! Hier half uns ein Bekannter, ein Elektrik-Freak. Danke Claas!!! Es geht wieder!

Der Generator musste eingebaut werden, es war vorher ein kleinerer installiert, der uns nicht gereicht hätte. Leider hat der neue zuerst die Batterien nicht geladen, was nicht gut ist. Auch hier hat uns Claas sehr geholfen.

Ach ja, die Windsteueranlage hängt jetzt auch dran und die Installation ist auch von Herrn Förthmann abgenommen. Leider musste dafür die Badeleiter versetzt werden, das war nicht geplant. Auch das ist noch nicht fertig. Danke Sebastian für deine tolle Unterstützung hierbei!!!

Der Anker musste angebracht werden, das alte System passte nicht zu dem neuen Manta, 25kg. Auch das ließen wir machen.

Holzarbeiten, divers

Wir mussten die Decksfuge GFK zu Teak neu verfugen, die war löchrig und brüchig und auch schon mit diversen unterschiedlichen Materialien geflickt. Das war eine sehr sehr doofe Arbeit, wir haben damit auch keinerlei Erfahrung. Ob das gut aussieht? Geht so, Ob es hält? Keine Ahnung. Wir werden sehen, das Teak ist sowieso im „Winterlager“ dran. Hier ein dickes DANKE an Rudi, der uns drei Tage lang ganz kräftig geholfen hat.
Es gibt jetzt auch tolle Schlingerleisten und die zusätzliche Kühlbox ist in der Kabine fixiert.

Was fehlt jetzt noch bei den Vorbereitungen zur Langfahrt?

Die Liste der Vorbereitungen zur Langfahrt ist lang, aber das sind die wichtigsten Sachen:

Das Funkgerät muss noch getauscht werden. Wir haben uns dafür entschieden, unser „altes“ Funkgerät unter Deck einzubauen. Das hatten wir recht neu für die Dehler gekauft und bei dem Verkauf mitgenommen, da dieses über passives AIS verfügt. Wir haben noch ein extra aktives AIS, das wird wohl aber erst später eingebaut. Die Zeit wird dafür nicht reichen.

Wir haben eine undichte Stelle in der Achterkabine. Da müssen wir ran, da unsere Mitfahrer dort schlafen werden. Das geht natürlich nicht.

Die Badeleiter braucht noch eine Lösung, hier muss wohl auch etwas geschweißt werden.

Es gibt noch ein paar Sachen zum Verstauen aus dem Lager. Segel zum Beispiel, diese müssen noch untergebracht werden (eine Fock, der Spi). Wir müssen das ganze Raumkonzept noch optimieren, im Moment ist es noch ziemlich planlos, das geht auf jeden Fall besser!

Auch fehlt noch sicherheitsrelevantes Equipment wie die Epirb oder der JonBuoy. Corona und der Suez Kanal machen sich auch für uns bemerkbar. Grundsätzlich wollten wir ein Sicherheits-Seminar machen, das Komplettprogramm mit Einsteigen in die Rettungsinsel und Medizin-Basics. Coronabedingt musste das leider ausfallen, aber wir hatten ein tolles Online-Seminar und auch eine super telefonische Beratung hinterher durch Sailpartner. Danke Britta für deine Geduld – und das ist unbezahlte Werbung, da wir sehr zufrieden waren!

Und wir müssten auch mal Probesegeln und Systeme testen, das ist noch nicht passiert dieses Jahr. Es sind so viele Vorbereitungen zur Langfahrt, nicht ohne Grund nehmen sich viele zwei Jahre Zeit dafür.

Unsere Abfahrt ist der 24.07.2021.
Mal sehen, ob das klappt.